Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
zumindest möchte ich, dass du verstehst, wie unser Leben auf den Westindischen Inseln gewesen ist.«
Er zögerte einen Moment. »Dann würde ich gern hören, was du zu sagen hast.«
Xanthia wählte ihre Worte sorgsam. »Barbados ist eine geschlossene Gesellschaft«, sagte sie. »Eine kleine Insel, auf der sehr wenige privilegierte Weiße leben. Als Gareth als Junge auf die Insel kam und für Luke zu arbeiten begann, haben wir viel Zeit miteinander verbracht. Zwischen uns entstand eine Art Freundschaft. Man könnte sagen, wir sind zusammen aufgewachsen. Keiner von uns wurde übermäßig stark beaufsichtigt.«
»Ich denke, ich verstehe«, sagte Nash. »Wie alt warst du damals?«
Xanthia zuckte mit den Schultern. »Vierzehn vielleicht?«, erwiderte sie. »In jenen Tagen bin ich Luke im Büro ein wenig zur Hand gegangen, habe Tee gekocht, die Böden gewischt – alles, um in der Nähe meines Bruders zu sein, den ich angebetet habe.«
»Ich habe das Gleiche für Petar empfunden«, bekannte Nash.
Sie lächelte ein wenig traurig. »Luke fand Gareth an den Docks. Er sah ziemlich verloren aus«, sagte sie. »Er war nur wenige Monate älter als ich. Wir haben ihn erst als Laufburschen und bald im Büro angestellt. Er hat Verträge kopiert und solche Dinge.«
»Wo war seine Familie?«
»Ich weiß es nicht. Er hat nie wirklich darüber gesprochen. Aber ich weiß, dass seine Eltern tot sind. Er war eine Waise – wie wir. Jahrelang waren wir ... nun, die besten Freunde. Aber wir wurden älter und begannen getrennte Leben zu führen. Eines Abends, wir hatten noch bis spät gearbeitet, zog ein schrecklicher Sturm auf – fast schon ein Hurrikan. Ich hatte die Angestellten nach Hause geschickt, und Kieran war im Inselinnern bei einer der Mühlen. Gareth und ich saßen allein im Büro fest.«
»Du liebe Güte.« Nash nahm ihre Hand und drückte sie. »Du musst schreckliche Angst gehabt haben. Wie alt warst du?«
»Oh, ich war eine erwachsene Frau – fast zwanzig.« Ihre Stimme war leise, durchdrungen von Erinnerungen. »Wir hatten beide Angst. Nur selten ziehen derartige Stürme über Barbados hinweg. Das Meer tobte, sogar die Careenage war sturmumtost. Wir waren in einem Wirbelwind aus Trümmern gefangen, Dachschindel, zerrissene Segel und Palmwedel flogen am Fenster vorbei. Dann zerschlug etwas Metallenes die Fensterscheibe – ich glaube, es war ein Teil von einer Ankerwinde – und verfehlte meinen Kopf um nur wenige Zentimeter.«
Nash zuckte zusammen. »Du hättest getötet werden können.«
Sie nickte. »Das war uns nur allzu bewusst. Wir schoben Möbelstücke an die Wand, gegen die der Wind drückte, und suchten dahinter Schutz. Und dann ... Nun, wir haben uns aneinandergeklammert. Im Nachhinein betrachtet kann ich sagen, dass wir davon überzeugt waren, sterben zu müssen.«
»Du hast Glück gehabt, überlebt zu haben.«
»Es gab einige, die es nicht hatten«, sagte sie grimmig. »Aber was ich mit Gareth an jenem Tag getan habe – es kommt mir heute so dumm vor. Aber es war nicht nur dieses eine Mal, Nash. Danach ging es noch Monate weiter.«
»Vielleicht war es ein wenig dumm, Liebes«, murmelte Nash und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr, »aber du mochtest ihn, und solche Dinge geschehen. Nichtsdestotrotz war es falsch von Lloyd, weiterhin Nutzen aus der Zuneigung einer Lady zu ziehen.«
Sie wandte rasch den Kopf ab. »Er hat meine Zuneigung nicht ausgenutzt. Ich ... ich denke, dass es eher umgekehrt war. Er wünschte sich sehr, mich zu heiraten. Er hatte schon zu Beginn der Liaison vorausgesetzt, dass wir heiraten würden – und als ich ablehnte, versuchte er mich zu überreden. Da ich mich weiterhin weigerte, ging Gareth zu Kieran und bat ihn um meine Hand. Er glaubte, dass ... dass ich ihm gehören würde, weil er mir meine Jungfräulichkeit genommen hatte. Aber ich halte dieses Denken für mittelalterlich.«
Nash legte eine Fingerspitze unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. »Das zählt jetzt nicht mehr, Zee. Ich kann mir vorstellen, dass Barbados ganz anders ist als England.«
»Auf tausend verschiedene kleine Arten, ja«, stimmte sie zu. »Wir haben keine Almack’s -Anstandsdamen, die unsere gesellschaftliche Hierarchie beherrschen. Auf Barbados gibt es ein Gefühl von Zeitlosigkeit, das schwer zu erklären ist. Jeder Tag scheint nahezu hypnotisch dem anderen zu gleichen – wunderschön, natürlich –, doch nach einer Weile kann man kaum noch die Welt jenseits des Horizonts
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