Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
»Campbell?«
»Wir haben die Region in Quadranten unterteilt und suchen sie nach Schiffen ab«, sagte Campbell. »Bisher haben wir aber keinerlei Anzeichen dafür gefunden, dass es überhaupt etwas da draußen gibt – ganz zu schweigen von einem organisierten Kampfverband.«
»Aber Sie müssen doch selbst zugeben, dass der grelle Schein von Angelmass möglicherweise als Tarnung dient«, erwiderte Telt horst. »Ich bleibe dabei, dass es aus ihrer Sicht keinen Sinn ergeben würde, wenn sie nicht wenigstens ein paar einsatzbereite Schiffe da draußen hätten.«
»Zeigen Sie es mir«, befahl Lleshi, ging zu seiner Station hinüber und setzte sich. Er schwenkte den Stuhl in dem Moment zum Hauptbildschirm hinüber, als Campbell die Teleskopdarstellung von Angelmass aufrief.
Es war bis ins kleinste Detail so ehrfurchtgebietend, wie er es erwartet hatte. Er hatte auf seinen Reisen zwar schon einmal ein schwarzes Loch gesehen; ein viel größeres, viel ruhigeres, das wie eine unsichtbare Spinne in einem unsichtbaren Netz still im Weltraum gehangen und sich damit begnügt hatte, auf einer spiralförmigen Bahn Materie in die Dunkelheit zu saugen, die hinter dem Schleier des Ereignishorizonts dräute.
Angelmass war das genaue Gegenteil. Es war zwar nur ein winziger Stecknadelkopf in der Struktur des Weltraums, aber es spie Licht und Strahlung und Teilchen mit der Wucht und Kraft eines kleinen Sterns. Die Strahlung vertrieb jede Brise des Sonnenwinds, die allzu nahe kam, und vernichtete oder ionisierte alle Materie im weiteren Umkreis. Weil die Sonnenfilter das hellste Licht des Zentralkerns ausblendeten, war der optische Effekt der eines großen »blinden Flecks« im Weltraum, der von einem breiten Band aus trübem Licht umgeben wurde. Wie die Ringe von Saturn und Demolian vielleicht.
Oder wie ein Halo. Ein Halo – ein Heiligenschein um Angelmass.
Lleshi zwang sich, die poetischen Analogien zu verdrängen und sich wieder der harten, kalten Realität des Krieges zu stellen. Campbell hatte Recht: Es gab keine Anzeichen von Schiffen da draußen.
Und Telthorst hatte leider auch Recht. Der gleißende Halo aus ionisierten Gasen war wirklich groß genug, um ein Raumschiff von der Größe eines Jägers zu verbergen.
Zum Glück hatte er auch schon eine Lösung parat. »Haben Sie die Daten der Umlaufbahn für das Seraph-Katapult?«, fragte er.
»Wir haben die grundlegenden Daten«, erwiderte Campbell. »Es handelt sich um eine äquatoriale Umlaufbahn mit einer Höhe von ein paar Hundert Kilometern. Wir können sie noch genauer bestimmen, sobald wir näher herankommen.«
»Tun Sie das«, befahl Lleshi. »Bei der Ankunft werden wir in eine Umlaufbahn direkt hinter das Katapult gehen und so weit hinter ihm bleiben, dass wir gerade noch Sichtkontakt zu ihm halten können. Wäre das in Ihrem Sinne, Adjutor?«, fügte er hinzu und schwenkte mit seinem Stuhl zu Telthorst herum.
»Ich glaube schon«, sagte Telthorst. »Zumindest fürs Erste.«
Lleshi warf einen Blick zu Campbell hinüber und sah, dass der andere missmutig die Lippen zusammengekniffen hatte. Campbell wusste es auch: Telthorst wäre niemals zufrieden. Mit nichts.
»SeTO, rufen Sie wieder die taktische Anzeige auf«, sagte er und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. »Gehen wir rein.«
Es war fast halb neun, und das Licht der Sterne drang trübe durch das Lichtermeer von Magasca, als Chandris das Regierungsgebäude erreichte.
Sie ging die fünfzehn breiten Marmorstufen hinauf, die zum Haupteingang führten. Die Bewältigung der einzelnen Stufe war ein Akt für sich. Es war nun schon über zwei Stunden her, seit Kosta aus dem Krankenhaus verschwunden war, und ein langes und mühsames Ausschlussverfahren hatte sie schließlich hierhergeführt. Wenn er auch nicht hier war, dann wüsste sie wirklich nicht mehr weiter.
Aber sie hatte so ein Gefühl, dass er hier war. Ein sehr ungutes Gefühl. Kosta – edel, idealistisch und blöd, wie er war –, hatte immer davon gesprochen, sich selbst zu stellen. Und nun, wo er noch immer mit seinem eigenen Blut von Trillings Angriff verkrustet war, hatte er diesen Vorsatz anscheinend in die Tat umgesetzt.
Und zweifellos nur, um sie, Hanan und Ornina zu schützen. Als ob sie sich nicht alle darauf geeinigt hätten, dass er fürs Erste den Mund halten sollte. Als ob die Bedrohung durch Angelmass nicht den Schaden überwog, den die Pax mit ihm oder durch ihn vielleicht anzurichten vermochten.
Falls überhaupt noch etwas von ihm
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