Entflammte Herzen
gleichzeitig versuchte, Mandy aufzuhelfen und mit dem unhandlichen Gewehr zurechtzukommen. »Und du wirst nirgendwohin gehen. Komm jetzt. Und beeil dich bitte, sonst entkommt er noch.«
»Lass ihn gehen«, bestürmte Mandy sie. »Bitte, glaub mir, er ist ein wahrer Teufel!«
Emmelines Gesicht war ernst, und ihre Augen schienen bis in Mandys Herz zu blicken. »Und genau aus diesem Grund können wir ihm die Sache auch nicht einfach durchgehen lassen.«
Kapitel 12
D as Wohnhaus auf der Circle C-Ranch war ein quadratisches Gebäude aus Naturstein und Mörtel, und obwohl es bedeutend kleiner war als sein Gegenstück auf der Triple M, bot es ein beeindruckendes Bild an jenem Nachmittag, als Kade sich gemächlich näherte. Er hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl im Magen - vielleicht empfand er Neid, aber Furcht ganz sicher nicht -, als er das Haus betrachtete. Chandler, dieser hinterlistige alte Bussard, dem die Ranch vorher gehört hatte, hatte immer geschworen, wenn ihn je das Fernweh überkäme und er beschlösse zu verkaufen, würde Angus der Erste sein, der es erführe.
Stattdessen hatte er an Cavanagh verkauft, hinter dem Rücken der McKettricks und in aller Heimlichkeit. Und dann hatte er sein Geld genommen und war ohne ein Wort des Abschieds oder der Erklärung fortgegangen.
Kade verdrängte seine bitteren Überlegungen, so gut er konnte, und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Holt war mit einigen anderen Männern auf dem Dach der Scheune und brachte neue Schindeln an, und Kade wusste, dass sein Halbbruder ihn schon von weitem kommen gesehen haben musste. Cavanagh begrüßte ihn jedoch weder mit einem Winken noch mit einem Blick und nahm sich alle Zeit der Welt, um die hohe Leiter hinabzusteigen, die an der Wand lehnte. Als er dann aber auf Kade zuging, war sein Blick direkt und offen und sein Ausdruck beinahe freundlich. Er war ein großer Mann, so groß wie Rafe, mit braunem Haar und klugen braunen Augen. Er trug Arbeitskleidung, und sein Schritt war ruhig und gleichmäßig, obwohl er sich vor einigen Monaten ein Bein gebrochen hatte, als ein Stapel Bauholz sich aus den Ketten gelöst und ihn beinahe unter sich zerquetscht hätte. Damals hatte Holt sieh noch als ganz gewöhnlicher Rancharbeiter ausgegeben und mitgeholfen, Rafes und Emmelines erstes Haus zu bauen, das Haus, das Rafe später in einem Wutanfall in Brand gesteckt hatte.
»Ich würde ja sagen, ich freue mich, dich zu sehen«, bemerkte Cavanagh mit seinem honigweichen Südstaatenakzent, »aber wenn ich mir deinen Gesichtsausdruck ansehe, bin ich mir da nicht mehr ganz so sicher.«
Kade saß ab und blieb vor dem Mann, den er als Eindringling betrachtete, stehen. Er reichte ihm nicht die Hand, und auch Holt verzichtete darauf, ihm die seine anzubieten. »Ich habe einiges mit dir zu besprechen«, erklärte Kade.
Die Arme vor der Brust verschränkt, stand Cavanagh da und wartete. Es wäre nachbarschaftlicher gewesen, Kade eine Tasse Kaffee anzubieten oder zumindest Wasser für das Pferd, aber Holt stand mit keinem der McKettricks auf freundschaftlichem Fuß. Während Angus seinen erstgeborenen Sohn sogleich in der Familie hatte aufnehmen wollen, damals, bevor die Probleme ohnedies begonnen hatten, waren Rafe, Kade und Jeb nicht ganz so ohne weiteres bereit, ihn anzuerkennen. Es stand zu viel auf dem Spiel für sie.
Kade streifte seine Reithandschuhe ab und stopfte sie in seine Manteltaschen. »Gestern Nacht wurde das Gehöft von Siedlern westlich unseres Landes in Brand gesteckt. Jemand benutzte ein Brandeisen der Triple M, um einen Baum zu kennzeichnen, damit sie uns die Schuld daran geben konnten.«
Holt zog eine Augenbraue hoch, verlagerte ein wenig sein Gewicht und ließ seine Arme unverändert vor der Brust verschränkt. »Ach ja?«
Eine jähe, völlig aus dem Zusammenhang gerissene und gänzlich ungewollte Neugierde erfasste Kade, und er begann sich zu fragen, wo Holt wohl aufgewachsen und zur Schule gegangen war, wo er gelebt hatte, was für Menschen er gekannt und was er erlebt hatte, bevor er nach Indian Rock gekommen war. Er hatte jedoch nicht die Absicht, Holt auch nur irgendeine dieser Fragen zu stellen, und gab sich gern damit zufrieden, so gut wie nichts über seinen Halbbruder zu wissen.
»Ich schätze mal, das warst wohl du oder einer deiner Leute«, fuhr Kade fort. Diese Schlussfolgerung erschien ihm nun zwar nicht mehr ganz so vernünftig wie während des Hinritts von der Triple M, aber er war nun einmal hergekommen,
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