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Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition)

Titel: Engelstrompeten: Ein Hiddensee-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach , Johann Ebend
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und vorwurfsvoll aus kleingezogenen Augen.
    »Ganz genau«, sagte sie. »Von Wanda Sieveking. Und von ihrem Mörder.«

10
    Harri hörte ein Scheppern. Metall auf Stein. Topfdeckel, tippte er und trat einen Schritt von der Tür zurück, während er darauf wartete, dass jemand ihm öffnete. Doch außer einem Poltern wie von einem umgekippten Stuhl passierte im Haus der Mantheys erstmal nichts. Keine Stimmen, kein Schemen, den er durch das geriffelte Milchglas der Haustür hätte ausmachen können. Nur Stille, in der sein Klingeln laut und deutlich zu hören war, als er zum zweiten Mal auf den Knopf drückte.
    »Ich komme!« Wie gesungen kam die Ankündigung aus den offenen Fenstern im ersten Stock.
    Harri legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Nichts. Nur ein Rumpeln und Schleifen, als rückte jemand Möbel um. Erst nachdem eine Zimmertür laut zugeschlagen und Schritte treppabwärts getrampelt waren, wurde die Haustür mit so viel Schwung aufgerissen, dass sie gegen die Flurwand knallte.
    Gesine Manthey hatte kaum etwas an. Genau zwei Teile, wenn man die hochhackigen Sandalen nicht mitzählte. In der hauchdünnen weißen Bluse mit den gestrickten Blütenranken am Ausschnitt wäre sie am Strand wohl nicht aufgefallen, aber hier wirkte sie darin nackt. Harri senkte verlegen den Blick, um ihr nicht auf die Brustwarzen zu starren, die spitz und dunkel durch den Stoff schimmerten.
    »Und du bist bitte wer?« Sie musterte ihn neugierig, als erinnerte sie sich nicht an ihn. Dabei musste sie ihn gestern gesehen haben. Durch das Fenster, hinter dessen Gardinen sie gestanden hatte. Dann auf seinem Weg am Zaun entlang zur unteren Grundstücksecke. Vielleicht sogar von ihrem Platz auf der Veranda aus, als Harri durch die Hecke gelinst hatte. Er jedenfalls erkannte sie wieder, auch wenn sie gestern ganz anders gewirkt hatte. Krank irgendwie. Schwach und krank. Davon war jetzt nicht das Geringste zu merken, so wie sie da im Hauseingang stand. Eine Hand an der Hüfte auf den Beckenvorsprung gestemmt, dicht über dem schwarzen Slip, den Harri fast so aufregend fand wie die Brustwarzen. Und dass ihre Stimme etwas Kratziges, Sprödes hatte, machte die ganze Sache noch aufregender.
    »Harri«, rang er sich ab. »Ich bin Harri.« Gerade noch rechtzeitig war ihm eingefallen, dass er gefälligst in ganzen Sätzen zu antworten hatte. Einzelne Wortbrocken waren unhöflich, behauptete sein Vater.
    »Interessant.« Sie kicherte. Albern und ohne Grund. Was, bitte schön, war komisch daran, dass er Harri war?
    »Und was möchtest du von mir?« Sie wechselte das Standbein und die Hüftseite, auf die sie die Hand stützte.
    »Nichts... also... äh... ich meine, ich wollte den Zaun weiterstreichen«, stammelte er und hätte am liebsten auf der Hacke kehrtgemacht. Obwohl er sonst nichts gegen Frauen mit spitzen Brüsten in durchsichtigen Blusen hatte. Vorausgesetzt, sie waren weit genug weg. Oder, noch besser, auf glatte bunte Zeitschriftenseiten gebannt.
    »Nur zu, tu’ dir keinen Zwang an! Ich werde dir ja nicht den Pinsel halten müssen, oder?« Jetzt gackerte sie heftig. Mit zurückgelegtem Kopf und zuckendem Oberkörper.
    Die Wärme an Harris Hals entwickelte sich zu einem kräftigen Rot. Wie Lehrertinte in Löschpapier breitete es sich unaufhaltsam aus und überzog seine Wangen bis hinter die heißen Ohrläppchen mit Schamfarbe. Ihretwegen, weil eine Frau so was nicht sagt. Jedenfalls keine anständige, verheiratete. Und seinetwegen, weil in seinen Shorts eine Beule drohte, die seine Verlegenheit noch schlimmer machte.
    Er wollte hier weg. Am liebsten auf Nimmerwiedersehen, wenn es dafür zu Hause nicht Backpfeifen setzen würde. Ihr aus den Augen. Hinters Haus, seine Malsachen zusammensuchen und möglichst weit weg von dieser Übergeschnappten das tun, wofür er bezahlt wurde. Zaun streichen. Aber dazu musste er in den Schuppen. »Ich wollte nur den Schlüssel für den Schuppen holen«, brachte er einigermaßen flüssig heraus.
    Sie reagierte gar nicht darauf. Fragte stattdessen: »Wie spät ist es?«, und streckte sich, als sei es anders nicht möglich, über seine Schulter auf den Gartenweg zu gucken.
    »Zehn nach elf«, sagte Harri und hätte schon gern gewusst, nach wem sie Ausschau hielt. In diesem Aufzug.
    »Puh! Um zehn nach elf schon eine solche Hitze. Fürchterlich, oder?« Mit Zeigefinger und Daumen hob sie die Bluse am Ausschnitt ein paar Mal an, um sich Luft zuzufächeln. »Man muss viel trinken, wenn es so heiß ist.

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