Entflammte Herzen
Schultern, und die Sanftheit, mit der er sie berührte, wurde ihr beinahe zum Verhängnis. »Ist es wirklich wahr, was die Leute über Becky erzählen?«, wollte er leise wissen.
Mandy schluchzte förmlich auf vor Wut und Kummer.
Wortlos führte Kade sie zu der Bank neben der Tür und zwang sie sanft, sich hinzusetzen. Dann setzte er sich zu ihr, ergriff ihre Hand und verschränkte seine Finger mit den ihren. »Nun?«, beharrte er sanft.
»Nein«, erwiderte sie weinend und nahm das Taschentuch, das er ihr reichte, um sich zornig über das Gesicht zu wischen.
»Na siehst du, das hatte ich mir doch schon gedacht. Was immer Becky war oder ist, sie kommt sehr gut allein zurecht, und wer auch nur einen Funken Verstand besitzt, der kann das sehen.« Dann unterbrach er sich für einen Moment und drückte ihre Hand. »Was hat Sie eigentlich so in Wut versetzt, Mandy?«
Sie hätte ihm nun sagen können, es seien die späteren Äußerungen der Frauen über sie gewesen, aber auch das wäre nicht ganz wahr. Was die Leute von ihr dachten, kümmerte sie nicht sonderlich - mit Ausnahme von Kade McKettricks Meinung selbstverständlich. »Es ist wegen meiner Mutter«, begann sie schließlich unglücklich. »Sie war ... sie verkaufte sich. Sie musste es tun, denn sonst hätten Cree und ich noch sehr viel öfter Hunger gelitten, als wir es ohnehin schon taten.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass viele Frauen dasselbe täten, wenn sie sich dazu gezwungen sähen.« Wie um dies zu verdeutlichen, trat Mamie Sussex in diesem Augenblick an Doc Boylens Arm aus dem Hotel.
Leise plaudernd gingen die beiden direkt an ihnen vorbei, ohne Mandy und Kade auch nur zu bemerken.
»Ich wette, Ihre Mutter hätte das nicht getan«, erklärte Mandy. »Sie war eine vornehme Dame, könnte ich mir vorstellen.«
»Wahrscheinlich nicht, doch sie befand sich ja auch nie in einer solchen Lage«, gab Kade zu bedenken. Ein warmes Lächeln schwang in seiner Stimme mit, aber Mandy konnte sich immer noch nicht dazu überwinden, ihn anzusehen. »Ich muss allerdings sagen, dass sie ausgesprochen mutig war. Einmal, als Rafe ungefähr zehn Jahre alt war, hatte er es sich in den Kopf gesetzt, den Matador zu spielen. Er stibitzte eine rot-weiß karierte Tischdecke von der Wäscheleine und begab sich zur Koppel mit den Stieren. Ma sprang in einem Satz über den Zaun, mit ihren langen Röcken und allem Drum und Dran, und trat tapfer diesem mächtigen Tier entgegen, während sie Rafe zurief, so schnell wie möglich zu verschwinden. Der Stier griff sie an, und sie packte ihn direkt bei den Hörnern. Soweit ich mich erinnern kann, zwang sie ihn sogar zu Boden - obwohl ich mir diesen Teil der Geschichte auch vielleicht nur eingebildet habe.«
Mandy schluchzte wieder. Als sie sich die Szene vorstellte, war sie sicher, dass ihre Mutter in dieser Situation genauso gehandelt hätte. Dixie hatte nur eine einzige Schwäche gehabt, und das waren Männer wie Gig Curry, die ihr wunderbare, aber leere Versprechungen gemacht hatten. »Hat sie ihn danach verhauen?«, erkundigte sich Mandy.
Kade lachte. »Den Stier oder Rafe?«, scherzte er. Dann seufzte er und streckte seine langen Beine aus, die muskulös und kräftig genug waren, um ihn überallhin zu tragen. »Ma hielt nicht viel von körperlicher Gewalt, und dazu gehörten für sie - sehr zu Pas Verärgerung - auch Prügelstrafen für die Kinder. Sie bestrafte R afe, indem sie ihn einige Kapitel aus der Bibel auswendig lernen ließ, die er ihr dann Wort für Wort aufsagen musste. Danach hat er sich von Stieren fern gehalten.«
Mandy musste wider Willen lachen. »Ich wünschte, ich hätte sie gekannt.«
»Ich auch«, stimmte Kade ihr lächelnd zu. Und da zog sich ganz plötzlich alles in ihr zusammen und erzeugte eine seltsame, fast schmerzhafte Anspannung in ihr, die sie sich beinahe ein wenig unanständig fühlen ließ.
»Weißt du, ich habe mich schon gefragt, ob du wohl bereit wärst, mich zu heiraten«, bemerkte Kade ganz unvermittelt.
Mandy starrte ihn an und blinzelte verwirrt. »Was hast du gesagt?«
»Ich glaube, du hast mich schon sehr gut verstanden.«
»Warum ?«, entfuhr es ihr. »Ich meine, warum solltest du mich heiraten wollen, ausgerechnet mich, wo du doch jede dieser bestellten Bräute haben könntest?«
»Sie sind nicht du«, erwiderte er schlicht.
»Ich verstehe nicht.«
»Ich genauso wenig«, gab Kade seufzend zu. »Und es ist ja auch nicht so, als wären meine Zukunftsaussichten besonders gut.
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