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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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seiner Sache nicht ganz sicher. Die nächsten Fragen verunsicherten ihn noch mehr.
    »Verwendest du Kautabak?«, fragte Erlendur.
    »Nein«, sagte er. »Kautabak? Was …?«
    »Hat man eine Speichelprobe von dir genommen?«
    »Was?«
    »Verwendest du Kondome?«
    »Kondome?« Denni stand völlig auf dem Schlauch.
    »Hast du keine Freundin?«
    »Freundin?«
    »Bei der du aufpassen musst, dass du ihr kein Kind machst?«
    Denni schwieg.
    »Ich habe keine Freundin«, sagte er dann, und Erlendur hatte das Gefühl, dass er das bedauerte. »Warum fragst du mich nach all diesen Dingen?«
    »Mach dir keine Gedanken deswegen«, sagte Erlendur. »Du hast Guðlaugur gekannt. Was für ein Mensch war er?«
    Denni erzählte Erlendur, dass Guðlaugur sich im Hotel wohl gefühlt hatte und seinen Job nicht verlieren wollte und dass er sich davor fürchtete, weggehen zu müssen, nachdem er nun die Kündigung erhalten hatte. Er nutzte alle so genannten Dienstleistungsangebote aus, die das Hotel ihm bot, und er war der einzige Angestellte, der jahrelang damit durchgekommen war. Er aß im Hotel, was ihn fast nichts kostete, er ließ seine Sachen mit der Wäsche vom Hotel waschen, und dafür, dass er in der Kammer wohnte, bezahlte er keine einzige Krone. Die Kündigung war ein Schock für ihn gewesen, aber er hatte erklärt, dass er auch so durchkommen würde; vielleicht bräuchte er überhaupt nicht mehr zu arbeiten.«
    »Was hat er wohl damit gemeint?«
    Denni zuckte mit den Achseln.
    »Ich weiß es nicht. Er tat manchmal ziemlich komisch und geheimnisvoll und gab das eine oder andere von sich, was niemand kapierte.«
    »Wie zum Beispiel was?«
    »Ich weiß nicht, irgendwas über Musik. Wenn er was getrunken hatte. Aber meistens war er ganz normal.«
    »Hat er viel getrunken?«
    »Nein, überhaupt nicht. Manchmal an Wochenenden. Arbeitsausfälle gab es bei ihm nicht. Nie. Er war stolz auf seine Arbeit, auch wenn es vielleicht nichts Spannendes war, Portier und so was.«
    »Was hat er zu dir über Musik gesagt?«
    »Er liebte schöne Musik. Ich kann mich nicht genau erinnern, was er gesagt hat.«
    »Was glaubst du, warum er gesagt hat, er würde nicht mehr arbeiten müssen?«
    »Er schien irgendwie Geld zu haben. Er hat ja auch nie für was bezahlen müssen und konnte immerzu sparen. Ich glaube, er hat das ernst gemeint. Dass er genug zusammengespart hatte.«
    Erlendur erinnerte sich, dass er Sigurður Óli gebeten hatte, die Konten von Guðlaugur abzuchecken, und nahm sich vor, da nachzuhaken. Nachdem er den ziemlich verwirrten Denni, dem Kautabak, Kondome und Freundinnen durch den Kopf schwirrten, in der Küche zurückgelassen hatte, ging er ins Foyer; an der Rezeption stritt sich gerade eine junge Frau lautstark mit dem Empfangschef herum, weil der sie allem Anschein nach vor die Tür setzen wollte. Sie wollte sich das offensichtlich nicht gefallen lassen. Erlendur überlegte kurz, ob das die Frau war, die für die amouröse Nacht mit dem Empfangschef abzukassieren gedachte, und wollte weiter. Aber in diesem Augenblick bemerkte ihn die junge Frau und starrte ihn an.
    »Bist du der Bulle?«, rief sie.
    »Mach, dass du hier rauskommst!«, kommandierte der Empfangschef in ungewöhnlich rüdem Ton.
    »Eva Lind hat mir genau gesagt, wie du aussiehst«, sagte sie und schaute Erlendur von oben bis unten an. »Ich heiße Stína. Sie hat gesagt, ich soll mit dir reden.«

    Sie setzten sich in die Bar. Erlendur bezahlte den Kaffee für sie. Er versuchte, den Busen zu ignorieren, aber das war leichter gesagt als getan. Noch nie in seinem Leben hatte er solche enormen Brüste an einem so schlanken und zart gebauten Körper gesehen. Sie trug einen bodenlangen beigefarbenen Mantel mit Pelzkragen. Als sie den Mantel auf einen Stuhl am Tisch legte, kam ein roter, hautenger Pullover zum Vorschein, der gerade bis zum Bauch reichte, und eine schwarze Hose mit Schlag, die kaum die Poritze verdeckte. Sie war stark geschminkt und hatte den dunkelroten Lippenstift dick aufgetragen. Wenn sie lächelte, kamen schöne weiße Zähne zum Vorschein.
    »Dreihunderttausend«, sagte sie und massierte sich vorsichtig unter der rechten Brust, als würde es sie dort jucken. »Du hast doch bestimmt überlegt, was meine neuen Titten gekostet haben.«
    »Stimmt was nicht?«
    »Das sind die Fäden«, sagte sie und verzog das Gesicht. »Ich darf nicht zu viel kratzen. Ich muss aufpassen.«
    »Was …?«
    »Neues Silikon«, unterbrach Stína ihn. »Ich hab mich vor drei Tagen

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