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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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schimmerte er grün, bald braun. Er zog sich in langen Streifen hin, die mit kleinen Bläschen übersät waren, die bei der leisesten Berührung platzten. Bis weit in die Bucht hinein roch es erregend nach Seewasser, und die Luft war mit Salz gesättigt.
    Ich beobachtete, wie sich auf der »Covenant« die Segel, die bis dahin in dicken Bündeln von den Rahen herabhingen, langsam entfalteten.
    Alle diese neuen Eindrücke erweckten in mir Vorstellungen von Seereisen in weite Fernen und gaukelten mir fremde Länder und Städte vor.
    So musterte ich auch die Männer im Beiboot der »Covenant« eingehend. Es waren große, braungebrannte Kerle, einige in Hemdsärmeln, einige in Seemannsjacken, und wieder andere hatten sich bunte Halstücher umgebunden. Aus der Tasche des einen Matrosen sahen ein paar Pistolen heraus; zwei oder drei hatten Knotenstöcke, und alle waren mit Dolchmessern bewaffnet.
    Ich verbrachte einen guten Teil des Tages im Gespräch mit einem von ihnen, der nicht ganz so verwegen aussah wie seine Gefährten. Er erzählte mir, wann die Brigg in See stechen würde, und meinte, sobald die Ebbe einsetze, würden sie auslaufen. Er wäre froh, aus diesem Hafen wegzukommen, wo es keine Kneipen und keine Musikanten gäbe, dabei fluchte er aber so lästerlich, daß ich mich schließlich aus dem Staube machte.
    Nun war ich wieder auf Ransome angewiesen, der mir von der ganzen Mannschaft noch der erträglichste zu sein schien. Er kam gleich darauf aus dem Gasthof, lief auf mich zu und verlangte einen Becher Punsch. Ich erklärte ihm, daß ich nicht daran dächte, ihm Punsch zu bestellen, denn weder er noch ich wären in einem Alter, in dem man sich so etwas angewöhnen darf. Ein Glas Bier könne er bekommen, fügte ich hinzu. Er maulte, schnitt eine Grimasse und bedachte mich mit häßlichen Schimpfnamen, aber dann war er doch bereit, das Bier zu trinken. Wenige Minuten später hatten wir im Gastzimmer an einem der Tische Platz genommen und aßen und tranken mit gutem Appetit.
    Das brachte mich auf den Gedanken, der Wirt müsse ein Einheimischer sein, und es könne nichts schaden, ihn mir zum Freunde zu machen. Ich lud ihn ein, an unserem Imbiß teilzunehmen, was dazumal ein allgemein üblicher Brauch war. Aber er kam sich viel zu erhaben vor, sich mit so bescheidenen Gästen, wie Ransome und ich es waren, an einen Tisch zu setzen. Gerade wollte er das Gastzimmer verlassen, als ich ihn zurückrief und fragte, ob ihm Mr. Rankeillor bekannt sei.
    »Aber gewiß«, sagte er, »das ist ein sehr rechtschaffener Mann. Ach, übrigens«, fuhr er fort, »Ihr seid vorhin wohl mit Ebenezer gekommen?«
    Als ich das bejahte, meinte er, ich gehöre doch nicht etwa zu Mr. Balfours Freundschaft, womit die Schotten Verwandtschaft bezeichnen.
    Ich sagte: »O nein, keineswegs.«
    »Das dachte ich mir«, erwiderte der Wirt, »wenn Ihr mich auch ein wenig an Mr. Alexander erinnert.«
    Darauf äußerte ich die Ansicht, Mr. Ebenezer sei wohl in dieser Gegend nicht allzugut angeschrieben.
    »Das stimmt«, sagte der Wirt, »er ist ein böser alter Mann«, und in seiner breiten schottischen Mundart fügte er hinzu: »Manch einer hierzulande würde ihn gern baumeln sehen. Jennet Clouston zum Beispiel und noch viele andere, die er von Haus und Hof verjagt hat. Und doch war er zu seiner Zeit auch ein braver Kerl, ja, gewiß, das war er, ehe das Gerücht über Mr. Alexander aufkam. Das war schlimmer für Ebenezer, als wenn er gestorben wäre.«
    »Und was für ein Gerücht war das?« fragte ich.
    »Nun, er soll ihn doch umgebracht haben«, sagte der Wirt, »habt Ihr nie davon gehört?«
    »Und weshalb sollte er das getan haben?« forschte ich.
    »Weshalb, na, um das Haus zu bekommen!« war die Antwort.
    »Das Haus?« fragte ich. »Das Haus der Shaws?«
    »Was denn sonst«, erwiderte der Wirt.
    »Was Ihr nicht sagt. War denn mein ... war denn Alexander der älteste Sohn?«
    »Gewiß war er das. Weshalb hätte Ebenezer ihn sonst umbringen sollen?«
    Mit diesen Worten entfernte sich der Wirt, der schon von Anfang an ungeduldig fortgestrebt hatte.
    Natürlich war mir das alles längst klar gewesen. Aber eine bloße Vermutung und eine Gewißheit sind grundverschiedene Dinge. Ich saß da und war wie betäubt über meine guten Aussichten. Es war nicht zu fassen, daß derselbe arme Bursche, der noch vor zwei Tagen durch den Wald von Ettrick gewandert war, nun mit einemmal einer der Reichen auf dieser Erde sein sollte, daß ihm ein Haus und große

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