Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
die Erinnerung, und sein Gesicht wurde wieder von Sorgenfalten zerfurcht. Was werden sie mit Jereko machen? Werden sie ihm wehtun?
»Ich weiß nicht«, sagte Chandris, deren Gedanken noch immer in diesem Büro hinter ihr war. Da bewachten diese Männer also einen einsamen Gefangenen und standen nicht einfach nur Wache, während er vernommen wurde.
Aber das ergab immer noch keinen Sinn. In Magasca wäre doch sicher noch eine richtige Gefängniszelle für einen angeblich so gefährlichen Verbrecher wie einen Meisterspion der Pax frei gewesen. Es gab überhaupt keinen Grund, weshalb Forsythe sein Büro in eine provisorische Zelle hätte verwandeln sollen.
Es sei denn, der Hohe Senator wollte nicht, dass er mit jemand anderem sprach.
Und dann machte es bei ihr plötzlich Klick , und sie sah Ronyon im Licht dieser neuen Erkenntnis an. Natürlich. Kosta hätte doch nicht ins Gefängnis gehen wollen – er wollte nach Angelmass, und dieser Weg wäre ihm definitiv versperrt, wenn erst einmal offiziell Anklage gegen ihn erhoben worden war. Er würde versucht haben, Forsythe zu überreden, eine offizielle Verhaftung so lange hinauszuschieben, bis er nach Angelmass geflogen war und das Experiment durchgeführt hatte. Wahrscheinlich hatte er auch großzügig angeboten, sich zu stellen, wenn er damit fertig war.
Und wenn das nicht funktioniert hatte, würde er seinen Trumpf ausgespielt haben.
Er hätte die Tatsache erwähnt, dass Forsythe seinen Engel nicht trug.
»Dann hat Mr. Forsythe also mit Jereko gesprochen«, sagte sie. »Hat er auch etwas zu dir gesagt, als er herauskam?«
Er hat mir nichts über Jereko gesagt, signalisierte Ronyon. Sein Gesicht nahm mitten im Satz plötzlich einen unsicheren Ausdruck an. Ähem. Ich dürfte eigentlich gar nicht mit dir sprechen, oder?
»Das geht schon in Ordnung«, sagte Chandris hastig. »Er hat das bestimmt so gemeint, dass du mit niemandem sprechen sollst, der das nicht schon weiß.«
Ronyon blinzelte. Du wusstest das schon?
Chandris hatte auf einmal einen Kloß im Hals und wurde das Gefühl nicht los, als ob ein tiefer Abgrund sich plötzlich vor ihr auftrat. Wenn sie Ronyon gegenüber zugab, dass sie über Kosta Bescheid wusste, würde ihn das vielleicht dazu bewegen, offener zu sprechen; aber sie würde sich damit auch der Beihilfe zur Spionage schuldig machen, falls er das jemals gegenüber Forsythe zur Sprache brachte.
Aber sie hatte keine andere Wahl. Nicht, wenn sie Kosta helfen wollte. »Ja, ich weiß«, sagte sie. »Er hat es mir vor ein paar Tagen gesagt, als wir uns darüber unterhielten, was wegen Angelmass zu tun sei.«
Ronyon schauderte, und er zog die Schultern nach vorn, als ob er sich in sein Schneckenhaus zurückziehen wollte. Das ist ein schlechter Ort, signalisierte er mit einem gehetzten Blick. Er hat mir große Angst gemacht.
»Mir macht er auch Angst«, versicherte Chandris ihm. »Und Jereko und noch vielen anderen Leuten.«
Sie beugte sich leicht zu ihm hinüber. »Deshalb müssen Jereko und ich auch dorthin gehen. Wir müssen ein paar Dinge darüber herausfinden, damit niemand mehr davor Angst haben muss. Kannst du uns helfen?«
Die Zuckungen in seinem Gesicht verstärkten sich noch. Ich weiß nicht, signalisierte er, wobei die Worte vor lauter Aufregung schneller kamen. Mr. Forsythe hat mir gesagt, ich soll es keinem sagen, und nun habe ich es doch getan. Wenn ich dir helfe, wird er wirklich böse auf mich sein.
»Er wird vor allem böse auf mich sein«, versicherte Chandris ihm. »Falls du Schwierigkeiten bekommst, werde ich ihm sagen, dass es meine Schuld war und dass du nichts damit zu tun hast.«
Er warf einen Blick auf ihre Hände und verzog derart das Gesicht, als ob er gleich zu weinen anfangen würde. Aber das wäre doch nicht wahr, signalisierte er. Du verleitest mich doch zu nichts. Mr. Forsythe sagt, wenn jemand etwas Falsches tut, dann muss er auch die Schuld dafür auf sich nehmen.
»Da hat er Recht«, räumte Chandris ein. Nur, dass Forsythe das für sich selbst nicht gelten ließ, sagte sie sich, als ihr der Gedanke an seinen gefälschten Engel-Anhänger durch den Kopf schoss. Aber es hatte keinen Sinn, das zu thematisieren. Ronyon war eindeutig ein bereitwilliger Komplize bei diesem Betrug, was bedeutete, dass Forsythe ihm irgendeine Geschichte aufgetischt haben musste, um der ganzen Sache den Anschein von Legalität zu verleihen. Wenn sie jetzt versuchte, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, würde ihn das nur verwirren.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher