Entflammt
wie er mich da findet!« Eigentlich war das gar keine schlechte Idee ... Ich bestellte einen weiteren Drink und verspürte eine angenehme Wärme im Magen, ein sanftes Entspannen aller Muskeln.
»Perfekt!«, jubelte Bea und tat so, als zöge sie einen Reißverschluss an ihren Lippen zu.
»Bea!« Am anderen Ende der Bar rief jemand ihren Namen und Beatrice fuhr aufgeregt herum.
»Kim!« Küsschen, Küsschen, Küsschen.
Kim war cool und elegant, eine wunderschöne Blondine, die in den Siebzigern ein Topmodel gewesen war, natürlich unter einem anderen Namen. Es hatte sie fast umgebracht, dass sie irgendwann so tun musste, als würde sie altern, um dann von der Bildfläche zu verschwinden. Doch ihr blieb keine andere Wahl: Entweder sie verschwand oder sie ertrug all die Gerüchte über Schönheits-OPs.
»Hey, Kim«, sagte ich lächelnd.
»Nastasja «, sagte sie. Küsschen, Küsschen. »Ich habe dich kaum erkannt. Wann hast du dir die Haare abgeschnitten?« »Oh, keine Ahnung«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Und dieses Schwarz.« Sie musterte mich kritisch. »So ... grell bei deiner Hautfarbe.«
»Ja, ich bin so farbenfroh wie der Frühling«, witzelte ich. »Nein«, sagte Kim mit einem Kopfschütteln. »Nein, bist du nicht. Du bist der Winter mit deiner blassen Haut und diesen merkwürdig dunklen Augen. Habe ich eigentlich jemals deine echte Haarfarbe gesehen?« Kim liebte diesen ganzen Kram, Frisuren, Klamotten, Make-up und so.
»Äh, keine Ahnung«, sagte ich wieder. »Was gibt's denn bei dir Neues?«
Bea erzählte Kim von meiner verrückten Wette mit Incy und Kim versprach lächelnd mitzuspielen. Das war eine geniale Idee gewesen. Dann berichtete sie, was sie in letzter Zeit getrieben hatte, was, wie sich herausstellte, eine Menge war. Genau das hatte ich doch gewollt, oder? Lichter und Lärm und Drinks und Leute, mit denen ich reden konnte. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass sich die langenFangarme von Incys Einfluss bis hierher erstrecken würden. Aber das war auf jeden Fall besser als dieses kalte, leere Haus in West Lowing. Und doch ... die Erinnerung daran, an den Duft in der Küche, das Lachen, das Knirschen der Blätter unter meinen Füßen, der Geruch von Reyns Flanellhemd, als neben mir stand ... all das fehlte mir plötzlich und ich atmete tief ein.
»- und da dachte ich, ich schau mal im Clancy's vorbei«, beendete Kim ihren Bericht.
»Ah.« Ich öffnete meine Augen etwas weiter und kippte den Rest von meinem Drink.
Die Barfrau stellte mir wortlos einen neuen hin. Ich nickte zum Dank und schob ihr einen Zehner über den Tresen. »Kim!«, rief Bea, der ein Gedanke gekommen war. »Zeig Nastasja dein Ding!«
Häh?, dachte ich.
»Ach das.« Kim machte ein bescheidenes Gesicht. »Das ist doch nur ein Partytrick.«
»Nein, nein, du musst es tun«, drängte Bea und saugte an dem winzigen Strohhalm in ihrem Drink. »Es ist total cool.« Sie drehte sich zu mir. »Kim hat dieses Ding selbst erfunden und es ist göttlich. Kim, du musst es ihr unbedingt zeigen. Und sieh doch, da sind Leo und Justin. Und Susie. Die wollen das garantiert auch sehen!«
»Also gut, wenn du darauf bestehst.« Kim errötete wunderschön und glitt vom Barhocker. Bea rannte los und fing an, Leute heranzuholen, nur Unsterbliche und niemand, den ich kannte.
»Kommt mit!«, sagte Bea und winkte uns in den hinteren Teil der Bar.
Sie ging mit ungefähr neun von uns durch ein dunkles Hinterzimmer zu einer morschen Treppe, die nach oben führte.
Und wir marschierten hoch. Und höher. Und noch höher.
Wie stiegen vier Stockwerke hoch, dann stieß Bea eine schwarze Metalltür auf und wir waren auf dem Dach des Gebäudes. Es roch nach kaltem Teer, Holzrauch und dem Küchenmief vom Restaurant nebenan.
Die meisten Gebäude in dieser Gegend waren höchstens sechs Stockwerke hoch, denn höher konnte eine Zisterne das Wasser allein durch die Schwerkraft nicht pumpen, was entscheidend gewesen war, als diese Häuser gebaut worden waren.
Auf den Dächern der Umgebung standen sogar noch einige von diesen Zisternen, verrostetes Metall auf drei Spindelbeinen, an denen die Überreste kleiner Leitern hingen.
»Alles klar«, sagte Bea. »Das ist total cool. Aber ihr müsst jetzt alle eure Drinks wegstellen und die Zigaretten ausmachen. Sind neun Leute genug?«, fragte sie Kim.
»Das müsste reichen. Können wir einen Kreis bilden und uns an den Händen halten?« Kim
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