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Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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vorhast. Auf Lars und mich musst du keine Rücksicht nehmen. Wir kommen schon zurecht. Zu Essen haben wir genug. Der Kühlschrank ist kurz vorm Bersten. Wir reden und hören Musik. Vielleicht gehen wir auch noch ins Kino.«
    Elsa schmunzelt. »Gut. Dann sehen wir uns morgen früh. Wartet nicht auf mich. Es kann, wie gesagt, später werden. Ich verhalte mich leise, wenn ich heimkomme.«
    »Ciao, Mama.«
    »Ciao, Anna.«
    Elsa legt auf und stellt fest, dass sie für Sekunden ihre Jugend vorm inneren Auge ablaufen hat lassen. Ihre erste Liebe, Matthias, zwei Jahre älter als sie. Der Sohn der Nachbarn. Wie sehr hat sie gelitten, als es aus war, weil er sich in eine Ältere verliebt hatte, die ihm mehr bieten konnte. Und wie schön war es gewesen. Die heimlichen Küsse, die verstohlenen Treffen im Dunkeln, gleich um die Ecke, im kleinen Park mit der versteckten Bank unter einer Trauerweide. Das war ihr Platz gewesen. Über drei Monate ging das so. Jeden Abend bei der Trauerweide. Ihren Eltern hatte sie weisgemacht, sie gehe zum Sport. Ständig hatte sie sich pro forma in den Trainingsanzug gezwängt und ihn, kaum war sie aus der Tür, wieder ausgezogen.
    Sie registriert, dass sie sich noch immer an fast jedes Detail erinnert. Was Matthias jetzt wohl machte? Sicher war er verheiratet oder zum ersten Mal geschieden. Wer führt heute schon ein durchgängig glückliches Leben?
    Elsa steht auf und geht zum Fenster. Sie schaut einige Minuten hinunter, ins Nichts. Was soll sie mit dem bevorstehenden Abend anfangen? Zu Hause kann sie so bald nicht auftauchen. Sie will Anna ihr kurzes Glück gönnen. An ihrer Tür klopft es. Ben lugt hinein.
    »Sie schickt der Himmel«, empfängt ihn Elsa.
    »Wieso?«, fragt Ben und kommt endgültig ins Zimmer.
    »Wissen Sie schon Näheres?«
    Ben schüttelt den Kopf. »Ich bin eher privat hier.«
    »Was machen Sie heute Abend?«, kommt Elsa ihm zuvor.
    Ben breitet seine Lippen aus. Er ist am Ziel, ehe überhaupt etwas in Angriff genommen zu haben. So müsste es immer sein.

     
    Der Italiener ist eine Zumutung. Elsa stochert lustlos im Fisch herum.
    »Wenn die hier italienisch kochen, dann hab ich morgen unsere Fälle aufgeklärt«, gibt Elsa von sich und besänftigt sich mit einem Schluck Wein.
    »Na ja, ich hab auch schon besser gegessen«, pflichtet ihr Ben bei.
    »Trotzdem nett, dass Sie mich eingeladen haben, Herr Fürnkreis.«
    »Ben! Hab ich Ihnen letztens schon gesagt. Ben klingt irgendwie besser.«
    Einige Zeit lang essen sie schweigend.
    »Warum gehen Sie wieder mit mir aus?«, fragt Ben plötzlich. »Ich hatte den Eindruck, Sie wollten, dass es beim einmaligen Kinobesuch bleibt.«
    »Ihre Intuition funktioniert tadellos, Ben.«
    »Und warum sitzen wir dann hier?«
    »Die Wahrheit?«
    »Die Wahrheit!« Ben schaut sie fast ängstlich an.
    Sicher bekommt er nicht oft eine vor den Bug, bei seinem Aussehen, ist sich Elsa sicher.
    »Wie alt sind Sie, Ben?« Elsa bereitet den Angriff strategisch vor.
    »Das beantwortet meine Frage nicht«, verteidigt er sich.
    Elsa lächelt ihn süß an und er gibt nach.
    »31.«
    »Sehen Sie.«
    »Es stört mich nicht …«, fährt er dazwischen, ehe sie ›40‹ sagen kann.
    »Ich bin 40.«
    »Es stört mich nicht«, wiederholt er und schenkt ihr ein so umwerfend charmantes Lächeln, dass Elsa für einen Moment überlegt, ob sie unter den Umständen länger zurechnungsfähig ist.
    »Mich aber. Außerdem hab ich momentan keinen Bock auf Beziehungsfrust. Ich stecke nämlich bis zum Hals drin.«
    »Ihr Mann?«
    »Ja, ich werde die Scheidung einreichen.«
    »Sorry! Das wusste ich nicht.«
    Der Kellner kommt und schenkt Wein nach. Sie stoßen erneut an und trinken.
    »Trotzdem, schön, dass Sie hier mit mir sitzen, Elsa.«
    »Meine Tochter ist verliebt. Ihr Freund aus Köln ist zu Besuch. Ich will, dass sie das in Ruhe genießen kann.«
    Bens Stirn runzelt sich zusammen, als sei er gerade dabei, in Windeseile zu altern.
    »So ist das also.« Er lässt die Gabel achtlos neben den Teller fallen.
    Elsa kriegt ein schlechtes Gewissen.
    »Sie sind ein Arschloch in Frauenkleidern, wissen Sie das?«
    Als er sie so beschimpft, fühlt Elsa sich gleich besser.

     
    Sie wacht kurz nach fünf auf. Aus Annas Zimmer dringt leises Kichern zu ihr hinüber. Elsa dreht sich auf die andere Seite und stöhnt. Sie packt sich ihr Kissen und wirft es sich über den Kopf. Sie ist erst seit zwei Stunden im Bett. Die ganze Nacht hat sie mit Ben verredet. Über Gott und die Welt. Zum

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