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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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uns in schlimmstem Elend findet, der mit ansehen muß, wie der Hausvater fleht und jammert wie ein lästiger Bittsteller, er, der von Rechts wegen wie ein König nur zu gebieten hätte – ach, mein Junge, es schmerzt mich, daß ich Euren Namen nicht kenne, aber ich kenne Euer Gesicht, und solange ein Herz in dieser Brust schlägt, will ich es im Gedächtnis behalten, will mich seiner erinnern und es segnen.«
    Damit umarmte und küßte sie mich und brach erneut in so heftiges Schluchzen aus, daß ich ganz bestürzt dastand.
    »Ach, Schnickschnack«, sagte Alan und sah schrecklich verlegen aus. »Jetzt, im Monat Juli, wird es mächtig früh hell. Morgen geht der Tanz in Appin los. Die Dragoner reiten gewiß schon durch das Land. Der Kriegsruf der Campbell erschallt. Rotröcke laufen hierhin und dorthin. Es ist besser für uns alle, wenn wir beide dann über alle Berge sind.«
    Daraufhin nahmen wir Abschied und brachen in östlicher Richtung auf. Es war eine schöne, milde, dunkle Nacht. Der Weg führte, wie bisher, über zerklüftetes Heideland.

XX. Flucht durch die Heide
    Zwischen den Felsen
    Abwechselnd gingen und liefen wir; aber als es nach und nach heller wurde, liefen wir anstatt zu gehen fast ununterbrochen. Wenn das Land auch bei flüchtigem Hinschauen wüst und menschenleer wirkte, so gab es doch Hütten und Häuser in den verborgenen Winkeln der Berge, und Menschen lebten dort. Wir mögen wohl an zwanzig solcher Heimstätten vorübergekommen sein. Sobald wir in die Nähe eines Anwesens gelangten, ließ Alan mich zurück und ging allein hin, um anzupochen und sich durchs Fenster mit einem der aus dem Schlaf aufgeschreckten Bewohner zu unterhalten. Er mußte den Leuten die große Neuigkeit mitteilen; das galt in diesem Lande so sehr als heilige Pflicht, daß Alan ihr, obwohl er um sein nacktes Leben floh, doch nachkommen mußte. Andere hatten diese Pflicht schon so getreulich erfüllt, daß die Leute in den meisten Häusern bereits von dem Mord gehört hatten. In den übrigen wurde die Nachricht, soweit ich, ohne nahebei zu sein und die Landessprache zu kennen, feststellen konnte, mehr mit Bestürzung als mit Überraschung aufgenommen.
    Obwohl wir uns beeilt hatten, war es Morgen geworden, und wir waren noch weit von jedem Unterschlupf entfernt. Tageshelle überraschte uns, als wir uns in einem ausgedehnten, mit Felsbrocken übersäten Tal befanden, das von einem schäumenden Fluß durchschnitten wurde. Ringsum ragten wilde Berge empor. Es war öde und kahl, denn weder Bäume noch Gras wuchsen hier. Später ist mir zuweilen der Gedanke gekommen, es könne das Glencoe genannte Tal gewesen sein, wo einst, zur Zeit König Williams, ein Blutbad stattgefunden hatte. Aber ich kann mich kaum der Einzelheiten unseres Fluchtweges entsinnen, weil wir bald kurz abschneiden, bald weite Umwege machen mußten und weil wir so eilig vorwärts hetzten und für gewöhnlich nur des Nachts unterwegs waren. Wenn ich mich hin und wieder nach den Ortschaften erkundigte, dann waren die Namen gälisch, und ich vergaß sie rasch wieder.
    Das erste Frühlicht beleuchtete diesen unwirtlichen Erdenfleck, und ich sah, daß Alan die Stirn runzelte.
    »Dieser Ort ist für dich und mich sehr ungeeignet«, meinte er, »denn das Gebiet wird bestimmt überwacht.«
    Nachdem er das gesagt hatte, lief er noch schneller bergab, zum Ufer, dorthin, wo drei Felsen den Flußlauf hemmten. In der Mitte wurde der Strom von einem Felsblock in zwei Arme geteilt; er schoß mit einem Donnergetöse, das mir den Atem verschlug, zwischen den beiden anderen Felsen hindurch; darüber braute der Gischt wie dünner Nebel.
    Alan blickte weder nach rechts noch nach links, sondern sprang, am Ufer angelangt, mit einem Satz auf den mittleren Felsen. Dort ließ er sich fallen, um nicht auszugleiten und in den Strom zu stürzen, denn die Felsplatte bot nur wenig Raum. Ich hatte kaum Zeit gehabt, die Entfernung abzumessen oder gar die ganze Größe der Gefahr zu begreifen. Blindlings war ich ihm gefolgt. Er fing mich in seinen Armen auf und hielt mich fest.
    Da standen wir nun nebeneinander auf der schmalen, von Schaum und Gischt schlüpfrigen Platte, vor uns einen breiten Flußarm, den wir noch überqueren mußten. Als mir klar wurde, was uns bevorstand, bekam ich weiche Knie. Tödliche Furcht befiel mich; mir wurde schwindlig – schaudernd bedeckte ich die Augen mit beiden Händen.
    Alan sah mich an, packte mich bei der Schulter und schüttelte mich, ich blickte auf

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