Engelstation
Brust ringelten.
»Verzeihung, hochwürdiger Herr«, japste Zwölf. »Liege ich auf Ihrem Platz?«
»Ich hab’s rausgekriegt. Ich weiß, wie es passiert ist.« Der Mann hing einfach nur in der Luft. Seine breite, behaarte Hand strich die Haare aus seinen Augen.
Vielleicht ist er ein Hologramm, dachte Zwölf. Vielleicht ist unbeabsichtigt ein Illustreifen aufgerufen worden. Er rollte ein Auge zur Kommunikationstafel und sah, daß sie abgeschaltet war, wie er sie verlassen hatte. Furcht begann in seinen Nerven zu singen.
Der Mensch war einfach so aus dem Nichts erschienen.
Zwölfs Augen richteten sich auf ihn. »Bist du ein Gott?« fragte er. Bei dem schrecklichen Gedanken hatte er Schwierigkeiten, sein Sprechorgan zu kontrollieren; seine Stimme war vor Entsetzen ganz grummelig. »Bist du Apollo?«
Der Mann – der Gott – ignorierte ihn. Zwölf sah, daß auf den Wangen und am Kinn des Eindringlings einheitlich kurze Haare sprossen und daß seine Augen rot gerändert waren.
»Ich hatte schon alles geplant«, sagte er. »Exklusivvertrag mit der Kompagnie, Transporte von Bezel nach Trincheras und Maskerade. Damit hätten wir uns jahrelang über Wasser halten können.«
Der Leib des Eindringlings begann zu schimmern. Zwölf konnte regenbogenfarbene Wellen durch seinen Körper laufen sehen. Übermenschliche Kräfte, dachte Zwölf. Hilflos wie er war, bereitete er sich auf die Vernichtung vor.
»Aber ich wollte feiern. Bin ins Rostow gegangen und hab ein Faß aufgemacht. Bis ich blau war und … unvorsichtig wurde. Hab vergessen, daß wir nicht mehr alle Freunde sind.«
Der Körper des Gottes verfestigte sich wieder. »Ich hab zu vielen Leuten von meinem Glück erzählt. Und einer von ihnen muß es Marco de Suarez gesagt haben. Vielleicht war ich’s auch selbst. Ich kann mich nicht so genau erinnern.«
»Hochwürdiger Herr«, sagte Zwölf. »Tu mir nichts. Ich bin bloß ein Diener meiner Geliebten.« Er merkte, daß er in seiner eigenen Sprache plapperte, und versuchte, die Worte in Melange zu formen, aber sein Gehirn war vor Entsetzen gelähmt.
»Er muß schnurstracks zur Abrazo gegangen sein und seinen Vorschlag ausgebreitet haben. Hat ihnen erklärt, daß er mit seinen fünf Schiffen flexibler liefern könnte als ich mit einem Schiff.« Der Gott schüttelte den Kopf. »Hol ihn der Teufel.« Seine Augen sahen Zwölf direkt an. »Das sag ich nur einmal.«
Da dämmerte es Zwölf mit der Gewalt eines Donnerschlags. Der Gott versuchte ihm lebenswichtige Informationen zu geben! Er mußte sich alles ganz genau merken.
»Ich höre zu, hochwürdiger Herr«, sagte er. Seine Herzen schlugen schneller als die Trommeln der Geliebten.
»Ich kann’s Marco de Suarez im Grunde nicht verübeln«, fuhr der Gott fort. »Er hat’s für seine Leute getan. Er sieht sich der Konsolidierung gegenüber, genau wie wir ändern auch. Aber man kann den anderen Shootern nicht mehr trauen, erst recht nicht de Suarez.« Die Gottheit zeigte auf Zwölf. »Finger weg von Marco und seiner Familie. Die sind heimtückisch.«
»Ja, hochwürdiger Herr.«
»Die einzigen Menschen, denen man trauen kann, sind an Bord der Runaway . Ubu, Maria und ich. Das ist alles.«
»Ich verstehe.«
Es gab eine lange Pause. Feuchtigkeit bildete sich in den Augen des Gottes. Zwölf hatte den Eindruck, daß er sehr müde war. »Hätte ich doch bloß den Mund gehalten. Es wird hart werden für uns. Wenn ich nicht so einen Fehler gemacht hätte, würden wir – würden wir …« Der Gott machte den Mund mehrmals auf und zu, ohne etwas zu sagen. Seine Schultern bebten.
Dann streckte der Gott die Hand nach Zwölf aus. Zwölf fuhr zurück und drückte sich in den Beschleunigungssessel, aber die Hand des Gottes erschien vor seinen Augen. Der Regenbogenschimmer durchlief ihn erneut, und dann verschwand er.
Zwölfs Augen waren weit aufgerissen. Er schaute noch einmal zur Kommunikationstafel. Nein, es war kein Illustreifen gewesen.
Die Trommelschläge der Geliebten drängten ihn, sich zu beruhigen und nachzudenken.
Der Gott tauchte nicht wieder auf.
Die Bezel-Station rollte langsam durch die Dunkelheit. Das kalte rote Licht ihres Sterns warf einen langen, rötlichen Fleck auf ihre rotierende Flanke. Hellere Sterne – wartende Schiffe – umringten die Station wie Punkte in einem komplexen dreidimensionalen Puzzle. Zwischen ihnen flitzten silberne Shuttles herum. Die schöne Maria sah vom Navigatorsessel aus zu, wie die Station näherkam. Ihr Videobild rückte
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