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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Sonne«, war die lakonische Antwort.
    Der Ausdruck »brutzeln« war in der Tat bezeichnend für das, was wir an diesem Tage auszustehen hatten. Der Leser muß bedenken, daß wir auf einem kahlen Felsen lagen wie Kuchen auf dem Backblech. Die Sonne brannte unbarmherzig auf uns herab, und das Gestein wurde so glühend heiß, daß man es kaum berühren konnte. Der kleine, mit Moorerde, Heide und Farnkräutern bedeckte Fleck war so winzig, daß immer nur einer von uns darauf liegen konnte. Also wechselten wir uns ab, und bald lag der eine, bald der andere auf dem nackten, glutheißen Felsgestein, was ungefähr der Marter eines auf dem Roste schmorenden Heiligen gleichkommen mochte. Dabei kam mir in den Sinn, wie seltsam es doch war, daß ich in demselben Klima erst vor wenigen Tagen auf meiner verlassenen Insel so erbärmlich unter der Kälte gelitten hatte wie jetzt unter der Hitze.
    Und während dieser ganzen Zeit hatten wir keinen Tropfen Wasser zu trinken, sondern nur puren Branntwein, was schlimmer war als gar nichts.
    Wir gruben die Flasche, um den Inhalt so kühl wie möglich zu halten, in das bißchen Erde ein und schafften uns von Zeit zu Zeit ein wenig Erleichterung, indem wir Stirn und Brust mit dem Alkohol benetzten.
    Die Soldaten im Talgrund blieben von früh bis spät in ständiger Bewegung, lösten ihre Posten ab und durchsuchten in Gruppen die Felseneinschnitte. Sie hätten aber ebensogut eine Nadel in einem Heuhaufen suchen können wie ein oder zwei Menschen in diesem Gewirr von Felsblöcken, die über das ganze Tal verstreut lagen. Da die Aufgabe sowieso hoffnungslos war, wurde sie nicht sehr sorgfältig ausgeführt, wenn wir auch zuweilen sehen konnten, wie die Soldaten mit ihren Bajonetten ins Heidegestrüpp stießen, ein Anblick, der mir Bauchgrimmen verursachte. Manchmal kamen sie unserem Felsen so nahe, daß wir kaum zu atmen wagten.
    Bei dieser Gelegenheit habe ich zum erstenmal gehört, wie Englisch gesprochen wurde. Einer der Rotröcke legte die Hand auf den sonnenbeschienenen Felsen, auf dessen Gipfel wir lagen, und rief einem anderen Burschen zu: »Verdammt, ist das heiß!«
    Ich war höchst erstaunt über die abgehackte Sprechweise und den singenden Tonfall, mehr noch über die schlechte Angewohnheit, das h vor dem Wort »heiß« zu schlucken. Gewiß, ich hatte Ransome englisch sprechen hören, aber er hatte von so vielen verschiedenen Menschen alles mögliche angenommen und bestenfalls ein so unzulängliches Englisch gesprochen, daß ich seine merkwürdige Ausdrucksweise hauptsächlich seinem kindischen Wesen zugeschrieben hatte. Aber hier war ich besonders überrascht, weil ein ausgewachsener Mann sich ebenso ungeschickt ausdrückte. Ich habe mich auch nie an diese Sprechweise gewöhnen können und auch nicht an die englische Grammatik, wie der kritische Leser in diesen Erinnerungen zuweilen feststellen wird.
    Die Langeweile während der qualvoll hinschleichenden Stunden, die wir auf der Felsenspitze verbrachten, nahm noch zu, als der Tag weiter fortschritt, als der Felsen noch heißer, die Sonne noch glühender und die Hitze noch drückender wurde. Wir mußten Schwindelanfälle, Übelkeit und stechende Schmerzen wie bei Rheumatismus über uns ergehen lassen. Damals und auch später noch hat mich der Sinn dieses Textes aus einem Psalm seltsam berührt:
    Daß dich am Tage die Sonne nicht steche, noch der Mond des Nachts ...
    Und wir hatten es wirklich nur der Gnade Gottes zu verdanken, daß wir beide ohne einen Sonnenstich davongekommen sind.
    Schließlich, gegen zwei Uhr mittags, war es nicht mehr zu ertragen. Und nun kam zu allem übrigen noch eine gefährliche Versuchung. Da nämlich die Sonne jetzt etwas mehr im Westen stand, befand sich auf der Ostseite unseres Felsens, außerhalb des Blickfeldes der Soldaten, ein kleiner schattiger Fleck.
    »Ein Tod ist so gut wie der andere«, sagte Alan plötzlich, ließ sich über die Felskante gleiten und auf die schattige Stelle fallen.
    Ich machte es sofort ebenso, schlug aber der Länge nach hin, so schwach und schwindlig war ich von dem langen Liegen in der prallen Sonne.
    Hier ruhten wir ungefähr ein bis zwei Stunden, mit schmerzenden Gliedern, völlig ermattet und so ungeschützt vor den Blicken der Soldaten, daß uns jeder, dem es eingefallen wäre, in diese Richtung zu schlendern, sofort hätte sehen müssen. Aber es kam keiner. Alle gingen auf der anderen Seite entlang, so daß uns der Felsen in dieser neuen Lage ebenfalls einen Schutz

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