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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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‘‘eleusinischen Mysterien’’ empfangen hat.
    Prachtvoll war er, alle lachten herzlich mit ihm. Franz, der Riese, ergriff die Brechwerkzeuge und hebelte unter großem Krachen und Schmettern die Kistendeckel ab, zum Entsetzen des sparsamen Ebersbach, der sie gern erhalten hätte.
    ‘‘Verzweiflung, Wut und Schrecken begleiten ihre Bahn’’, zitierte er aus Faust. Franz sah ihn unwirsch an. Tess musste schon wieder ausgleichen. ‘‘Er’’, ab jetzt der Chef, stand über ihnen, beobachtete, lächelte und – fasste Pläne. Jeder bekam sein Arbeitspensum ansprechend zugeteilt. Als man die Glasröhren, in vier Größen abgestuft, auf den riesigen Regalen verstapelt, gezählt und inventarisiert hatte, wurden die Eisendrähte, ebenfalls in vier Größenordnungen, gleich auf die Arbeitstische verteilt. Riemenschneider selbst übernahm die Feinsten, die zarten, glasähnlichen, mit denen noch niemand anders hantiert hatte, so wie der Feldherr im Altertum stets in der vordersten Schlachtreihe kämpfte. Tess bekam die zweite Stufe, die auch noch zarte Hände erforderte. Ebersbach die dritte und der Riese die Letzte, die Vierzöllige.
    Die Drähte wurden um lange, dünne Glasplatten gewickelt. Lage dicht neben Lage, dann lackiert, einen Augenblick zum Trocknen aufgestellt und in eine Hohlform aus Isolationsmaterial geschoben. So kam Platte neben Platte, sie wurden schließlich sogar, wenn die Form voll war, mithilfe von Schrauben zusammengepresst. Die Drähte durften sich dabei ruhig berühren, da sie ja durch eine dünne Lackschicht voneinander getrennt waren. So war eine metallische Berührung ausgeschlossen und doch ein möglichst geringer Abstand der ‘‘Alleebäume’’ gewährleistet. Wie allerdings Riemenschneider seine haarfeinen Drähte aufreihen und in den gehörigen, unendlich nahen Abstand zu bringen vermochte, war und blieb sein Geheimnis, niemand hat ihm da zugeschaut. Zum Schluss wurde der ganze Drahtrahmen in die Röhre geschoben, worauf Riemenschneider jeden Einzelnen dazu anlernte, seine Röhre mithilfe der Quecksilberluftpumpe zu vakuumieren und an dem Bunsenbrenner zuzuschmelzen. Das war das Vorgehen, das zunächst eingehalten wurde. Das weitere Einbauen in das Magnetfeld, das Zusammenschließen der vier Röhren zu einem System, und was sonst noch alles zur praktischen Anwendung erforderlich war, sollte später vorgenommen werden. Heute ließ Riemenschneider erst einmal die Röhren fertigstellen, für die ersten hundert Stromsteigerungsapparate, die das Kriegsministerium zu dem ersten großen Versuch vor dem Minister und den Spitzen der Armee angefordert hatte. Das Schreiben des Ministeriums ging durch alle Hände, ließ die Augen erglänzen und die Herzen höher schlagen, hob den Mut und füllte die Seelen mit hoher, heiliger Freude; so unmittelbar hatten sie es noch nie gespürt, dass sie an etwas Bedeutungsvollen mitarbeiteten. Selbst Ebersbach ließ die Bitternis fahren, zog die Mundwinkel in die Höhe und versuchte wirklich einmal ein kleines Lächeln. Sehr lieb nickte ihm der Chef zu und strahlte auch die übrigen an. „Wir wollen unsere Sache gut machen, meine Herren, damit es bei der Besichtigung klappt und wir unseren hohen Gönnern beweisen, dass die 40.000 Mark nicht umsonst in diese Sandwüste gesteckt sind.“
    Als alles fertig war, soweit es an diesem Tage fertig gestellt werden konnte, führte Riemenschneider seine drei Assistenten in das Laboratorium, wo es Sitzgelegenheiten gab und das Milieu etwas heimlicher und gemütlicher war.
    „Einiges hätte ich noch mit ihnen zu besprechen, meine Herren“, begann er.
    Tess lächelte ganz leise in sich hinein; ich werde hier immer als Herr gelten, dachte sie.
    „ Über die Arbeitszeit brauchen wir uns wohl nicht lange den Kopf zu zerbrechen; ich denke, wir halten im Großen und Ganzen den Achtstundentag inne, aber wenn die Arbeit mal drängt, wenn es Not an Mann geht, machen wir auch Überstunden. Dafür können wir uns in ruhigeren Zeiten auch einmal etwas Erholung gönnen.“
    Niemand hatte etwas dagegen, die Gesichter blieben fröhlich.
    „Aber nun kommt eine andere, weit schwierigere Frage: Man ist an mich herangetreten betreffend Erweiterung des ganzen Betriebes, darum konnte ich auch nicht“ – zu Tess gewandt – „der freundlichen Einladung ihres Herrn Vetters Folge leisten.“
    „ Das war sehr schade, Herr Professor!“
    „ Das werden wir nachholen, wenn – ja, wenn wir erst in allem – hm – auf festen Füßen

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