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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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Die Hecke verdursten lassen. Die Straße hinunter dreistöckige Bauten. Lange Reihen. Die Gebäude weiß. Schwarze Ränder die Ritzen in den Fassaden. Unter den Balkonen und von den Dachrinnen braune Wasserspuren. Wäsche aufgehängt. Bei Fenstern heraus Gitter angebracht. Auf den Balkonen die Stricke quer. Zwischen den Häusern und zur Straße hin Gras. Dickes grünes Gras. Ein makelloser Teppich von den Mauern der Gebäude bis an den Gehsteig. Das Gras sah weich aus. Darauf liegen musste ein Vergnügen sein. Selma konnte es fühlen. Die feuchte Kühle im Rücken. Das Kitzeln der Grashalme am Hals. Und in den Himmel schauen. Beim Liegen. Sich in jedem Augenblick des Himmels versichern. Und der Weite. Aber sie hätte aufstehen müssen. Dann wieder. Sie ging. Niemand zu sehen. Alle arbeiten. Die Kinder in der Schule. Ein Telefon klingelte. Durch ein gekipptes Fenster gleich unten war das Klingeln zu hören. Gedämpft. Selma hörte es lange. Das lange Klingeln. Sofort der Gedanke an Katastrophen. An wichtige Mitteilungen. An erwartete Anrufe. An sehnlichst erwartete Anrufe. An die gefürchteten. Sie ging über die Straße. Bog in die nächste nach links. Dann wieder einzelne Häuser. Doppelhäuser. Dann wieder Geschäfte. Kleider vor einem Geschäft auf dem Gehsteig. Sommerkleider. Sie hingen an einer Stange auf Rädern. Helle Farben. Alle Farben. Leuchtend. Hier wieder ein Wind. Neben den Kleidern indische Schals. Vor das Fenster gehängt. Im Geschäft mit den indischen Schals. Selma sah 3 Personen stehen. 2 Männer. 1 Frau. Die Frau trug einen rosafarbenen Folklorerock in vielen Volants. Bis zum Boden. Die 3 standen und starrten auf ihre handys. Sie diskutierten. »Just does not.« sagte die Frau. Verwundert vorwurfsvoll. Auf der anderen Straßenseite waren 2 Geschäfte offen. Ein Mann und eine Frau redeten miteinander. Diskutierten. Verhalten. Sie waren einer Meinung. Sie nickten einander zu. Die Frau schüttelte den Kopf. Immer wieder. Ein Blumengeschäft. Eine Frau hielt eine andere umfangen. Die Tür stand offen. Das Geschäft dunkel. Die beiden Frauen eine Silhouette gegen den Hintereingang. Die eine Frau schluchzte. Die andere hielt sie. »There. There.« hörte Selma. Beruhigend begütigend. Vor einem indischen Imbiss. Chicken Tikka kostete 4 Pfund 50. Rot gestrichene Holztische auf dem Gehsteig. Die Bänke waren gegen die Tische gelehnt und mit Drahtseil festgezurrt. 2 Männer standen in der Tür. Sie starrten auf die Tische und Bänke. Unentschlossen. Der eine schlug mit der flachen Hand gegen den Türrahmen. Immer wieder. Er sagte etwas. Selma wusste nicht, welche Sprache das war. Der andere Mann. Er war sehr jung. Er zuckte mit den Achseln. Er ging auf dem Gehsteig weiter. Blieb stehen. Schaute auf die Tische und Bänke. Die Arme verschränkt. Trotzig. Der ältere Mann schlug noch einmal gegen das Holz. Er schleuderte die Hand hoch. Eine Geste der Verzweiflung und der Aufgabe. Hilflos. Der andere blieb vor der Tür. Den Kopf gebeugt. Die schwarzen langen Haare das Gesicht verdeckend. Die Straße in der Sonne. Die Häuser zu niedrig, lange Schatten zu werfen. Der Gehsteig schmutzig graue Platten. An vielen Stellen ausgebessert. Neue Platten oder die fehlenden Platten mit Teer ausgegossen. Mit Mörtel verstrichen. Aus einer rot gestrichenen Tür lautes Reden. Eine Kleiderstange mit Lederjacken war halb aus der Tür geschoben. Die Auslage noch verschlossen. Ein rotes Brett vor die Fensterscheibe montiert. »Murgatroyd« und »Leather Goods« in weißen Lettern auf dem Brett. Eine Bäckerei. Eine Menschentraube hinten. Bei den Stehtischen. Die Menschen standen ganz ruhig. Schauten in die Ecke. Selma konnte nur den Widerschein des Fernsehbildes auf den Gestalten sehen. Das bläuliche Schimmern auf den Gesichtern. In einer schwarz angemalten Fassade drei Bankomatfenster. Auf der anderen Seite ein Café. Eine Pizzeria daneben. Die Kellnerinnen standen davor. Selma dachte, dass das die Kellnerinnen waren. Eine hatte einen kurzen grünen Faltenrock und eine rote Bluse und ein weißes Schürzchen an. Die drei jungen Afrikanerinnen hielten ihre handys in der Hand. Sie schauten beieinander auf die displays und drückten dann wieder auf ihren Geräten herum. Glitzernde Schals. Mit Strasssteinen bestickte Jeans. Paillettenglänzende Miederoberteile. Die Kleider waren rund um eine weiß gestrichene Tür gehängt. Schimmernd und glitzernd in der Sonne. Aufblitzend im Wehen der leichten Luft. Aus dem Geschäft ein

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