Engelsstimme
operieren lassen.«
Erlendur vermied es, auf den neuen Busen zu starren.
»Woher kennst du Eva Lind?«
»Sie hat gewusst, dass du danach fragen würdest, und sie hat mir gesagt, ich soll dir sagen, dass du es lieber nicht wissen willst. Das stimmt. Verlass dich drauf. Sie hat mir auch gesagt, du würdest mir in einer kleinen Angelegenheit helfen, und ich könnte dir ebenfalls mit was behilflich sein, alles klar?«
»Nein«, sagte Erlendur. »Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«
»Eva hat gesagt, du würdest das schon hinkriegen.«
»Eva lügt. Worüber redest du eigentlich? Was meinst du mit einer kleinen Angelegenheit?«
Stína stöhnte.
»Ein Freund von mir wurde in Keflavík mit Cannabis erwischt. Nicht viel, aber genug, dass sie ihn für drei Jahre in Litla-Hraun einbuchten können. Wenn man sieht, was für Urteile diese Saftärsche fällen, könnte man meinen, es ginge um Mord. Ein bisschen Hasch, und ein paar Pillen, Mensch. Er sagt, dass er drei Jahre kriegt. Drei Jahre! Kinderschänder kriegen ein paar Monate auf Bewährung. Vankers.«
Das Letzte verstand Erlendur nicht und erst recht nicht, wie er ihr helfen konnte. Sie war offenbar wie ein kleines Kind, das sich keine Vorstellung davon macht, wie groß und schwierig und kompliziert die Welt ist.
»Wurde er am Flughafen geschnappt?«
»Ja.«
»Ich kann da nichts machen«, sagte Erlendur. »Und ich habe auch gar keine Lust dazu. Du befindest dich da in keiner guten Gesellschaft. Drogenschmuggel und Prostitution. Wie wär’s mit normaler Büroarbeit?«
»Kannst du nicht wenigstens versuchen, mit irgendjemandem zu sprechen«, sagte Stína. »Das darf doch nicht wahr sein, dass er drei Jahre kriegt!«
»Jetzt erst mal zur Sache«, sagte Erlendur und nickte. »Du gehst also auf den Strich?«
»Strich und nicht Strich«, sagte Stína und zog eine Zigarette aus der kleinen schwarzen Handtasche, die sie über die Schulter geschwungen hatte. »Ich tanze im Conte Rosso.« Sie beugte sich vor und flüsterte Erlendur zu, als wäre es ein kleines Geheimnis zwischen ihnen: »Aber das andere bringt mehr Kohle.«
»Und du hast hier Kunden im Hotel gehabt?«
»Jede Menge, jede Größe«, erklärte Stína.
»Hast du dann hier im Hotel gearbeitet?«
»Ich habe nie hier gearbeitet.«
»Ich meine, ob du dir deine Kunden hier geangelt hast, oder bist du mit denen hierher gekommen?«
»So wie’s sich gerade ergeben hat. Ich durfte mich auch durchgängig hier aufhalten, bis Schwabbel mich rausgesetzt hat.«
»Warum?«
Stína juckte es wieder unter dem Busen, und sie kratzte sich vorsichtig. Sie zog eine Grimasse und versuchte, Erlendur anzulächeln, aber es ging ihr offensichtlich nicht besonders.
»Ein Mädchen, das ich kenne, hat auch so eine Operation mitgemacht, aber da ist was schief gelaufen«, sagte sie. »Die hat jetzt Titten wie leere Plastiktüten.«
»Musst du wirklich so einen Atombusen haben?« Erlendur konnte es sich nicht verkneifen, zu fragen.
»Findest du das nicht schön?«, fragte sie und schob den Busen vor, wobei sich aber wieder ihr Gesicht verzog. »Diese Fäden machen mich wahnsinnig.«
»Na ja, groß ist er schon…«, sagte Erlendur.
»Und ganz neu«, sagte Stína stolz.
Erlendur sah, dass der Hotelmanager im Gefolge des Empfangschefs in die Bar kam und auf sie zumarschierte. Er schaute einmal in die Runde, und als er sah, dass außer ihnen niemand in der Bar war, schnaubte er schon aus einigen Metern Entfernung in Richtung Stína:
»Raus! Raus mit dir, Mädchen! Auf der Stelle! Mach dich vom Acker.«
Stína drehte sich um, sah den Hotelmanager und blickte wieder zu Erlendur hinüber und verdrehte die Augen.
»Kraist.«
»Hier im Hotel haben Nutten wie du nichts zu suchen!«, schrie der Hoteldirektor.
Er packte sie, als würde er sie hinauswerfen wollen.
»Lass mich bloß in Ruhe«, sagte Stína und stand auf. »Ich unterhalte mich mit diesem Mann hier.«
»Pass auf deinen Busen auf!«, rief Erlendur, dem nichts Besseres einfiel. Der Hotelmanager schaute ihn entgeistert an. »Der ist neu«, sagte Erlendur wie zur Erklärung.
Er trat zwischen sie und versuchte, den Hotelmanager zurückzudrängen, was ihm aber nicht gelang. Stína verschränkte die Arme schützend vor dem Busen. Der Empfangschef hatte sich bisher im Hintergrund gehalten, kam aber nun Erlendur zu Hilfe, und gemeinsam gelang es ihnen, den stinkwütenden Manager von Stína wegzuschieben.
»Alles, was … sie … über mich … sagt, ist … eine
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