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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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bedeckt, die nach Farben angeordnet waren. Goldfinken bildeten den gelben äu- ßeren Rand; hellgraue Meisen saßen dicht an dicht auf ihren Armen, Zaunkönige hockten auf ihren Schultern wie ein gefiedertes Cape. Die Magie brachte die Luft zum Knistern. Doch die Vögel saßen ganz still und blinzelten langsam, Sänger, Königsvögel, Pirole - sie alle bildeten ein kompliziertes, wunderschönes Muster voller Energie und Leben und kleinen, schnell schlagenden Herzen.
    Es war einer der schönsten Anblicke meines Lebens, aber ich fragte mich trotzdem, wie sie wohl auf die Idee gekommen war, das auch nur zu versuchen. Zugegeben, wir hatten alle zu viel Zeit, aber ...
    »Ist das nicht unglaublich?«, flüsterte Bea und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ich finde es einfach fantastisch.« »Ja, das ist schon etwas Besonderes.« Ich konnte nicht wegsehen - so viele glänzend schwarze Augenpaare, die dumpf in die Ferne blickten, als stünden sie unter Drogen. Mir drehte sich der Magen um und ich bedauerte plötzlich, dass ich hier war, dass ich zugestimmt hatte, ein Teil davon zu sein. Wieder eine klassische Fehlentscheidung.
    »Danke, danke«, sagte Kim und deutete eine Verbeugung an. »Aber ich kann es nicht länger aufrechterhalten, und deshalb -« Sie atmete aus und sagte ein paar Worte, die die Vögel aus ihrer Erstarrung befreiten. Ich wartete darauf, dass sie die Köpfe schüttelten, wieder zu sich kamen und verdutzt in die Nacht davonflogen.
    Doch als die ersten von uns schon auf dem Weg zur Treppe waren, sah ich, wie die Vögel die Augen schlossen und wie ihre kleinen Köpfe zur Seite kippten. Dann fiel einer nach dem anderen von Kims Rücken und landete auf dem Dach. Tot. »Upps«, sagte Harry. »Das sind wohl Einwegvögel, was?« Die anderen lachten und Kim zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ja, sie vertragen es nicht allzu gut.« Sie gingen zur Tür und kurz darauf war ich allein auf dem Dach dieser Bostoner Bar, mit grauenhaften Kopfschmerzen, einem widerlichen Geschmack im Mund und hundert wunderschönen bunten Singvögeln zu meinen Füßen, deren weiche gefiederte Körper bereits kalt wurden.

9
    In dieser Nacht kamen die Träume zurück.
    Ich verließ das Clancy's gleich nach Kims Zaubertrick. Ich war die Einzige, der es etwas ausgemacht hatte, die Einzige, in deren Magen die Drinks schon beim Gedanken an die toten Piepmätze sauer wurden. Und da ich ohnehin grau— envolle Kopfschmerzen hatte und mir total übel war, hatte ich eine gute Entschuldigung. Beatrice, Kim und die anderen sahen mich trotzdem verständnislos an.
    Es war ungefähr Mitternacht, ich war wieder im Hotel und fühlte mich schmutzig. Ich hatte Angst, nicht schlafen zu können, aber Erschöpfung und Sorge ließen mich in eine tiefe Bewusstlosigkeit fallen, die mich direkt in die Schrecken meiner Kindheit zurückversetzte, zurück in die Nacht, in der sich mein Leben das erste Mal total veränderte.
    ***
    Ein Gefühl von einem donnernden Beben weckte mich und ic sah hinüber zu meiner großen Schwester Eydis, mit der ich das Bett teilte. Donnerte es draußen? Ich liebte Gewitter. Ich sah zu dem kleinen Fenster mit den dicken Scheiben aus echtem Glas. Draußen flackerte Licht. Ein Blitz? Oder eher  ein Feuer?
    Das Geräusch ertönte wieder, ein enormes, hohles Dröhnen, das unser Bett zum Beben brachte. Ich sah, wie Eydis verschlafen blinzelte, und im nächsten Augenblick wurde unsere Zimmertür aufgestoßen. Unsere Mutter stand dort, mit großen Augen. Ihre Leinenkappe, die sie in der Nacht trug, war verrutscht und das lange, goldene Haar fiel ihr über den Rücken.
    »Moöir?«, sagte ich.
    »Schnell!«, rief sie und warf uns Umhängetücher zu. »Steht auf! Zieht eure Schuhe an! Beeilt euch!«
    »Was ist los, Moöir?«, fragte Eydis.
    »Keine Zeit für Fragen! Macht schnell!«
    Ich spürte wieder das Dröhnen in den Ohren, als ich die Füße in meine Winterschuhe schob, die aus Elchhaut genäht und mit Kaninchenfell gefüttert waren. Es war eiskalt im Zimmer; das Feuer war ausgegangen und auf den Steinwänden hatte sich eine Eisschicht gebildet.
    Auf dem Flur trafen wir auf meinen Bruder Sigmundur, der mit fünfzehn schon so groß war wie mein Vater. Er hatte meinen kleinen Bruder Häakon an der Hand. Tinna, meine älteste Schwester, war bereits in ein dickes Wolltuch gewickelt und die langen blonden Zöpfe hingen ihr über die Schultern.
    »Kommt, Kinder, schnell!« Meine Mutter

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