Engelstraum: Schatten der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Unmöglich. Nein, ausgeschlossen.
Er bewegte sich unglaublich schnell – wie immer – und ergriff wieder ihre Hand. »Du lebst noch.«
Ihr Herz hämmerte.
»Wir bekommen eine Menge Ärger. Diese Kojoten werden bald wieder aufkreuzen. Falls du auf Keenan hörst und da rausrennst, was ich dir nicht empfehle, nehmen sie deine Fährte auf und kriegen dich über kurz oder lang. Und der Gedanke ist irgendwie blöd.«
Ja, dem konnte sie nur zustimmen.
»Wenn du nicht heute Nacht noch wegwillst, musst du zu Kräften kommen, und das schnell.«
Sein Blut? Sie atmete seinen Geruch ein, konnte das Pochen seines Pulses hören. So nahe. Ihre Zunge glitt über ihre Reißzähne. »Die meisten Anderen halten es für eine Beleidigung, gebissen zu werden.« Insbesondere die Gestaltwandler. Nicole hatte gehört, dass die lieber starben, als sich beißen zu lassen.
»Ich bin nicht wie die meisten Anderen. Außerdem weiß ich, dass ein Biss sowohl Schmerz als auch Wonne bringt, und diese Mischung gefällt mir.«
Er bot ihr sein Blut an, und sie brauchte dringend welches. Nicole reckte sich auf die Zehenspitzen und presste ihre Lippen auf Sams Hals.
Sollten die Kojoten kommen – und diesen Teil seiner Geschichte bezweifelte sie nicht –, blieb ihr keine Zeit, sich andere Beute zu suchen. Zumal sie bislang noch denkbar schlecht darin war.
Ihre Reißzähne schabten über Sams Haut.
»So ist’s gut«, raunte er. »Probier mal.«
Sie drückte ein wenig.
»Was zum Teufel macht ihr da?«
Sie wollte sich umdrehen, konnte es jedoch nur leicht, denn Sam hielt sie fest an sich gedrückt.
Hinter ihr donnerte Keenan die Treppe hinab. Seine Augenfarbe wechselte wild zwischen Blau und Schwarz hin und her. »Finger weg von ihr! Was ist denn in dich gefahren? Du könntest sie umbringen!«
Sam ließ sie nicht los. »Nur wenn der Tod das ist, was ich will.« Nicole fühlte, wie er mit der Schulter zuckte. »Und ich will ihren Tod nicht.«
»Lass sie los!«
»Ja, ja, aber sie hält mich fest.«
Oh, Mist, das tat sich wirklich. Hastig zog Nicole ihre Hände zurück. »Keenan, ist schon gut, ich wollte nur …«
»Einmal zubeißen«, beendete Sam ihr Gestammel, und Keenan sprang von der letzten Stufe. »Immerhin hast du sie geschwächt weggeschickt, Gefallener – verbrannt, gebrochen, schwach. Was hast du denn erwartet, dass sie tut?«
Keinen Schritt von ihnen entfernt blieb Keenan abrupt stehen. Er hob einen Arm und ballte die Hand zur Faust. »Nicole, geh weg von ihm. Du darfst ihm nicht trauen. Er kann sich jederzeit gegen dich wenden.«
Als wüsste sie das nicht.
»Du willst sie, dann nimm sie«, sagte Sam spöttisch. »Fass sie an, nimm sie, wenn du denkst, dass du stark genug bist.«
Ah, darum ging es hier also! Nicole rammte ihm den Ellbogen in die Seite, so gut sie konnte. Sams Griff lockerte sich ein wenig, und sie sprang weg von ihm. Allerdings eilte sie nicht zu Keenan, sondern ging zu beiden auf Abstand. » Sie will von keinem genommen werden«, sagte sie sehr laut und deutlich.
Die beiden gefallenen Engel indes waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich böse anzugucken, und hörten sie gar nicht.
»Rühr sie nie wieder an!«, befahl Keenan.
»Ich rühr sie nicht an, du rührst sie nicht an … Ich würde sagen, sie wird ein ziemlich einsamer Vampir.«
Keenan blickte noch finsterer drein.
»Halt dich ja raus«, fuhr Nicole ihn an. »Du hast mich weggeschickt, schon vergessen?«
Widerwillig nickte er.
»Verdammt, sie braucht Blut.« Sam warf seine Hände in die Luft. »Guck sie dir doch an. Guck hin!«
Keenan sah zu ihr, und Nicole erkannte Verlangen und Angst in seinen Augen.
»Wenn du ihr nicht helfen willst, tu ich es.« Sam streckte die Hand nach ihr aus.
»Nein!«, sagte Nicole und wich bereits weiter zurück, noch bevor Keenan auf sie zugesprungen kam. »Ich finde eine andere Quelle.«
Keenans Züge verhärteten sich, und sie bemerkte ein Aufflackern von Wut.
Sam offenbar auch. »Das gefällt dir nicht, was? Du bist eifersüchtig.« Er senkte die Stimme. »Diese verfluchten Gefühle. Die können eine wahre Pest sein, nicht?«
Keenan ignorierte ihn. »Ich werde dich nicht töten«, sagte er zu Nicole.
Sam lachte. »Ist das nicht die Crux bei diesem ganzen Elend? Dass du sie nicht töten willst?«
Keenan würdigte ihn keines Blickes. »Wenn du jetzt gehst, hast du einen großen Vorsprung. Ich sorge dafür, dass dir die Kojoten nicht folgen.«
»Weil es okay ist, die zu töten, aber nicht sie?«,
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