Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
dabei war, etwas zu verbocken? Gut, ich war in letzter Zeit ein bisschen schroff zu manchen Leuten gewesen, und diese Aurox-Heath-Geschichte war frustrierend und verwirrend, aber wollte sie mir sagen, dass ich es verdient hatte, von allen fünf Elementen gleichzeitig abgewatscht zu werden?
Himmel! Bitte nicht! Ich hatte doch nur mein Bestes getan. Okay, ich war genervt und frustriert, aber wenigstens jammerte ich nicht sonderlich viel herum. Also, zumindest in der letzten Zeit nicht.
Da überraschte Aphrodite mich so, dass mein kopfloses Gedankenkarussell (zum Glück!) verstummte: Sie hob die Hand.
»Aphrodite, du hast eine Frage?«
»Ja. Was Sie gerade gesagt haben – dass die Gaben in alten Zeiten stärker waren und öfter vorkamen und dass es so aussieht, als würde sich das wieder ändern: Haben Sie eine Idee, woher es kommen könnte, dass die Kräfte wieder zunehmen?«
»Das ist eine gute Frage. Ich wünschte, ich hätte eine eindeutige Antwort darauf. Ich kann dir nur sagen, dass ich glaube, dieser Wandel hat mit einer großen Verschiebung im Gleichgewicht zwischen Finsternis und Licht zu tun.«
»Vielleicht schenkt uns Nyx die Gaben, damit wir die Verschiebung bekämpfen und die Dinge wieder zurechtrücken können«, sagte Shaunee.
Thanatos nickte. »Vielleicht.«
»Könnte es etwas mit alter Magie zu tun haben?«, fragte Aurox.
Wir alle starrten ihn an.
»Wie kommst du darauf?«, wollte Thanatos wissen.
Er zuckte mit den Schultern und sah verlegen aus. »Die Stiere. Sind sie nicht eine Erscheinungsform der alten Magie?«
»Das ist richtig.«
»Zoeys Seherstein kommt auch aus der alten Magie. Oder?«, sagte Aphrodite.
Ich sah sie finster an.
»Auch das ist wahr.«
»Okay, aber weiß eigentlich irgendjemand, was alte Magie wirklich ist?«, fragte ich. Das Thema ging mir allmählich auf den Geist.
»Schon länger als ich Gezeichnet bin, hat sich die alte Magie nicht mehr außerhalb der Isle of Skye manifestiert«, begann Thanatos langsam, als ob sie sich beim Erzählen erst erinnerte. »Nach allem, was ich darüber weiß, kann ich sie wohl am besten als Energie in ihrer ursprünglichsten Form beschreiben – wild, mächtig und neutral. Die alte Magie ist Schöpfung und Vernichtung zugleich.«
»Vielleicht hingen deshalb die alten Zauber wie Kleopatras Schutzritual so sehr von der Priesterin ab, die sie wirkte«, sagte Damien. »Weil die fünf Großen Rituale ihre Wurzeln in der alten Magie hatten.«
»Das erscheint mir logisch«, sagte Thanatos.
»Aber es erklärt immer noch nicht, was genau sie ist oder warum sie plötzlich wieder aktiv ist«, sagte Aphrodite. »Und dass sie aktiv ist, daran besteht kein Zweifel. Oder, Z?«
Zu meiner Erleichterung ging ihre Frage unter, weil die Tür zum Klassenzimmer aufgestoßen wurde und Kalona hereinmarschierte. Respektvoll verneigte sich der geflügelte Unsterbliche vor Thanatos. »Hohepriesterin, ich habe den Flüchtigen gefangen und zurückgebracht.«
»Sehr gut. Vielen Dank.« Sie drehte sich zur Klasse um. »Die Stunde wird abgebrochen. Bitte geht sofort alle zum Hauptplatz, dorthin, wo die Trauerfeiern stattfinden.«
Während wir uns aus dem Zimmer drängten, sah ich, wie Thanatos leise mit Kalona sprach. Die Augen des Unsterblichen weiteten sich, dann nickte er und verneigte sich noch einmal vor ihr – sehr tief und länger als üblich. Thanatos ging an ihren Schreibtisch, nahm das dort stehende Telefon ab und drückte auf einen Knopf. Aus den Lautsprechern ertönte ihre Stimme. »Alle Schüler und Lehrer sind gebeten, sich auf dem Hauptplatz der Schule um die Bestattungsfläche herum zu versammeln! Die Mitglieder des Schulrates mögen bitte ins Konferenzzimmer kommen. Der Unterricht ist ausgesetzt und wird nach der Versammlung wiederaufgenommen.« Sie schaltete aus und eilte mit Kalona zur hinteren Tür hinaus.
Ich hatte ein ungutes Gefühl. »Was soll das bloß?«
»Keine Ahnung«, sagte Aphrodite. »Aber egal was, es wird vor aller Augen passieren, und uns bleibt zumindest der Rest dieser Stunde erspart. So schlimm kann’s also nicht sein.«
Wir gingen direkt zu der schwarz verrußten Stelle auf dem Hauptplatz, die in letzter Zeit viel zu oft in Gebrauch gewesen war, und bildeten einen großen Kreis darum. Ich hielt Ausschau nach Stark, entdeckte aber weder ihn noch Kalona. Darius gesellte sich zu uns, nahm Aphrodites Hand und sagte, er wisse auch nicht, was geplant sei. Gerade als alle ungeduldig wurden und der Lärmpegel sich
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