Entflammte Nacht
herschaukelnden Kutsche nicht den Halt zu verlieren. Die vier berittenen Templer, die sie in dem ganzen Krawall beinahe eingeholt hatten, blieben in einer von wild donnernden Hufen aufgewirbelten Staubwolke zurück.
Der Vampir hechtete erneut auf Alexia zu. Mit zusammengebissenen Zähnen umklammerte sie ihren Sonnenschirm. Also wirklich, allmählich war sie diese ständig ausbrechenden Handgreiflichkeiten leid! Sie kam sich ja vor wie ein Boxer im White’s Club!
Der Vampir sprang, und Alexia schwang den Schirm, doch er schlug ihn einfach beiseite, warf sich auf sie und legte ihr die Hände um den Hals.
Er nieste. Aha, dachte Alexia, der Knoblauch!
Als er sie berührte, verschwanden seine Fangzähne, und seine Körperkraft wurde die eines gewöhnlichen Menschen. In seine schönen braunen Augen trat ein Ausdruck der Überraschung. Er mochte vielleicht verstandesmäßig gewusst haben, was sie war, doch er hatte eindeutig noch nie erlebt, wie es sich anfühlte, von einem Außernatürlichen berührt zu werden.
Dennoch verstärkte sich sein Griff um Alexias Kehle erbarmungslos. Er mochte zwar nun sterblich sein, aber er war immer noch stark genug, sie zu erwürgen, so sehr sie auch kämpfte und um sich trat.
Ich bin noch nicht bereit zu sterben!, dachte Alexia. Ich habe Conall noch nicht genug angeschrien! Und dann dachte sie an das Baby zum ersten Mal wirklich als ein Baby und nicht als ein Ungemach. Wir sind noch nicht bereit zu sterben!
Sie nahm alle Kraft zusammen und stieß den Vampir von sich fort.
Und genau in diesem Augenblick traf etwas Weißes den Vampir so hart in die Seite, dass Alexia Knochen brechen hörte – schließlich war der Vampir im Augenblick ziemlich sterblich und verfügte über keine übernatürlichen Verteidigungskräfte. Vor Überraschung und Schmerz schrie er auf.
Durch den Aufprall hatte sich sein Griff um ihren Hals gelöst, und Alexia taumelte, heftig um Atem ringend, zurück, die Augen fest auf ihren ehemaligen Angreifer geheftet.
Das weiße Etwas entpuppte sich als die rasende Gestalt eines riesigen Wolfs, der sich knurrend in einem Wirbelwind aus Klauen und Zähnen und Blut auf den Vampir stürzte. Heftig kämpften die beiden übernatürlichen Wesen miteinander, Werwolfskraft gegen Vampirschnelligkeit, während sich Alexia mit ihrem Sonnenschirm in eine Ecke der Sitzbank zurückzog und Madame Lefoux’ niedergestreckte Gestalt vor Klauen, Kiefern und Fangzähnen zu schützen versuchte.
Der Wolf befand sich im Vorteil, da er den Vampir angegriffen hatte, als dieser durch die Berührung einer Außernatürlichen verletzlich gewesen war, und er konnte diesen Vorteil behaupten. In sehr kurzer Folge ließ er die mächtigen Kiefer um den Hals des Vampirs zuschappen und grub dem Blutsauger die Zähne in die Kehle. Der Vampir gab ein gurgelndes Geheul von sich, und der Gestank nach verfaultem Blut verpestete die frische Landluft.
Kurz warf der Wolf Alexia noch einen bedeutsamen Blick aus eisblauen Augen zu, dann wälzte er sich mit dem Vampir aus der fahrenden Kutsche und landete mit krachendem Aufprall auf dem Boden. Der Lärm ihres Kampfes verlor sich rasch unter dem Donnern der Hufe, als die Pferde weiter dahinjagten.
Alexia wurde klar, dass es die Witterung des Wolfes gewesen sein musste, die die Pferde in Panik versetzt hatte. Sie musste sie zügeln, bevor sich die verschreckten Tiere noch aus ihrem Geschirr losrissen oder die Kutsche umstürzten oder Schlimmeres.
Mühsam kämpfte sie sich auf den Kutschbock, nur um festzustellen, dass die Zügel nach vorn gerutscht waren und in der Nähe der Deichsel hingen, gefährlich nahe an den stampfenden Hufen der Hinterbeine der Pferde.
Bäuchlings hing Alexia über dem Kutschbock, hielt sich mit einer Hand fest und angelte mit der anderen verzweifelt nach den Zügeln. Ohne Erfolg. Einer plötzlichen Eingebung folgend holte sie ihren Sonnenschirm. Die beiden Spieße ragten immer noch aus der Spitze, und es gelang ihr, damit die herabbaumelnden Zügel zu erwischen und sie nahe genug zu sich heranzuziehen, um sie zu ergreifen.
Mitten in ihrem Siegestaumel fiel ihr jedoch schlagartig wieder ein, dass sie noch nie zuvor eine Kutsche gelenkt hatte. Doch da das nicht so schwierig sein konnte, versuchte sie es mit einem sanften Zug an den Zügeln.
Absolut gar nichts geschah. Die Pferde setzten ihre wahnsinnige Flucht unbeirrt fort.
Nun packte Alexia beherzter mit beiden Händen zu, riss die Zügel zurück und lehnte sich mit ihrem ganzen
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