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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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weißt es noch nicht?« Enno brachte eine heuchlerische Mitleidsmiene zustande. Endlich passierte mal was auf dieser öden Insel, und Harri, der Dösbaddel, bekam davon nichts mit. Gern hätte er seinen Wissensvorsprung noch etwas ausgekostet, aber Jette funkte ihm dazwischen.
    »Wanda ist tot«, sagte sie betrübt. Mit Daumen und Mittelfinger zupfte sie an der Haut ihres linken Handrückens ungefähr dort, wo ein Haufen ekliger Warzen wie Seepocken gesessen hatte. Nichts hatte etwas genutzt. Keine ätzenden Flüssigkeiten, keine eisigen Sprays. Erst Wanda hatte gemacht, dass Jettes Hand nicht mehr aussah wie eine Warzenschweinpfote.
    »Ermordet, wie’s aussieht«, beeilte sich Enno zu verkünden, bevor ihm jemand diese dramatische Nachricht auch noch wegschnappte.
    »Das sagst du!« Auf Wiesels Stirn ragten zwischen den dunklen Augenbrauen zwei steile Falten hoch zur Stirn. Mit einem Stock bohrte er Löcher in den Sand, ganz gleichmäßig eins neben dem anderen, und sah Enno nicht an. Aber der Zweifel an dessen Mordtheorie war unüberhörbar.
    »Warst du da draußen oder ich?« Ennos Stimme vibrierte beleidigt und empört zugleich. Etwas Respekt konnte er schließlich erwarten. Vor seinem Wissen und davor, wie schnell und entschlossen er gehandelt hatte, als die ersten Gerüchte im Dorf kursierten. Von der Leistung ganz zu schweigen, bei der Affenhitze am Vormittag zum Swanti zu sprinten. Er dachte an das erregte Gebrummel und Gemurmel der Menschentraube, auf die er zugelaufen war. So weit es ging, hatte er sich hineingedrängt und war tatsächlich bis zum Absperrband vorgedrungen. Grade mal knöchelhoch klemmte es quer über den Strand zwischen Steinen, ganz weich und schlaff von der Sonne. Man hätte glatt drüberwegmarschieren können, hätte da nicht einer gestanden und es bewacht. Ein Typ in Polohemd und Shorts, der sich wichtigmachte und »Betreten verboten – polizeiliches Sperrgebiet« schnauzte, sobald jemand der rot-weißen Linie zu nahe kam. Bis zuletzt hatte Enno ausgehalten. Bis das Polizeiboot in weitem Bogen Richtung Enddorn davonfuhr. Bis das Unwetter losbrach und er sich fast in die Hosen gemacht hätte vor Angst, von einem Blitz aus Wandas Rachegewitter erschlagen zu werden. »Sie lag ja nicht unter einer Maschine oder so. Sie lag am Strand! Und wenn einer so zerhackt und zerstochen ist, dass man ihn kaum noch erkennt, dann wird’s ja wohl Mord gewesen sein.« Alle, die am Absperrband gestanden hätten, waren sich darüber einig gewesen.
    Harri, der sich endlich zwischen Mikka und Wiesel gequetscht hatte, war froh, dass er saß.
    Zerhackt und zerstochen!
    Er war nicht der Einzige, der die Augen entsetzt aufriss. Es dauerte eine Weile, bevor er begriff, vom wem die Rede war. Als wenn es mehrere Wandas auf der Insel gäbe. Es gab nur die eine, und gerade er musste das wissen. Es war nicht in Ordnung, dass er auch jetzt wieder der Ahnungsloseste war. Der, dem niemand was sagte, es sei denn, er sollte in der Gegend herumgeschickt werden. Der als Letzter erfuhr, was ihn mehr als andere anging.
    »Und jetzt?« Tom kratzte sich am Kopf, dass es knirschte. Vom vielen Baden sah sein Haar im Sommer immer ganz verfilzt aus. »Ich meine, es ist ziemlich schrecklich und so. Aber für uns eigentlich gut, oder? Wenn die Bullen hinter einem Mörder her sind, werden sie ja wohl nicht nach uns suchen.« So konnte Gras über die Sache wachsen und sie kamen vielleicht mit einem blauen Auge davon. Er pulte einen Rest roter Farbe von seinem Knie und fühlte sich mies, weil er trotz Wandas grausigem Tod nur an sich selbst dachte.
    »Könnte was dran sein.« Wiesel schürzte nachdenklich die Lippen und dachte nach. Nach Enno war er der Älteste, fast vierzehn, und sein Wort galt etwas. Dessen war er sich so bewusst, dass die Pause länger als nötig ausfiel. Er ließ seinen Blick von einem zum anderen wandern, um sich zu vergewissern, dass alle hören wollten, was er zu sagen hatte. »Den Mörder zu finden ist jetzt das Wichtigste. Für die Kripo sowieso, für alle andern aber auch. Bis der nicht geschnappt ist, machen die nix anderes. Verfolgen alle Spuren, die sie finden, reden mit jedem, der was wissen könnte.« Er gab seinen Worten damit Nachdruck, dass er ein paar Mal bedächtig nickte.
    »Aber was ist, wenn sie denken, wir wissen was?« Harri spürte fünf verdutzte Augenpaare auf sich ruhen und wurde rot.
    Ausgerechnet Harri war darauf gekommen, dass die Polizei womöglich auch sie befragte. Und ein solches

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