Entführung des Großfürsten
Backenbart mitsamt dem Schnurrbart ab. Topp?«
Die Abmachung wurde mit einem Handschlag bekräftigt.
»Wir müssen der Eremitage einen Besuch abstatten«, sagte Fandorin, nun mit ernster Miene. »Masa abholen, er wird uns eine große Hilfe sein. Außerdem ein paar notwendige Sachen mitnehmen. Zum Beispiel G-Geld. Als ich zu der Operation aufgebrochen bin, habe ich meine Brieftasche im Zimmer gelassen. Ich wußte, daß die Begegnung mit Lind nicht ohne Sprünge, Armeschwenken, Gerenne und sonstige Aktivitäten abgehen würde, da ist jeder unnötige B-Ballast im Wege. Aber eine alte Weisheit besagt: Geld ist nie unnötiger Ballast. Wieviel haben Sie bei sich?«
Ich griff in die Tasche und stellte fest, daß ich bei einemmeiner nächtlichen Stürze mein Portemonnaie verloren hatte. Wenn ich nicht irre, waren darin acht Rubel und Kleingeld. Ich zog eine Handvoll schwarz angelaufener Silbermünzen hervor und betrachtete sie trübsinnig.
»Das ist alles, was Sie haben?« Fandorin nahm eines der ungleichmäßigen Scheibchen und drehte es in den Fingern. »Ein petrinisches Dreikopekenstück. Dafür werden wir schwerlich etwas kaufen können. In einem Antiquitätenladen würde man Ihre Sch-Schätze gern erwerben, aber mit unserem jetzigen Aussehen können wir uns nicht an belebten Plätzen sehen lassen. Eine merkwürdige Situation: Wir haben einen B-Brillanten im Wert von wer weiß wieviel Millionen, aber wir können uns kein Stück Brot kaufen. Noch ein Grund, die Eremitage aufzusuchen.«
»Aber wie denn?« Ich reckte mich über die grasbewachsene Uferböschung. Längs des Teiches und des Feldes stand eine Kette von Soldaten und Polizisten. »Hier ist alles abgeriegelt. Selbst wenn wir durch die Absperrung schlüpfen, ist es undenkbar, durch die ganze Stadt zu gehen, noch dazu am hellichten Tag!«
»Man sieht gleich, Sjukin, daß Sie sich in der G-Geographie der alten Hauptstadt nicht auskennen. Was ist das Ihrer Meinung nach?« Er wies mit dem Kinn auf den Fluß.
»Na was schon? Die Moskwa.«
»Und was sehen Sie jeden Tag von den Fenstern der Eremitage? Etwas N-Nasses, Grünliches, das langsam in Richtung Kreml fließt? Wir müssen noch ein V-Verbrechen auf uns nehmen, das allerdings geringer ist als der Raub des ›Orlow‹.«
Er trat zu einem morschen Kahn, der am Ufer festgebunden war, blickte sich um und nickte.
»Geht zur Not. Er hat zwar keine Ruder, aber da liegt ein geeignetes B-Brett. Steigen Sie ein, Sjukin. Auf dem Fluß werden sie uns nicht suchen, und wir haben es nicht allzu weit. Mir tut nur der Besitzer des Kahns leid. Für ihn ist dieser Verlust wahrscheinlich verheerender als für die Romanows die Einbuße des ›Orlow‹. Na los, rücken Sie Ihre T-Trophäen heraus.«
Er fuhr mir ungeniert in die Tasche, raffte die Münzen zusammen, legte sie neben den Ring, an dem das Boot festgebunden war, und streute etwas Sand darüber.
»Warum stehen Sie? Setzen Sie sich! Aber vorsichtig, sonst kentert dieser P-Panzerkreuzer.«
Ich setzte mich und machte mir die Schuhe naß in dem Wasser, das sich am Boden des Kahns gesammelt hatte. Fandorin stieß uns mit dem Brett vom Ufer ab, und das Boot fuhr langsam los. Er schwenkte aus Leibeskraft sein ungefüges Paddel, tauchte es mal links, mal rechts ein. Doch ungeachtet dieser Sisyphus-Mühen kam unser Nachen kaum von der Stelle.
Nach zehn Minuten, als wir noch nicht einmal die Mitte des Flusses erreicht hatten, erkundigte ich mich: »Wie weit ist es denn bis zum Neskutschny-Park?«
»S-So … an die drei Werst«, stieß Fandorin, der vor Anstrengung puterrot war, mühsam hervor.
Ich konnte mir eine sarkastische Bemerkung nicht verkneifen: »In diesem Tempo sind wir vielleicht morgen früh da. Hier ist die Strömung langsam.«
»Was geht uns die Strömung an«, murmelte er.
Er fuhrwerkte noch heftiger mit dem Brett, und das Boot stieß mit dem Bug gegen einen Baumstamm – ein Schleppdampfer zog eine Kette von Flößen hinter sich her.
Fandorin band unser Boot an einem Aststummel fest, warf das Brett auf den Boden und reckte sich genüßlich.
»So, Sjukin. Jetzt können wir ein halbes Stündchen ausruhen, dann sind wir am Ziel.«
Links zogen gemächlich Wiesen und Gärten vorüber; dahinter leuchteten die weißen Mauern des Nowodewitschi-Klosters, von dem ich, ehrlich gesagt, die Nase voll hatte. Rechts erhob sich das bewaldete Hochufer. Ich sah eine weiße Kirche mit runder Kuppel, elegante Lauben, eine Grotte.
»Sie sehen vor sich den
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