EngelsZorn - Im Blutrausch
Alkohol. Dieser beißende Geruch vermischte sich mit dem seines Schweißes. Er roch ziemlich unangenehm. Sein unrasiertes Gesicht wirkte äußerst ungepflegt und schmuddelig. In seinen glasigen, eisblauen Augen spiegelte sich sein Suff wider.
Als er die Tür aufmachte, klappte ihm die Kinnlade herunter, denn zwei Männer standen mit gezogenen Schusswaffen vor ihm. Einer davon nahm gerade sein Bein wieder herunter, das er gegen die Tür gehoben hatte, um sie einzutreten. Charon sah die beiden entgeistert an. Er wusste in diesem Augenblick nicht so wirklich, ob er noch unter dem Einfluss des Alkohols stand und die zwei Gestalten nur eine Halluzination seines Geistes waren.
„Jean-Christophe Charon?“, fegte ihn Dumas scharf an, der schon im Begriff gewesen war, Charons Tür einzutreten.
„Ja. Was wollen Sie von mir? Wer sind Sie überhaupt?“ Charon war noch immer ein wenig benommen von dem vielen Bier, das er sich am Nachmittag in den Rachen geschüttet hatte, und tat sich deshalb schwer beim Artikulieren seiner Worte.
„Mordkommission. Inspektor Dumas. Sie sind vorläufig festgenommen. Es besteht der dringende Tatverdacht des Mordes an Monsieur Christian Renard sowie des Mordversuches an Mademoiselle Isabelle Dion.“
Charon fing plötzlich an, laut und hysterisch zu lachen. „Spinnen Sie!? Ich hab‘ diesen alten Sack und das kleine Luder seit mehr als zwei Monaten nicht mehr gesehen.“
„Hüten Sie Ihre Zunge, Charon!“, zischte ihn Dumas bösartig an.
„Aber ich versteh‘ nicht ganz, was...?“
„Ziehen Sie sich Ihre Schuhe an! Los... wir fahren jetzt aufs Revier!“, unterbrach ihn Dumas barsch.
„Aber das muss ein Missverständnis sein... hören Sie, ich habe weder Renard ermordet noch versucht, Dion zu ermorden!“, lallte Charon und ging instinktiv einen Schritt zurück.
„Hier geblieben, Freundchen! Sonst jag‘ ich dir eine Kugel durch den Kopf!“, drohte Dumas.
„Verschwinden Sie wieder... lassen Sie mich in Ruhe!“, lallte Charon erregt und torkelte einige Schritte zurück. „Das ist Hausfriedensbruch.“
„So, du willst also aufmucken?! Nun gut, du hast’s ja nicht anders gewollt!“ Er ging rasch auf ihn zu, griff nach seinen Handschellen, packte Charon mit einem Griff am rechten Handgelenk, drehte ihm den Arm auf den Rücken, so dass Charon winselnd zu Boden ging, und legte ihm anschließend brutal die Handschellen an. „Du bist verhaftet! Christophe, lies ihm seine Rechte vor.“, rief Dumas Clavel zu und zerrte Charon vom Boden wieder hoch.
Charon wurde daraufhin abgeführt.
Auf dem Revier am Boulevard du Palais wartete Fort mit Isabelle schon im Vorraum des Verhörraums auf Dumas und Clavel.
Er kannte diesen Raum nur zu gut. Schon oft hatte er von dort aus Verhöre beobachtet. Der Vorraum war leicht abgedunkelt. Schräg gegenüber von der Tür des Vorraums war ein großer Glaseinbau angebracht, der fast die ganze Vorderfront der Wand bedeckte. Durch diesen Glaseinbau, der wie ein großes Fenster wirkte, konnte man in einen anderen Raum hineinblicken, der aus weißen Wänden, einer weißen Decke und einem weißen Fliesenboden bestand. Ein weißer Tisch sowie vier weiße Stühle standen in der Mitte des Verhörraumes. Isabelle befand sich direkt vor dem Fenster und sah in den weißen Raum hinein.
„Wenn man auf der anderen Seite steht, dann sieht man nur in einen Spiegel.“, sagte Fort leise zu ihr.
„Dachte ich mir schon. Es ist genauso wie in den Filmen.“ Sie drehte sich um und sah zu Fort hinüber, der auf einer Bank, direkt gegenüber des großen Glaseinbaus, saß.
Es war ziemlich warm in dem Vorraum.
Fort zog seine Jacke aus, streifte das Halfter von seinen Schultern und knöpfte den oberen Knopf seines Hemdes auf. Danach erhob er sich wieder und ging auf Isabelle zu.
Plötzlich öffnete sich in dem weißen Verhörraum die Tür. Charon wurde hereingeführt und anschließend gleich wieder alleine gelassen. Er ging einmal um den weißen Tisch herum, sah in den Spiegel hinein, fuhr sich mit seinen Händen durchs Haar, dann drehte er sich um und schritt auf den Tisch zu. Er ließ sich auf einem der vier Stühle nieder.
Fort beobachtete ihn durch den Glaseinsatz.
Isabelles Herz begann mit einem Mal schneller zu schlagen. Sie beobachtete Charon, der auf der anderen Seite der Glasscheibe auf einem Stuhl saß und ins Leere sah.
Plötzlich öffnete jemand die Tür. Fort und Isabelle drehten sich um.
„Schön, dich mal wieder zu sehen,
Weitere Kostenlose Bücher