EngelsZorn - Im Blutrausch
einzulegen...“
„Nein, nein, Inspektor, sprechen wir nicht mehr darüber. Schließlich haben Sie mich ja nicht umgebracht.“ Isabelle lächelte ihm zu. „Das nächste Mal gehe ich Ihnen einfach aus dem Weg.“ Sie versuchte einen Witz zu machen, der jedoch sang und klanglos unterging, denn niemand fand ihn amüsant.
Die beiden Männer musterten sich misstrauisch wie zwei Kampfhähne im Ring.
„Und ob wir Beschwerde einlegen werden...“, begann Sébastian schon auszuholen, als ihm Isabelle ihren rechten Zeigefinger sanft auf seine Lippen legte. „Psssst, chéri... es ist doch schon vorbei und nichts ist passiert...“, versuchte sie, ihn zu besänftigen.
Clavel war tief beeindruckt von Isabelles behutsamen, vor allem aber sehr einfühlsamen Art, mit de Valence umzugehen. Er staunte darüber, welch psychologisches Einfühlungsvermögen sie besaß, diese n arroganten Spinne r zur Ruhe zu bewegen. Am Morgen war er zu aufgeregt gewesen, um ihre Schönheit zu bemerken, doch jetzt nahm er sie um so deutlicher wahr und das trotz ihrer verweinten Augen. Sie verbreitete eine gewisse Magie im Raum.
„Mademoiselle Dion, bitte erzählen Sie mir haargenau, was sich heute Morgen in der Renard S.A.R.L. abgespielt hat. Bitte versuchen Sie sich an jedes noch so unbedeutend kleine Detail zu erinnern. Es kann alles für unsere Ermittlungen von großem Nutzen sein, auch wenn wir die Kleinigkeiten vielleicht jetzt noch nicht richtig deuten können.“, bat Clavel Isabelle, die sich ihm wieder zugewandt hatte. „Ich werde es mir übrigens jetzt nur stichpunktartig aufnotieren. Das Protokoll schicke ich Ihnen dann mit der Post.“
Isabelle erzählte ihm alles, woran sie sich noch erinnern konnte. Ihre Erinnerungen an den schrecklichen Morgen schienen aber bereits langsam zu verblassen, da es ihr zunehmend schwerer fiel, ihm diese Bilder in ihrem Kopf detailliert zu beschreiben. Als sie fertig war, stellte sie dem Inspektor ebenfalls eine Frage, die sie schon seit dem Morgen beschäftigte und über die sie mit Sébastian während des Essens bereits ausführlich diskutiert hatte. „War e s Black Angel , Inspektor?“
„Wir vermuten es. Es ist naheliegend. Die Untersuchungen sind aber noch nicht ganz abgeschlossen.“, entgegnete er ihr.
„Finden Sie es nicht seltsam, das s Black Ange l von seinem bisherigen Schema abgewichen ist und einen Geschäftsmann anstatt einen weiteren Adligen hingerichtet hat? Ich hab‘s Inspektor Dumas gegenüber auch schon erwähnt, aber ich glaube, er hat’s nicht so richtig mitbekommen. Der Arzt war gerade bei
ihm.“
„Hierzu kann ich leider noch keinen Kommentar abgeben.“, entgegnete er kurz angebunden.
„War ja klar! War auch nicht anders zu erwarten! Oder, Inspektor?“, warf Sébastian zynisch dazwischen.
Auf Sébastians Ausruf ging Clavel nicht näher ein. Stattdessen notierte er sich einen Vermerk auf seinem Notizblock, hierüber mit Dumas zu sprechen. „Eine Analyse ergab, dass die meisten Serientäter...“ Clavel richtete seinen Blick auf Isabelle. „... einem bestimmten Paradigma, das heißt im Klartext einem bestimmten Muster folgen...“
„Wir wissen , was ei n Paradigm a ist, Inspektor!“, unterbrach ihn Sébastian schroff. Er sah zu Clavel hinüber und grinste ihm herablassend ins Gesicht.
„Ja, ja, natürlich, war mir schon klar.“, sagte Clavel trocken und fuhr fort. „Untersuchungen haben ergeben, dass solche Serientäter in den meisten Fällen einem bestimmten Muster folgen, in Einzelfällen davon möglicherweise aber auch geringfügig abweichen können. Es muss nicht gezwungenermaßen ein bestimmtes Pattern, sprich ein Verhaltensmuster beziehungsweise ein Denkschema, geben.“ Er sah Sébastians aggressiven Blick und reagierte sofort. „Ja, ja, ich weiß auch, dass Sie wissen , was ein Pattern ist!“ Dann holte Clavel erneut aus. „Es muss also nicht gezwungenermaßen immer ein bestimmtes Schema vorliegen, nach welchem solche Serientäter dann exakt nach allen Punkten vorgehen. Es kann zwischen den einzelnen Morden durchaus Abweichungen geben. Vielleicht war es in unserem Fall einfach nur ein Zufall, dass die ersten drei Opfer von adliger Herkunft waren. Vielleicht hatte sich der Serienkiller einfach nichts dabei gedacht.“
„So wie Sie , Inspektor!“, warf ihm Sébastian brüsk entgegen. Er hatte sich die ganze Zeit krampfhaft versucht, seiner unbändigen Wut zu bemächtigen und sich weiterhin zu beherrschen, doch nun musste er seinen Frust über
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