Entflammt
Richtung davon.
Die beiden waren echte Nervensägen.
***
River und Solis hatten offenbar entschieden, dass ich noch Lichtjahre von irgendwelchen Unterrichtsstunden entfernt war, und so ließen sie mich stattdessen arbeiten. Mal war ich tödlich gelangweilt, mal überfiel mich eine Verzweiflung, die so schrill war wie Fingernägel, die über eine Tafel kratzen. Ich meine, bisher hatte ich alles, was ich hier tat, mit Absichtgemieden. Und zwar seit Jahrzehnten, wenn nicht sogar seit Jahrhunderten.
Doch ich hatte inzwischen sogar eine Aufgabe gefunden, die mir Spaß machte: mit einem Hammer auf etwas draufzudre—schen. Heute reparierten Brynne, Jess und ich einen Teil der Holzverschalung an der Scheune, in der der Unterricht statt—fand. Ich musste daran denken, wie anders diese Tätigkeit war als alles, was ich mit Incy und Boz in London gemachthatte. Würden wir jetzt einen super Urlaub planen? Zu den unvermeidlichen Partys gehen? Uns von einer wilden Nachterholen? Taxifahrer verkrüppeln? Das alles war irgendwie so sinnlos. Aber ich reparierte eine Scheune. Nützlich, was?»Erzähl mir von dir, Brynne«, sagte ich und fuhr mir mit dem Ärmel über die Nase. »Was führt dich hierher?« Brynne hielt ein Brett fest, damit Jess es mit ein paar schnell platzierten Nägeln anheften konnte. Danach hämmerten wir es dann ordentlich fest.
»Ich komme ungefähr alle zehn Jahre her und bleibe dann für ein Jahr oder so«, sagte Brynne. Heute trug sie über ihrerstrammen Schneckenfrisur ein buntes Kopftuch. Sie sah wirklich gut aus, wie ein Teenager-Model und so elegant wie ein Leopard. Ein Leopard in einem Overall und einem uralten grünen Pulli. Sie grinste mich an und erhellte damit dendüsteren Nachmittagshimmel. »Meistens nach einer fiesen Trennung. River nimmt mich auf, bringt mich wieder zum Lachen, ich frische ein paar Fähigkeiten auf, und wenn ich mich wieder gut fühle, verschwinde ich.«
Ich musste an Reyns Bemerkung über die streunenden Hunde denken und versuchte, keine Miene zu verziehen. »Aha. Was für Fähigkeiten?«
Brynne zuckte mit den Schultern. »Magie, Kochen, Gartenarbeit und so, Ein Jahr habe ich River geholfen, ein paar der Zimmer zu streichen. Ein Jahr habe ich mich ganz aufs Backen konzentriert. Ein Jahr habe ich nichts anderes getan als Edelstein-und Kristall-Magie zu studieren. Ein Jahr – erinnerst du dich daran, Jess? Da bin ich hergekommen und habe allen beigebracht, wie man Hip-Hop tanzt.« Sie lachte und warf dabei den Kopf zurück.
Jess, der eine Ladung Nägel zwischen den Lippen hatte, grunzte nur. Anscheinend stand er nicht auf Hip-Hop. »Wie alt bist du? Ich meine, nur wenn es dir nichts ausmacht, es zu sagen.«
Brynne überlegte einen Moment. »Ohh. Zweihundertvierunddreißig. Wow.« Sie lächelte wieder.Sie sah keinen Tag älter als achtzehn aus.
»Wie hast du River kennengelernt? « War es ungehörig, sie so auszufragen? Ich wusste es nicht.
»Okay.« Jess nickte mir zu und deutete auf das Brett. Ich setzte einen Nagel an und ließ den Hammer daraufknallen. Die beste.. Aller. Aufgaben.
Brynne hörte auf zu lächeln. »Ich habe mich über jemanden geärgert und ihn in Brand gesteckt.«
Ich blinzelte und ging die Worte noch einmal im Kopf durch. Hatte sie das wirklich gerade gesagt? Jess schaute nichteinmal auf. Ich beschloss, meinen Unterkiefer herunterklappen zu lassen.
»Im Ernst?« Komisch, sie kam mir gar nicht wie eine Psychopathin vor ... aber dann musste ich an einige der Dinge denken, die ich gemacht hatte, dachte an Incys Taxifahrer und griff nach dem nächsten Nagel.
»Es war kein echtes Feuer«, sagte Brynne und lehnte sich gegen das Brett, damit es nicht verrutschte. »Es hat ihn nichtwirklich verbrannt. Aber ich wollte ihn zu Tode erschrecken und das hat geklappt. Auf jeden Fall kam River gerade dieStraße entlang - es war in Italien, vielleicht so um 1910? 1913? Jedenfalls vor dem Ersten Weltkrieg. Sie hat genaugesehen, dass ich Magie missbraucht habe, und kam zu mir, um mir einen Vortrag darüber zu halten.«
»Und dann bist du einfach hergekommen?«
»Oh, nein. Ich habe ihr eine geknallt.«
Jess kicherte und hielt mir den nächsten Nagel hin. »Aber schließlich bin ich doch hergekommen. Das erste Mal 1923. Nach dem Krieg.«
»Woher kommst du?«
»Louisiana. Meine Mutter war eine Sklavin aus Afrika. Mein Vater ein weißer Landbesitzer. Ha! Versuch mal, einunsterblicher Sklave zu sein!«
Ich war mit
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