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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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seinen Mund. Er sagte etwas, aber in dem Tosen des gestauten Wassers und in meiner Verstörtheit verstand ich kein Wort. Ich beobachtete nur, daß sein Gesicht zornrot wurde und er mit dem Fuß auf den Stein stampfte. Gleichzeitig sah ich die aufgewühlten Fluten vorüberschießen, sah den aufspritzenden Gischt, hielt mir wieder die Augen zu und erbebte vor Grauen.
    Im nächsten Moment hielt mir Alan die Branntweinflasche an die Lippen, zwang mich, ungefähr einen Quart zu trinken, wovon mir der Kopf zu glühen begann, und formte dann mit den Händen einen Trichter um seine Lippen. Dicht an meinem Ohr schrie er: »Was willst du lieber, hängen oder versaufen?«
    Dann drehte er sich um, sprang mit einem großen Satz über den breiten Flußarm und landete glücklich am anderen Ufer.
    Ich stand jetzt allein auf der Felsplatte, hatte mehr Platz, aber von dem Alkohol dröhnte es mir in den Ohren. Ich hatte sein gutes Beispiel vor mir.
    Wenn ich jetzt nicht sofort springe, dachte ich, dann gelingt es mir niemals.
    Ich ging also in die Knie, und mit einer Art verzweiflungsvoller Wut, wie sie mich manchmal packt, wenn mir der Mut versagen will, schleuderte ich mich vorwärts. Zwar erreichte ich die gegenüberliegende Felsplatte nur mit den Händen, und sie glitten sofort ab, doch rasch klammerte ich mich irgendwo fest, fand aber keinen rechten Halt und wäre um ein Haar ins Wasser gestürzt, hätte mich Alan nicht zuerst bei den Haaren und dann beim Kragen zu fassen bekommen. Mit größter Anstrengung gelang es ihm, mich auf den Felsen hinaufzuzerren. Nun war ich in Sicherheit.
    Er sagte auch jetzt kein Wort, sondern rannte weiter um sein Leben. Ich taumelte hoch und folgte ihm. War ich vorher schon matt genug gewesen, so war mir jetzt auch noch sterbensübel, außerdem hatte ich mich an dem Felsen wund gestoßen. Von dem Schnaps war ich halb betrunken und stolperte bei jedem Schritt. Dazu kam so heftiges Seitenstechen, daß ich fast nicht weiterkonnte. Und als Alan endlich unter einem der vielen hohen Felsblöcke haltmachte, war es für David Balfour die höchste Zeit.
    Ich sagte, es war ein hoher Felsblock; eigentlich waren es zwei, deren Gipfel sich berührten. Beide hatten eine Höhe von ungefähr zwanzig Fuß, und es schien bei flüchtigem Hinschauen unmöglich, sie zu besteigen. Ja, sogar Alan, der, wenn ich’s mir recht überlegte, vier Hände hatte – so geschickt war er –, versagte bei den ersten Versuchen hochzuklimmen. Erst beim drittenmal gelang es und dann auch nur, indem er sich auf meine Schultern stellte und sich von dort mit solcher Gewalt abschnellte, daß ich glaubte, mein Halswirbel wäre ausgeknackst. Kaum war er oben, legte er seinen Ledergürtel ab und ließ ihn herunter; damit brachte ich es fertig, auf einigen vorspringenden Kanten ebenfalls hochzukrabbeln.
    Neben ihm stehend sah ich nun, weshalb wir da hinaufgekrochen waren: In dem Felsen, dessen zwei Spitzen oben etwas abgeflacht und vom Regen leicht ausgehöhlt waren, hatte sich eine Art Schale oder Mulde gebildet, eine Vertiefung, in der drei oder vier Menschen ausgestreckt liegen konnten, ohne von unten gesehen zu werden.
    Alan hatte während dieser ganzen Zeit nicht ein einziges Wort gesprochen, sondern wär mit einer so verbissenen, wütenden Hast vorwärts gehetzt und schließlich hier hinaufgeklettert, daß ich merkte, er hatte tödliche Angst, irgend etwas könne schiefgehen. Auch jetzt noch, auf der Felsspitze, schwieg er hartnäckig und behielt seinen finsteren Gesichtsausdruck bei. Er hatte sich sofort der Länge nach in die Mulde gleiten lassen und spähte nun in der Runde umher. Ich hatte mich neben ihn gelegt. Inzwischen war es ganz hell geworden, und wir konnten von hier aus die steinigen Hänge ringsum sowie den mit Geröll übersäten Talgrund und den von schaumigen Wasserfällen unterbrochenen Flußlauf gut im Auge behalten. Nirgends stieg Rauch auf, nirgends war eine Spur von Leben zu entdecken; nur ein paar Adler kreisten über uns.
    Jetzt endlich sah Alan mich an und lächelte.
    »Ach«, sagte er, »nun haben wir eine Chance durchzukommen.«
    Er betrachtete mich mit belustigtem Augenzwinkern.
    »Ein großartiger Springer bist du ja nicht gerade.«
    Ich muß wohl beleidigt ausgesehen haben, denn er fügte sofort hinzu: »Schnickschnack, das ist doch keine Schande, sich vor einer Sache zu fürchten. Sie dann doch zu tun, beweist ja erst den richtigen Mut. Und dann war es Wasser, und Wasser ist etwas, wovor ich selber Angst

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