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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Anklage gegen ihn erheben. Außerdem wollte er unbedingt mit dir reden. Hat sich geweigert, mit mir zu sprechen – will nur mit dir reden. Als wärt ihr dick befreundet. Er hat nicht verlangt, aus der Haft entlassen zu werden, er hat weder einen Rechtsbeistand verlangt noch Unterstützung seitens seiner Botschaft. Wir haben ihm gesagt, dass er Verbindung zu seiner Botschaft aufnehmen kann, aber er hat nur den Kopf geschüttelt.«
    »Hast du irgendwas über ihn in England ausfindig machen können?«, fragte Erlendur und schaute zu Wapshott hinüber, der hinter Sigurður Óli stand und den Kopf hängen ließ.
    »Damit befasse ich mich, wenn du ihn übernommen hast«, sagte Sigurður Óli, der bislang offenbar noch nichts in der Richtung unternommen hatte. »Ich gebe dir Bescheid, wenn etwas über ihn vorliegt.«
    Sigurður Óli verabschiedete sich von Wapshott und blieb kurz bei den zwei Kriminalbeamten stehen, bevor er verschwand. Erlendur forderte den Engländer auf, sich zu setzen. Wapshott nahm Platz und ließ den Kopf hängen.
    »Ich habe ihn nicht umgebracht«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich hätte ihn nie umbringen können. Ich habe noch nie irgendwas umbringen können, nicht mal eine Fliege. Geschweige denn diesen wunderbaren Chorknaben.«
    Erlendur blickte ihn an.
    »Sie sprechen von Guðlaugur?«
    »Ja«, sagte Wapshott. »Selbstverständlich.«
    »Er hatte ja nun wirklich kaum noch etwas mit einem Chorknaben zu tun«, sagte Erlendur. »Guðlaugur ging auf die fünfzig zu und spielte auf Weihnachtsfeiern den Weihnachtsmann.«
    »Sie verstehen das nicht«, sagte Wapshott.
    »Nein«, sagte Erlendur. »Vielleicht können Sie es mir ja erklären.«
    »Ich war gar nicht im Hotel, als er überfallen wurde«, sagte Wapshott.
    »Und wo waren Sie?«
    »Ich war auf der Suche nach Platten.« Wapshott blickte hoch, und sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Ich habe mir das angeschaut, was ihr wegwerft. Auf dem Gebrauchtwarenmarkt. Ich habe mir angeschaut, was da aus diesen Containern bei der Recycling-Firma kommt. Mir war gesagt worden, dass dort wieder ein Nachlass eingetroffen war, darunter auch Schallplatten, die weggeworfen werden sollten.«
    »Von wem?«
    »Von wem?«
    »Von wem haben Sie von diesem Nachlass erfahren?«
    »Von den Angestellten. Ich bezahle ihnen eine Kleinigkeit dafür, wenn sie mir einen Tipp geben. Sie haben meine Visitenkarte. Das hatte ich Ihnen doch gesagt. Man geht in die einschlägigen Läden, trifft andere Sammler und durchforstet dann den Markt. Im Kolaport, heißt das nicht so? Ich mache das, was alle Sammler tun, ich versuche etwas zu finden, was sich zu besitzen lohnt.«
    »Waren Sie mit irgendjemandem zusammen in der Zeit, als Guðlaugur überfallen wurde? Jemand, mit dem wir sprechen können?«
    »Nein«, sagte Wapshott.
    »Aber die werden sich an diesen Stellen wohl an Sie erinnern.«
    »Bestimmt.«
    »Und haben Sie etwas Lohnenswertes gefunden? Chorknaben?«
    »Nichts. Auf dieser Reise habe ich nichts gefunden.«
    »Warum sind Sie geflüchtet?«, fragte Erlendur.
    »Ich wollte nach Hause.«
    »Und haben Ihr ganzes Gepäck zurückgelassen?«
    »Ja.«
    »Außer einigen Platten mit Guðlaugur.«
    »Ja.«
    »Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie früher schon mal in Island waren?«
    »Ich weiß es nicht. Ich wollte kein unnötiges Aufsehen erregen. Mit dem Mord habe ich nichts zu tun.«
    »Es ist ziemlich einfach, das Gegenteil zu beweisen. Als Sie mir diese Lügen auftischten, müssen Sie doch gewusst haben, dass ich früher oder später herausfinden würde, dass Sie schon öfter hier im Hotel gewesen sind.«
    »Mit dem Mord habe ich nichts zu tun.«
    »Aber jetzt haben Sie mich überzeugt, dass Sie etwas damit zu tun haben. Mehr Aufmerksamkeit hätten Sie gar nicht auf sich lenken können.«
    »Ich habe ihn nicht umgebracht.«
    »Wie war Ihre Beziehung zu Guðlaugur?«
    »Das habe ich Ihnen erzählt, und das war die Wahrheit. Ich bekam Interesse an seiner Stimme und an den Platten mit ihm, und als ich erfuhr, dass er noch am Leben war, habe ich mich mit ihm in Verbindung gesetzt.«
    »Warum haben Sie gelogen? Sie sind bereits früher nach Island gekommen, Sie haben mehrmals in diesem Hotel übernachtet, und Sie haben ganz bestimmt Guðlaugur schon die ganze Zeit gekannt.«
    Wapshott überlegte einen Augenblick.
    »Das hat überhaupt nichts mit mir zu tun. Der Mord, meine ich. Als ich davon erfuhr, befürchtete ich, dass ihr herausfinden würdet, dass ich ihn kannte.

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