Entflammt
meinem Brett fertig und hielt das nächste fest, damit Brynne es annageln konnte.
»Was ist passiert?« Ihre Story war faszinierend.
»Mein Vater erkannte natürlich, dass meine Mutter unsterblich ist. Sie warteten einfach, bis seine Frau starb, und brannten dann zusammen durch. Er verkaufte die Plantage und ließ alle Sklaven frei.« Sie lachte. »Die beiden sind heute noch zusammen. Ich habe zehn Geschwister. Vielleicht lernst du ein paar von ihnen kennen - sie kommen gelegentlich hiervorbei.«
Ich reichte ihr einen Nagel und dachte darüber nach. Ich kannte nicht viele glückliche unsterbliche Paare, aber an—scheinend war dies eines. Und die beiden hatten elf weitere Unsterbliche in die Welt gesetzt. Es war irgendwie komisch,ohne Ende Kinder kriegen zu können, sodass man schließ- lich Geschwister hatte, die hundert Jahre älter waren. Ich hatte ein paar kennengelernt. Meine eigenen Geschwister waren alle nur ein oder zwei Jahre auseinander gewesen, aus welchem Grund auch immer.
»Was ist mit dir?«, fragte ich schließlich Jess.
»Ich will nicht darüber reden«, sagte er mit seiner gruftigen Stimme und heftete das nächste Brett an.
Dann eben nicht.
»Kennst du auch die Geschichten der anderen?«, fragte ich beiläufig. »Die von Lorenz oder Nell? Oder die von Reyn?« Oh ja, ich bin so subtil. Es fällt gar nicht auf.
Brynne zuckte leichthin mit den Schultern. »Sie können ihre Geschichte selbst erzählen. Ich weiß, dass Lorenz ungefähr hundert ist und aus Italien stammt, wie man sieht. Ich glaube, seine Familie war mit der von River befreundet. Nell ist aus England und erst achtzig oder so. Über Reyn weiß ich nicht viel. Ich glaube, er sagte mal, dass er so um die zwei—hundertsechzig ist? Ungefähr jedenfalls. Und Holländer. Alles andere musst du ihn selbst fragen.«
Ich nickte nachdenklich.
»Was ist mit dir?«, fragte Jess. Seine Stimme hörte sich an, als würde man eine Dose mit rostigen Nägeln schütteln. Mein erster Instinkt war, genauso geheimnistuerisch wie er zu antworten - aber ich war schließlich hier, um zu wachsen und zu lernen, mich selbst zu lieben, oder etwa nicht? »Ich bin älter.«
Brynne grinste. »Okay, Wie alt? Woher kommst du? Wie ist deine Story?«
Und von einer Sekunde auf die andere brach die Düsternis meiner Vergangenheit wieder über mich herein und ich konnte nichts preisgeben, konnte nicht am normalen Geben und Nehmen einer Unterhaltung teilnehmen.
Ich sah Brynne an und ich schätze, sie sah den Schmerz in meinen Augen, denn ihre erwartungsvolle Miene verschwand und sie tätschelte meinen Arm. »Schon gut«, sagte sie. »Manche Wege sind länger und härter als andere.« Ich nickte stumm und dachte, dass manche Wege auch schnurstracks in die Hölle führten.
***
Abends bereiteten wechselnde Zweier-, manchmal auch Dreier-Teams das Abendessen zu. Andere machten dann denAbwasch. Der Rest ging jeden Abend spazieren, auch wenn es regnete oder bitterkalt war. Manchmal wurde ich gezwungenmitzugehen, obwohl ich es hasste, im Dunkeln in der Natur zu sein. Mit den anderen fühlte es sich aber nicht mehr ganz so bedrohlich an und ich hielt mich immer in der Mitte der Gruppe, denn wenn uns etwas angriff, musste es sich erst durch die anderen durchfressen, bis es mich erwischen konnte.
Hey, wenn ich total rational wäre, wäre ich nicht hier. »Warum legen wir nicht alle zusammen und kaufen eineKartoffelschälmaschine?«, fragte ich ein paar Tage später beim Schälen eines Riesenbergs Kartoffeln. Ich hatte die blödenDinger erst zwei Tage zuvor aus der Erde gewühlt und immer noch das Gefühl, Dreck unter den Nägeln zu haben. Leider war nicht jede Aufgabe so befriedigend wie das Ein schlagen von Nägeln. »Oder leisten uns zumindest eine Haushälterin? «
Asher, der neben mir den Kohl wusch, grinste. »Ja, davon träumen einige hier,«
»Du bist hier Lehrer«, sagte ich. »Hast du das Nirwana noch nicht erreicht? Genießt du noch nicht jede Minute desKohlwaschens?«
Asher lächelte wieder. »Au contraire, mon petit chou. Ich genieße jede Minute. Aber es ist wichtig, dass du erkennst, dass du nicht nur x, y und z abhaken musst, um glücklich zu sein, und dich dann für den Rest deines langen Lebens entspannen kannst.«
Sein Sinn für Humor überraschte mich und ich erkannte, dass er dem von River ebenbürtig war. Oft drang Lachen aus dem Garten, dem Hof, den Fluren - den anderen schien es hier ganz gut
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