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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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hing, aber der Topf war leer und so schleuderte er ihn mit Gebrüll quer durch die Hütte. Den Topf, den ich kaum anheben konnte. Der Wasserkrug war auch leer und es war nur noch eine alte Brotrinde da. Außer sich vor Wut trat der Plünderer den kleinen Tisch um und zerschmetterte den Stuhl am Schornstein. Wir hatten natürlich von ihnen gehört, den brutalen Kriegern aus dem Norden - jedes Dorf hatte Horrorgeschichten über sie zu berichten. Aber niemand hatte erwartet, dass sie die Steppe im Winter durchqueren würden; das käme einem Todesmarsch gleich. Wir hatten uns geirrt.
    Der Mann machte kehrt, um wieder zu gehen, aber etwas stoppte ihn, ein kleiner Laut. Er fuhr herum und sein harter Blick suchte den dunklen Raum ab. Das Chaos draußen schien leiser zu werden, als ich den Atem anhielt.
    Er entdeckte mich in der nächsten Sekunde und riss mich an einem Arm aus meinem Versteck. Würde er mich gleich töten, mir den Kopf abschlagen und ihn wegschleudern, oder würde er Dinge mit mir machen, bei denen ich um den Tod betteln würde? Darum beten, obwohl ich doch wusste, dass diese Gebete auf Gottes taube Ohren stoßen würden? Er brüllte auf wie ein Tier und warf mich aufs Bett. Er war fast doppelt so groß wie ich und mit dem Gestank des Krieges verpestet - Blut und Schweiß - und ich schlug die Hände vors Gesicht, als er mit einem Keuchen meinen Rock und den zerlumpten Unterrock hochriss.
    Lass es bald vorbei sein, lass es bloß bald vorbei sein, wiederholte ich in Gedanken immer wieder.
    Er griff an die Vorderseite seiner Hose, doch dann lenkte ihn erneut ein leises Geräusch ab. Er drückte mich mit einer Hand herunter und suchte wieder den Raum ab. Wir hörten es beide: das Weinen eines Babys. Ich packte seinen Arm, als er auf die Quelle des Geräuschs zuging, und versuchte, mich an alle Barbarenworte zu erinnern, die ich je gehört hatte. Ich hechtete hinter ihm her und griff wieder nach seinem Arm, aber er schüttelte mich ab, als wäre ich ein welkes Blatt.
    Mit seinem blut-und schlammverkrusteten Stiefel trat er den alten Waschzuber weg, den ich in der Ecke an die Wand hatte. Und fand meinen Sohn.
    Er sah von mir zu meinem Sohn, der kaum drei Monate alt war, und seine Augen verengten sich. Ich brach zusammen und kniete zu seinen Füßen, bereit, alles zu versprechen, alles zu tun, aber dann ließ uns ein erneutes Krachen an der Tür herumfahren.
    Ein zweiter Barbar, kaum als menschliches Wesen zu erkennen, brüllte meinem Angreifer etwas zu, und als dieserzögerte, wiederholte er es wesentlich eindringlicher. Dann kam ein weiterer Barbar herbeigeeilt.
    Nach endlosen Momenten, in denen die Zeit stillzustehen schien, zischte mein Angreifer irgendwelche Flüche, stieß mich zu Boden und stürmte hinaus - nicht ohne auf dem Weg unseren einzigen Tonkrug zu zerschlagen. Ich kroch zu meinem Sohn, nahm ihn in den Arm und blieb in der Dunkelheit sitzen, während draußen die Plünderer vorbeizogen. Ich schloss die Augen und sang Wiegenlieder, ganz leise, und dann -
    ***
    »Nastasja? Nastasja?«
    Ich blinzelte.
    Es war dunkel und ich lag auf dem Boden meiner Hütte - nein, ich lag auf der Erde. Auf feuchter, mit Blättern übersäterErde, und ich blinzelte River, Solis, Anne und ein paar andere an, die sich besorgt über mich beugten. Benommen schluckte ich mehrmals und schnupperte nach dem widerwärtigen Gestank von Kampf und Tod, von brennenden Häusern und brennendem Fleisch und niedergemachtem Vieh und -
    »Nastasja?« River sah sehr besorgt aus.
    Die Luft roch gut. Nach Wald. Sauber.
    Der Zirkel stürzte wieder auf mich ein, das Gefühl der Freude, die wachsende Kraft, und dann war die Hölle losgebrochenund hatte mich ein paar Jahrhunderte zurückgeschleudert. »Was ist los mit ihr?«, hörte ich Nell fragen. Jemand sagte »Psst« und Nell murmelte in einiger Entfernung: »Muss sie immer so eine Show abziehen?«
    »Weißt du, wo du bist?«, fragte Solis.
    Ich nickte und versuchte, mich aufzusetzen.
    »Nein, bleib liegen«, sagte River. »Berühre den Boden mit deinem Körper. «
    Ich schüttelte den Kopf. »Mir ist schlecht.« Ich kämpfte mich auf Hände und Knie und stolperte dann auf ein paar büsche zu, die nicht vom fast heruntergebrannten Feuer angeleuchtet wurden. Und dort übergab ich mich so heftig, dass es mich nur wunderte, dass nicht auch der wässrige Haferschleim und die letzte Rübe der Saison aus meiner Erinnerung mit

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