Entflammte Herzen
geschwollenen und aufgeplatzten Lippen anzusehen. Stirnrunzelnd betrachtete sie die Stelle, wo Jebs Fausthieb ihn getroffen hatte. »Das sieht gar nicht gut aus. Vielleicht sollte ich doch besser den Doktor holen.«
In einem jähen Anfall von Gereiztheit sprang Kade auf. »Nein, Emmeline! Lass mich einfach bloß in Ruhe.«
Seine Schwägerin lächelte nur und ließ sich von seinem Wutanfall nicht einschüchtern. Als Ehefrau eines McKettrick hatte sie es schon früh gelernt, sich zu behaupten. »So manch einer würde sagen, dass du nur bekommen hast, was du verdienst.« Dann setzte sie eine ernste Miene auf und stützte ihre Hände in die Hüften. »Du hast dich wirklich sehr gemein verhalten. Die arme Jeanette vor der ganzen Stadt bloßzustellen und zu behaupten, du wolltest sie heiraten, obwohl du doch die ganze Zeit nur Mandy wolltest!«
Kade errötete. »Vielleicht hast du ja Recht.«
»Nicht vielleicht. Du kannst von Glück sagen, dass Mandy couragiert genug war einzugreifen. Du hättest ihr Leben und Jeanettes Leben beinahe zerstört, von deinem eigenen ganz zu schweigen.«
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Was, zum Teufel, wollt ihr eigentlich alle von mir? Ich habe mich bei der Frau entschuldigt, und meine Brüder haben ihren Ärger auch schon an mir ausgelassen.«
Emmeline zog eine Augenbraue hoch und betrachtete ihn nachdenklich. »Glaubst du, es genügt zu sagen, dass es dir Leid tut, Kade? Reden kostet nichts. Wenn du nicht von jetzt an dein Verhalten änderst, ist deine Entschuldigung keinen feuchten Dreck mehr wert.«
Ein heiseres, reumütiges Lachen entfuhr ihm. »Redet so eine Dame?«
Emmeline formulierte noch ihre Erwiderung darauf, als der erste Schuss das Holz der Eingangstür zersplitterte.
Instinktiv ergriff Kade sie am Arm und stieß sie auf den Boden hinter seinem Schreibtisch, wo er sich rasch neben sie kauerte, als eine weitere Kugel das Fensterglas zerspringen ließ.
»Bleib in Deckung!«, befahl er ihr, während er die unterste Schublade von Johns Schreibtisch aufriss und sich die 38er schnappte, die sein Amtsvorgänger dort für Notfälle aufbewahrte. Seine eigene Waffe hing in ihrem Halfter an dem Haken an der Tür.
»Was ist los?«, flüsterte Emmeline, die kreidebleich geworden war und schützend eine Hand auf ihren umfangreichen Bauch legte.
Draußen wieherten und stampften Pferde, und eine raue Männerstimme schrie: »Schicken Sie Curry raus!«
Nach einem weiteren besorgten Blick auf Emmeline kroch Kade mit der entsicherten Pistole in der Hand geduckt über den Boden zur Tür. »Einen Teufel werde ich tun!«, schrie er zurück. Dann richtete er sich auf, riskierte einen verstohlenen Blick aus dem zerbrochenen Fenster und verlor beinahe sein rechtes Ohr für seine Mühe.
Ungefähr ein Dutzend R eiter befanden sich auf der Straße, deren Gesichter in tiefem Schatten lagen. Kade hatte nicht einen Einzigen von ihnen erkannt bei dem kurzen Blick, den er hinausgeworfen hatte.
»Ich hatte Ihnen ja gesagt, dass sie kommen würden!«, krähte Curry triumphierend in seiner Zelle. »Und nun sind Sie ein toter Mann, Marshal !«
»Gehen Sie in Deckung und halten Sie die Klappe«, gab Kade, noch immer tief unter dem Fenster kauernd, ärgerlich zurück.
»Kade«, flüsterte Emmeline mit seltsam schwacher Stimme.
Angst durchzuckte Kade, so schmerzhaft und real wie eine Kugel, und zerbrach etwas in ihm. »Bist du verletzt?«, fragte er und kroch zurück, als noch mehr Schüsse in die Wände einschlugen oder klirrend gegen den Ofen prallten.
Sie griff nach seiner Hand, als er sie erreichte, und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht«, raunte sie, und erst da wurde ihm bewusst, dass er die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. »Aber ich habe Angst, Kade.«
»Das brauchst du nicht. Wenn sie dich kriegen, Emmeline, dann höchstens über meine Leiche.«
In seiner Zelle brach Curry in ein teuflisches Gelächter aus. »Die Hoffnung stirbt immer zuletzt«, spottete er.
»Es ist R afe, um den ich mir Sorgen mache«, flüsterte Emmeline verzweifelt. »Um R afe und all die anderen. Sie werden herbeieilen, um uns zu helfen. Sie werden irgendwo dort draußen sein...«
Kade drückte ihre Hand. »Sie sind keine Narren, Emmeline. R afe wird kommen, aber er wird sich nicht zur Zielscheibe dieser Mörder machen, und Jeb ist der schnellste Schütze, den ich je gesehen habe.« Letzteres hätte er normalerweise niemals zugegeben, höchstens unter Druck, wie in diesem Moment.
Hinter ihnen
Weitere Kostenlose Bücher