Entflammte Herzen
und es erschien ihm ganz und gar nicht wie ein Zufall, dass er Harry auf den Eingangsstufen fand.
»Ist er weg?«, fragte der Junge.
»Ich glaube, er ist noch da«, erklärte Kade. »Vielleicht wäre es besser, wenn du mit mir zum Gefängnis zurückgehst. Es könnte sein, dass ich heute einen Deputy benötige.«
Harrys schmale Brust unter seinem viel zu kleinen Hemd schwoll regelrecht an vor Stolz. Sie gingen schon eine ganze Weile nebeneinander her, bevor der Junge, der offenbar erst Mut gesammelt hatte, wieder sp r ach.
»Die Leute sagen, Sie suchten eine Frau zum Heiraten«, meinte er. »Meine Ma ist noch nicht vergeben.«
Kade blieb stehen, schob seinen Hut zurück und sah den Jungen an. Und dann wählte er seine Worte so sorgfältig wie sonst nur selten. »Die Wahrheit ist, dass ich schon ein bisschen verliebt in jemand anderen bin.« Er hatte bereits eine ganze Weile mit dieser Tatsache gerungen und sie immer noch nicht ganz verstanden, aber so war es nun einmal, und darum musste es, und wenn auch nur aus diesem Grund, auch einmal deutlich ausgesprochen werden.
»In wen denn?«, hakte Harry prompt nach. Und falls Kades Antwort eine Enttäuschung war, schien Harry sie jedenfalls schnell genug zu überwinden. Vielleicht hatte er ja auch einige Erfahrung auf diesem Gebiet.
Kade seufzte. »Mandy«, gestand er Harry und zugleich sich selbst.
Harrys Gesicht hellte sich auf. »Sie meinen die Dame, die uns gestern Abend das Hühnchen gebracht hat? Die Sie bei diesem Pferderennen geschlagen hat?«
Kade lachte. Harry hatte die Eröffnung anscheinend besser aufgenommen als er selbst, der immer noch versuchte, damit klarzukommen. »Das ist sie.«
»Sie ist sehr hübsch.«
Kade nickte. »Das ist sie.« Dann bückte er sich ein wenig, um dem Jungen ins Gesicht blicken zu können. »Du und ich, wir werden immer Partner sein. Ist das okay für dich?«
»Es ist in Ordnung, denke ich«, gab Harry zurück und errötete vor Stolz.
»Gut«, meinte Kade, als er sich wieder aufrichtete. Dann strich er dem Jungen lächelnd übers Haar. »Das ist wirklich gut.«
Der alte Billy hatte die Wache im Gefängnis übernommen, und als Kade und Harry eintraten, empfing er sie mit einer Aufzählung von Gig Currys unzähligen Sünden. Doch da all diese Missetaten in weniger als einer halben Stunde stattgefunden hatten, und ohne sichtbare Schäden im Gebäude zu hinterlassen, war Kade keineswegs beunruhigt.
»Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so beleidigt worden«, beschwerte Billy sich und zeigte mit dem Finger auf die Zelle, in der Curry neuerdings zu Hause war. »Er hat mich alt genannt!«
Kade gab sich die größte Mühe, nicht zu grinsen. »Nein! Hast du ihn hässlich genannt?«
»Daran hab ich nicht gedacht«, gestand der alte Billy.
»Wie wär's denn dann mit dumm ?«
»Das ist mir auch nicht eingefallen.«
Kade legte dem Schmied eine Hand auf die breiten Schultern. »Tja, weißt du, Billy, wenn du Gefängniswärter sein willst, musst du schon etwas gemeiner werden.«
»Wenn ich ihn überhaupt ansprechen würde, würde ich ihn einen Feigling schimpfen«, meinte Harry.
»Das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen!«, protestierte Gig.
»O doch, Curry«, erwiderte Kade, während er seinen Hut an einen Nagel hängte, »das müssen Sie.«
Kapitel 33
K ade konnte an nichts anderes mehr denken als an Mandy, t-J V/seit er Harry - und sich selbst - ganz offen eingestand, dass er eine Schwäche für sie hatte. Das volle Ausmaß des Desasters behielt er jedoch für sich: Tatsache war, dass sämtliche Barrieren gefallen waren, die er gegen sie errichtet hatte, und sie sich einen festen Platz in seinem Herzten erobert hatte.
Und Schwäche war auch nicht gerade das richtige Wort für das, was er gerade verspürte, dachte er gequält, als er zehn Minuten später, die Füße auf dem Tisch, wie sein Bruder R afe es zu tun pflegte, an seinem Schreibtisch saß. Es war viel zu still im Gefängnis; er hatte Harry auf einen Botengang geschickt, und Curry hielt ein Nickerchen und schnarchte, dass die Gitterstäbe seiner Zelle zu vibrieren schienen.
Kade versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Wieso hatte er nicht gleich gemerkt, dass Mandy anders war als alle anderen Frauen, die er kannte? Wahrscheinlich war es die Nonnentracht gewesen, die ihn anfangs durcheinander gebracht hatte, obwohl er, wenn er sich selbst gegenüber ehrlich war, zugeben musste, dass es gleich vom ersten Tag an zwischen Amanda Rose und ihm
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