Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
und sie hatte vor, ihr Versprechen zu halten, ganz egal, wie verlockend andere Aktivitäten sein mochten. Darüber hinaus würde die Arbeit ihr helfen, nicht an Nash zu denken, und sie davon abhalten, über die seltsame Stimmung nachzugrübeln, in die er verfallen war – eine Stimmung, die sich während des Mittagessens noch verstärkt hatte, bis er so kühl und distanziert wie Kieran gewirkt hatte.
Mit diesem Gedanken öffnete Xanthia die Frontklappe des Sekretärs und begann zu beten, dass sie ein Tintenfass darin finden würde, da sie ihr Schreibset in London vergessen hatte. Zu ihrer Überraschung herrschte im Sekretär ein schreckliches Durcheinander, als wäre er in großer Eile geschlossen worden. Ohne Zweifel von Mrs. Hayden-Worth. Xanthia nahm ein zerknülltes Stück Briefpapier heraus und roch daran. Es verströmte den Hauch des seltsamen Duftes nach Muskat und Moschus. Vielleicht hatten die Dienstboten in der Eile, das Zimmer säubern zu müssen, versäumt, den Sekretär zu öffnen. Auf jeden Fall schienen die Notizen von langweiliger Art zu sein, enthielten sie doch überwiegend Listen hingekritzelter Dinge, die zu tun und zu kaufen waren, sowie Mahnungen von verschiedenen Ladeninhabern.
Ungeduldig begann Xanthia, die wirr durcheinanderliegenden Bögen sauber aufeinanderzustapeln. Inmitten des Durcheinanders fand sie ein abgegriffenes Gebetsbuch, in dessen Einband in Gold die Initialen J. E. C. geprägt waren. Mit einem innerlichen Schulterzucken nahm Xanthia das Buch am Rücken auf, um es zur Seite zu legen. Da sie nicht richtig zugriff, entglitt es ihrer Hand, und ein weiteres halbes Dutzend beschriebener Blätter fiel heraus.
»Verdammt!«, fluchte Xanthia.
Sie begann alles in das Buch zurückzuschieben, so gut sie konnte. Doch ein Bogen, ein zusammengefalteter elfenbeinfarbener Bogen Briefpapier, erregte ihre Aufmerksamkeit. Das Papier war dick und sah aus, als habe es ein kleines Vermögen gekostet. Xanthia drehte es um. Der Brief war an Mrs. Hayden-Worth auf Brierwood adressiert und war offensichtlich aus Amerika geschickt worden. Ungewöhnlich neugierig faltete Xanthia den Bogen auseinander und überflog die Zeilen, die ebenso langweilig wie zuvor die Einkaufslisten waren:
26. März
Geliebte Tochter,
ich habe deinen Brief vom letzten Monat erhalten und hoffe, dass du wohlauf bist. Wie froh bin ich zu hören, dass du am 20. Mai in Cherbourg sein wirst. Ich hoffe, du hast schönes Wetter. Es werden dort zweitausend Pfund auf dich warten. Bitte gib nicht alles auf einmal aus und schreibe mir sofort nach deiner Rückkehr aus Frankreich.
In Liebe,
dein nachgiebiger Papa
PS: Ich gebe die Perlen, um die du gebeten hast, Captain Tobias Bruner von der Pride of Fairhaven mit. Bitte, zähle und vernähe sie sorgfältig, um sicherzustellen, dass keine auf dem Transport verloren gegangen ist. Ich bin sicher, dass sie dich wunderbar kleiden werden.
Nach Xanthias Ermessen war es ein seltsamer Brief, auch wenn sie nicht sagen konnte, was genau die Gründe für diesen Eindruck waren. Jennys Vater schien ein Mann von wenigen Worten zu sein. Er erkundigte sich so gut wie gar nicht nach der Gesundheit seiner Tochter oder teilte ihr Neuigkeiten von zu Hause mit. Doch es war offensichtlich, dass Phaedra recht mit ihren Andeutungen hatte. Jennys Vater verwöhnte sie maßlos – und vielleicht ohne das Wissen ihres Ehemannes. Jetzt konnte Xanthia auch verstehen, warum Jenny es so eilig gehabt hatte, nach Frankreich zu reisen. Zweitausend Pfund von Papas Geld würden für einen ausschweifenden Großeinkauf reichen.
Ein wenig beschämt steckte Xanthia den Brief zurück in das Gebetbuch. Mrs. Hayden-Worth war ihr gleichgültig, doch das war keine Entschuldigung. Sie hätte die fremde Korrespondenz nicht lesen dürfen. So weit wie möglich schob sie den unordentlichen Papierstapel zur Seite und begann ihre Unterlagen auszubreiten.
Als Kieran einige Stunden später ins Zimmer kam, saß Xanthia noch immer am Sekretär. »Willst du dich nicht zum Dinner umziehen, Zee?«, fragte er.
Xanthia schaute überrascht auf und legte den Stift aus der Hand. Das Sonnenlicht fiel durch die Fenster schräg ins Zimmer. »Oh«, murmelte sie.
Kieran kam zu ihr an den Sekretär und zog sie vom Stuhl. »Hoch mit dir, Schwester«, befahl er. »Auch, wenn das alles hier meine Idee war – an den Esstisch wage ich mich dennoch nicht ganz allein.«
Kapitel 14
Ein gewagtes Rendezvous auf Brierwood
I m Dunkel der fast mondlosen Nacht
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