Engpass
Fernseher.«
Der Summer ertönt. Elsa drückt das Tor auf. Sie weiß, dass sie heute noch einen Schritt weiterkommen wird.
Fred Maihauser hat den Mund voll, als er das Zimmer betritt. Offenbar hatte er sich gerade dem Abendessen hingegeben. Elsa steht an seinen riesigen Schreibtisch gelehnt und dreht sich um.
»Herr Maihauser.«
Fred Maihauser kommt auf sie zu. Er scheint wütend zu sein.
»Was soll das, Frau Wegener?« Er schluckt, was immer er im Mund hat, hinunter. »Ich habe Sie doch gebeten, auf meine Frau Rücksicht zu nehmen.«
»Herr Maihauser, ich tue, was ich kann, aber ich ermittle in einem Mordfall und seit heute Morgen in zwei.«
»Ich hab schon gehört. Furchtbare Sache. Wer war’s denn?«
»Das wissen wir noch nicht. Die Ermittlungen haben gerade erst begonnen. Sie bauen ein Haus ja auch nicht in einem Tag.«
»Tja, da haben Sie allerdings recht.«
Maihauser deutet endlich auf einen Sessel und Elsa nimmt Platz. Er setzt sich ihr gegenüber. »Aber wir machen’s kurz, ja?«
»Machen wir.«
Elsa wagt den entscheidenden Vorstoß. »Wie hat es Ihnen damals eigentlich gefallen, dass Ihre Frau auch ein Verhältnis mit Karl Degenwald hatte, der heute in dem Fall ermittelt?«
Maihauser starrt sie an, als habe sie behauptet, seine Frau wäre gar nicht seine Frau gewesen.
»Wie kommen Sie denn darauf?«, platzt er dann heraus.
»Beantworten Sie bitte meine Frage, Herr Maihauser.«
Maihauser schlägt die Schuhspitzen aneinander und schaut dann hoch. »Davon weiß ich nichts«, sagt er endlich.
»Sind Sie sicher?«
»Ganz sicher. Ich weiß nichts davon, dass Silke was mit Karl hatte.«
»Aber von den anderen Affären wussten Sie?«
»Früher oder später.«
»Hat Ihre Frau es Ihnen gesagt oder sind Sie selbst draufgekommen?«
»Herrgott! Was kramen Sie denn in alten Zeiten rum? Wie so was halt läuft. Die Leute stecken einem was. Man findet einen Brief, hört ein Telefonat zufällig mit an. Dann schnüffelt man rum. Sucht nach einer Bestätigung.«
»Ihre Frau hat Ihnen nie freiwillig gesagt …?«
»Das wäre doch unerträglich gewesen.«
»Aber Sie sagten doch beim letzen Mal …?
»Sie missverstehen da was. Meine Frau hatte einen ausgeprägten Freiheitsdrang. Dazu stand sie und das sagte sie auch. Aber nie, dass sie jetzt mit diesem oder jenem Kerl ins Bett steigt. Das wär ja pervers. Ich bin doch kein Masochist.«
Elsa seufzt und steht auf. »Danke, Herr Maihauser. Das war’s schon.«
Maihauser ist erleichtert. Er fühlt sich in Elsa Wegeners Gesellschaft wie ein kleiner Junge, der nicht weiß, was er im nächsten Moment verbergen soll, um nicht bestraft zu werden.
Elsa steigt in den Wagen und legt den Kopf aufs Lenkrad. Der Schuss ist nach hinten losgegangen. Trotzdem. Irgendwas an Maihausers Gestik war falsch. Elsa weiß nicht, was es ist, aber sie spürt es. Aus Erfahrung weiß sie, dass hinter Behauptungen, die rigoros abgestritten werden, ein Fünkchen Wahrheit steckt. Dass Maihauser nicht hinter die Affäre mit Karl Degenwald gekommen war, bezweifelt sie. Kein einziges Wort davon nimmt sie ihm ab. Nur, weshalb lügt er in diesem Fall? Hat er selbst mit dem Mord an seiner Frau zu tun? Erhofft er sich Schutz von Degenwald? Sind die beiden in eine Sache verstrickt, ohne von der Rolle des jeweils anderen zu wissen? Zumindest von der, die jeder offiziell gespielt hatte. Als sie sich das ins Gedächtnis ruft, fühlt sie sich besser.
Anna hat sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und lässt ihr Handy, das sie vorsorglich schon in der Hand hält, nicht los, als müsse sie jeden Moment rangehen. Und tatsächlich, wenige Sekunden später läutet es. Lars, liest sie auf dem Display.
»Lars!« Anna ist völlig aufgebracht. »Wo steckst du?«
Anna hört zu, was Lars erklärt, und nach wenigen Sätzen ist ihre Welt wieder in Ordnung. Sie drückt die Aus-Taste, lässt sich rücklings auf den Boden fallen und weint vor Erleichterung.
Verliebt zu sein, kann einem das Leben vergällen. Anna ist gerade dabei, das herauszufinden.
Elsa ruft Anna an. Die ist sofort am Telefon. Sie müsse noch mal weg. Lars sei bei der falschen Station ausgestiegen, nehme den Regionalzug und wäre gleich da. Sie fahre mit dem Rad zum Bahnhof, um ihn abzuholen.
»Wann soll ich zu Hause sein?«, fragt Elsa diplomatisch.
»Ach, weißt du …«, beginnt Anna schmeichelnd.
»Wäre es dir recht, wenn ich heute später käme?«, kommt Elsa ihr entgegen.
»Ja, mach du nur, was immer du
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