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Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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verläuft übrigens genau in der Seemitte. Dass der See ein bisschen düster wirkt, wird eine toughe Kriminalpsychologin höchstens zusätzlich reizen.«
    »Informativer Vortrag, Ben«, bedankt sich Elsa. »Die Leiner-Hütte, befindet die sich auf bayerischer Seite?«
    »Eben nicht. Die ist drüben, bei den Austrianern. Wenn wir einen Pass dabei haben, dürfte aber auch das kein Problem sein.« Ben lächelt Elsa verschmitzt zu.
    »Sorry! Ich weiß nicht, ob jemand Stadtversautes wie ich sich gleich auf eine stundenlange Tour einlassen sollte. Wenn’s beruflich sein muss, okay. Aber so, um Flusskrebse zu inspizieren?«
    »War nur ein Vorschlag.« Ben hebt abwehrend die Hände. »Die Krebse hätt ma natürlich hinterher g’schmackig zub’reiten können. Mit einer Spur Knoblauch als Salat, mit Rahm verfeinert als Suppe, wie auch immer.«
    Elsa hat noch nie mit einem Spurentechniker gearbeitet, der es derart oft schafft, sie aufzumuntern. Mit Ben fühlt sie sich in ihre Kindheit zurückversetzt. Nur ein bisschen spielen, dann hat der Tag einen Sinn. Augenscheinlich Bens Motto. Vielleicht sollte sie ihm endlich ein Kompliment für dieses Talent aussprechen. Doch dann lässt sie es bleiben.
    Sie sollte sich möglichst rasch noch einmal mit Maihausers Haushälterin unterhalten. Nicht nur, weil Degenwald die Notiz hinterlassen hat.

     
    Wenig später sitzt Elsa Birgit Leiner gegenüber. Anstatt überrascht über ihren Besuch zu sein, scheint die Haushälterin sich darüber zu freuen. Die kleine, untersetzt und kräftig wirkende Frau schnauft. »Gelobt sei Jesus Christus!«, jammert sie. »Wenn’s oana verdient, Pause z’ machen, dann meine Wenigkeit. G’schuftet hab i heit derartig, dass d’ Hälfte g’nug wär.«
    Mit zwei Tassen starkem Kaffee bewaffnet, gehen sie in Birgits kleines Wohnzimmer. In einem riesigen Korb in einer Ecke liegt ihr Schäferhund. Den kennt Elsa noch nicht. Er wedelt leise mit dem Schwanz, regt sich sonst aber nicht.
    »Als Abschreckung für Einbrecher ist der aber nicht geeignet«, scherzt sie.
    »Wenn S’ sich da net vertun. ’S braucht nur a oanzig’s Wort von mir. Nur a Wort. Dann is Hasso, mei Starker, zur Stelle. Gell, Hasso! Servus, mei Schatzerl.« Birgit krault den Hund ausgiebig. Für Elsas Geschmack zu lange. Sie blickt betreten auf ihre Armbanduhr. Seufzt.
    Als das Kraulen vorbei ist, legt Birgit Leiner los. Sie redet und redet. Mischt Dialekt mit Hochdeutsch, was ein seltsames Kauderwelsch ergibt. Punkt und Komma sind ein Fremdwort für sie. Sie lässt kein gutes Haar an Silke Maihauser.
    »Und Götz Bramlitz?«, fragt Elsa nach. »Ich nehme an, Sie wussten, dass er sich mit Silke traf. Damals.«
    »Sicher! Glauben S’, oane wia i kriegt so was net mit? Pfui Deibel. So a schmutzig’s Mannsbild, der Bramlitz. Dem trau i allerhand zua.«
    »Auch einen Mord«, fühlt Elsa vor, »oder zwei?«
    Birgit überlegt nicht lange. »Alles trau i dem zua, hab i g’sagt. Ois is ois. Oaner wie der?« Sie lacht auf, schüttelt sich dabei, genießt die Emotion – das offensichtliche Angewidertsein – und fängt sich dann wieder. Gerade so wie jemand, der einen doppelten Espresso genießt, hinterher genug davon hat und Abstand von einem weiteren nimmt.
    »Oaner wie der kennt koan Schrecken, a net vor der eigenen Visage. Der Bramlitz, der schaut net in den Spiegel. So oaner, der schafft an. Bei uns, moan i.«
    »Genauso wie Ihr Arbeitgeber, Herr Maihauser.« Elsa prüft jede Regung in Birgit Leiners Gesicht.
    »Beim Fred, des is wos anders. Der Fred Maihauser is a feiner. Hoart kann er scho sei. Aber fei nur in Notfällen.«
    »Wenn die eigene Frau fremdgeht?« Elsa zögert, damit ihr Satz mehr Gewicht bekommt. »Für mich wäre das ein Notfall.«
    »Reden S’ net weiter«, fuhrwerkt Birgit. »Der Fred Maihauser hätt sei Frau nie um’bracht. Nie, schreiben S’ sich des hintr d’ Ohren. So an Notfall hab i net g’moant.«
    Elsa will schon nach der Hütte fragen. Lässt es dann aber bleiben. Die ganze Zeit über hat sie sich in Birgit Leiners Gesicht und in ihrem Wohnzimmer umgesehen. Aber weder in dem einen noch in dem anderen gibt es etwas Interessantes zu entdecken. Birgit scheint durch und durch gewöhnlich zu sein. Eine Frau, die möglichst viel loswerden will, um sich dadurch aufzuwerten. Aber das tun viele, wenn auch auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Ansonsten ist sie unauffällig. Trotzdem, redet Elsa im Stillen mit sich selbst. Die Hütte wird sie sich auf

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