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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Tyler
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an.
    »Komm, wir müssen hier raus.« Jake bewegte sich so vorsichtig, wie es die drängende Zeit zuließ. Er schob sich auf die gesunde Seite des Jungen. »Ich werde dich hochheben, und es wird höllisch wehtun.«
    »Ich will selbst rausgehen.«
    Der Bus bewegte sich mit einem Ruck nach hinten. Auf den Abgrund zu.
    »Ich nehme an, du willst noch ein bisschen länger leben«, meinte Jake. Er packte den Jungen und verließ, so schnell er konnte, den Bus. Er hatte kaum den Fuß auf den untersten Tritt gesetzt, als er den Ruck spürte. Das Stöhnen des Jungen hallte ihm in den Ohren. Und ja, verdammt, der Junge hatte Glück, wenn sie seinen Arm überhaupt retten konnten, nicht zu vergessen die Abschürfungen und Schnittwunden, die er am Gesicht und am Hals erlitten hatte. Der Bus kippte unter ihnen weg, stürzte den Abhang hinab und krachte in die Schlucht.
    Der Bus fiel nicht besonders tief, aber wenn der Junge noch darin gelegen hätte, wäre er garantiert zerquetscht worden.
    Einige Leute, die nahe genug waren und sahen, was passierte, begannen zu schreien und zeigten auf den Bus. Jake ging ruhig an ihnen vorbei und legte Shane auf den Boden.
    »Wir brauchen eine Trage!«, rief Isabelle, die in der Nähe jemandem aufhalf. Zwei Sanitäter kamen mit einer Trage zu ihm gerannt. Vier Krankenwagen hatten den Unfallort inzwischen erreicht.
    Jake half, Shane auf die Trage zu heben.
    Shane packte Jake mit seiner unversehrten Hand. »Sie haben mir das Leben gerettet. Sie und der Doc.«
    »Dann schuldest du mir was, wenn wir uns an der Front treffen«, sagte Jake. Er schüttelte Shanes Hand, ehe die Sanitäter den Jungen in den Rettungswagen schoben. Sofort wurde er von dem Polizeibeamten angesprochen, der ihm vorher gesagt hatte, er solle sich von dem Bus fernhalten.
    »Du hörst nicht besonders gut zu, kann das sein, Junge?« Der Kerl baute sich direkt vor Jake auf und legte eine Hand auf seine Schulter. Das gefiel Jake nicht besonders. Vor allem nicht, dass der Typ ihn ›Junge‹ nannte.
    »Nehmen Sie Ihre verdammte Hand weg«, sagte er so leise und ruhig, dass der Typ seine Aufforderung fast augenblicklich befolgte.
    »Hört mit dem Scheiß auf. Ich brauche jede Hand, die ich kriegen kann«, rief Isabelle. Sie kam näher, nachdem sie noch einen weiteren Patienten untersucht hatte. Und obwohl er eigentlich stinkwütend auf sie war, konnte er es nicht. Vor allem nicht, weil sie ihn immer noch anschnauzte. Dass er ihr Leben und auch das von Shane gerettet hatte, schien ihm bei ihr keinen besonderen Vorteil einzubringen.
    Letzteres gefiel ihm. Sehr sogar.
    Der Polizist prallte zurück, und Isabelle zeigte auf einen Mann, der neben ihm im Schnee saß. »Jake, hilf ihm auf. Leg einen intravenösen Zugang. Jetzt.«
    Wer hätte gedacht, dass es ihn derart anmachte, von einer Frau herumkommandiert zu werden? Am liebsten hätte er sie gleich wieder ins Auto verfrachtet, ihr die Sachen vom Leib gerissen und sie einfach genommen. Das Verlangen schien jede Faser seines Körpers zu erfassen.
    Und sie wusste es. Er sah es in ihren Augen. Wie sie seinem Blick standhielt, während sie sich frische Handschuhe überzog. Wie sie über ihre Unterlippe leckte, bevor sie erneut das Wort Jetzt! tonlos mit dem Mund formte. Und er machte sich an die Arbeit.
    Jake war drauf und dran gewesen, dem Polizisten an die Kehle zu gehen – dessen war sich Isabelle sicher. Vermutlich hätte er auch sie am liebsten erwürgt. Aber sie hatten gemeinsam Shane aus dem Bus gerettet. Das war das Einzige, was zählte.
    Mit den Konsequenzen würde sie sich später auseinandersetzen. Das war in letzter Zeit immer ihr Lebensmotto gewesen. Es hatte mehr mit Instinkt als mit Vernunft zu tun gehabt, dass sie in den Bus gestiegen war.
    Bei ihrem ersten Afrikaaufenthalt – Gott, damals war sie noch so grün hinter den Ohren gewesen – war sie aus dem Jeep gestiegen, nachdem sie vierzehn Stunden über staubige Pisten gefahren war, nur um ohne jede Begrüßung von einer jungen Afrikanerin mitgezerrt zu werden. Isabelle war ihr einige Schritte weit gefolgt, wo ein Mann auf der Straße lag und nach Luft schnappte. Sie hatte bei ihm einen Luftröhrenschnitt machen müssen. Ihre Feuerprobe. Keine Zeit nachzudenken, nur Zeit zu handeln.
    Das Problem war aber, dass sie lernen musste, diese beiden Dinge wieder in ein ausgewogenes Gleichgewicht zu bringen.
    Während sich der Schnee langsam in Regen verwandelte, brachte sie den jungen Mann zu einem Sanitäter. Dann machte sie sich

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