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Engelsstimme

Engelsstimme

Titel: Engelsstimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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will uns hier nicht haben. Er ist dagegen, dass hier so ein Service angeboten wird, aber die anderen beiden haben das Sagen. Der Empfangschef wollte Rósant schassen, aber Schwabbel verdient zu viel an ihm.«
    »Sag mir noch eins. Nimmst du Kautabak? So in kleinen Tütchen wie Teebeutel. Die Leute schieben sich so was unter die Lippe oder unter den Gaumen.«
    »Igittigitt, nein«, sagte Stína. »Du tickst wohl nicht frisch? Ich pass unheimlich auf meine Zähne auf.«
    »Kennst du irgendjemanden, der so was nimmt?«
    »Nein.«
    Sie schwiegen eine Weile, aber dann konnte Erlendur es sich nicht mehr verkneifen, ihr moralisch zu kommen. Er dachte an Eva Lind. Wie sie in die Drogenszene abgerutscht und bestimmt auch auf den Strich gegangen war, um an Stoff heranzukommen; auch wenn das wahrscheinlich nicht in einem der besseren Hotels in der Stadt geschehen war. Er dachte daran, was für eine beschissene Situation das war, wenn Frauen gezwungen waren, für jeden beliebigen Kerl käuflich zu sein, wo auch immer, wann auch immer.
    »Warum machst du das?«, fragte er und versuchte, keinerlei Vorwurf in der Stimme mitklingen zu lassen. »Lässt dir den Busen mit Silikon ausstopfen? Machst die Beine breit für irgendwelche Konferenzgäste? Warum?«
    »Eva Lind hat mir auch gesagt, dass du danach fragen würdest. Versuch nicht, das zu kapieren«, sagte Stína und trat die Zigarette auf dem Boden aus. »Vergiss es.«
    Sie warf einen Blick zur Tür hinaus ins Foyer. In diesem Augenblick ging Ösp vorbei.
    »Arbeitet Ösp etwa immer noch hier?«, fragte sie.
    »Ösp? Kennst du sie?« Erlendurs Handy begann zu klingeln.
    »Ich dachte, sie hätte aufgehört. Ich hab mich manchmal mit ihr unterhalten, als ich hier noch was zu tun hatte.«
    »Woher kennst du sie?«
    »Einfach so, wir waren zusammen …«
    »Sie ist doch nicht mit dir auf den Strich gegangen?« Erlendur hatte das Telefon gefunden und wollte antworten.
    »Nein«, sagte Stína. »Sie ist nicht wie ihr kleiner Bruder.« »Bruder? Hat sie einen Bruder?«
    »Als Nutte bin ich harmlos gegen den.«

Dreiundzwanzig
    Erlendur starrte Stína an, während er zu verstehen versuchte, was sie über den jüngeren Bruder von Ösp gesagt hatte. Stína stand vor ihm und schien unschlüssig zu sein.
    »Was ist los?«, fragte sie. »Stimmt was nicht? Willst du nicht ans Telefon gehen?«
    »Warum hast du geglaubt, dass Ösp aufgehört hat?«
    »Einfach so. Ist doch ein Scheißjob.«
    Erlendur nahm geistesabwesend das Gespräch entgegen. »Mensch, das dauert bei dir!« Elínborg war am Telefon.
    Sie und Sigurður Óli waren nach Hafnarfjörður gefahren, um die Schwester von Guðlaugur zur Vernehmung ins Polizeidezernat in Reykjavík zu bringen, aber die hatte sich rundheraus geweigert mitzukommen. Sie hatte um eine Begründung gebeten, aber nicht bekommen. Schließlich hatte sie erklärt, dass sie den gelähmten Vater nicht allein lassen konnte. Ihr war angeboten worden, jemanden abzustellen, der sich um ihn kümmern und im Haus sein würde, und ihr gesagt, dass sie einen Rechtsbeistand dabeihaben könnte, aber es hatte den Anschein, als wäre sie sich nicht über den Ernst der Lage im Klaren. Sie konnte sich nicht vorstellen, aufs Polizeirevier gebracht zu werden. Elínborg schlug einen Kompromiss vor, obwohl Sigurður Óli völlig dagegen war, nämlich mit ihr zu Erlendur ins Hotel zu fahren und nach diesem Gespräch mit Erlendur zu entscheiden, wie es weitergehen sollte. Sie bat sich etwas Bedenkzeit aus. Sigurður Óli war kurz davor, die Geduld zu verlieren und sie mit Gewalt abzuführen, als sie sich endlich einverstanden erklärte. Sie telefonierte mit einer Nachbarin, die sofort kam, offensichtlich daran gewöhnt, einzuspringen. Aber dann wurde sie wieder störrisch, was Sigurður Óli erneut in Rage brachte.
    »Er ist mit ihr auf dem Weg zu dir«, sagte Elínborg. »Er hätte sie viel lieber eingebuchtet. Sie hat andauernd gefragt, warum wir mit ihr reden wollten, und hat uns nicht geglaubt, als wir sagten, dass wir das nicht wüssten. Weswegen willst du eigentlich mit ihr reden?«
    »Sie ist ein paar Tage bevor ihr Bruder ermordet wurde, ins Hotel gekommen, aber uns hat sie weismachen wollen, dass sie ihren Bruder jahrzehntelang nicht gesehen hat. Ich möchte wissen, warum sie uns darüber nichts gesagt hat, warum sie gelogen hat. Ich möchte ihr Gesicht dabei beobachten.«
    »Sie wird wahrscheinlich ziemlich sauer sein«, sagte Elínborg. »Sigurður Óli war nicht besonders

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