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Entfuhrt

Entfuhrt

Titel: Entfuhrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koppel Hans
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jedes Problem lösen zu können.
    Es würde Ylva nichts nützen, um Hilfe zu rufen. So viel hatte sie verstanden. Gab es denn sonst keine Methode, Aufmerksamkeit zu erregen?
    Frau Halonen war die Erste, die auf dem Bildschirm auftauchte. Sie ging mit ihrem Schäferhund vorbei und bog in den Bäckavägen ein. Hastig, fast schuldbewusst, schielte sie zu Mikes und ihrem Haus. Ylva war sicher, dass sie Bescheid wusste. Und wenn die Halonen es wusste, dann wussten es alle.
    Ylva versuchte, sich den Klatsch vorzustellen, und tröstete sich mit dem Gedanken an die Unterhaltungen, die vermutlich stattfanden.

    Hast du gehört, dass Ylva verschwunden ist?
    Wer?
    Mikes Frau, die Stockholmerin.
    Bitte?
    Sie ist nicht nach Hause gekommen. Ist zur Arbeit gegangen und abends nicht nach Hause gekommen.
    Ist sie abgehauen?
    Keine Ahnung.
    Hat sie nichts gesagt?
    Nein, sie ist weg. Mike sucht nach ihr. Er hat sie bei der Polizei als vermisst gemeldet und alles.
    Das verstehe ich nicht. Meinst du, sie ist einfach nicht nach Hause gekommen?
    Genau.
    Das klingt ja vollkommen absurd. Hat sie ihn verlassen?
    Ich weiß nicht.
    Aber das Mädchen, sie kann doch nicht einfach das Mädchen im Stich lassen?
    Entweder ist sie abgehauen, oder es ist etwas passiert.
    Was sollte passiert sein?
    Keine Ahnung.
    War sie depressiv?
    Das merkt man nicht immer. Mein Vater hatte einen Freund, der …
    Ganz gleichgültig, was geschah, es würde irgendwann in Vergessenheit geraten. Es war alles Teil des Schauspiels, das das Leben darstellte. Hunderte von Toten bei einem Flugzeugabsturz? Monate später waren sie vergessen, nur an den Jahrestagen wurde ihrer gedacht. Tausende von
Toten bei einer Naturkatastrophe? Eine Woche lang düstere Meldungen in den Nachrichten, kurze Zeit später musste man bei Wikipedia danach suchen. Der Tsunami. In welchem Jahr war der nochmal gewesen? Ach ja, genau.
    Niemand würde sie retten. Sie war gezwungen zu fliehen.

    Es wurde still, als Mike das Großraumbüro betrat, in dem Ylva arbeitete. Nour stand auf und ging auf ihn zu.
    »Komm«, sagte sie. »Wir gehen in die Küche.«
    Mike begann sofort zu weinen. Aus dem einfachen Grund, weil ein freundlicher Mensch seine Ohnmacht zur Kenntnis nahm und ihn zu trösten versuchte.
    »Trübe«, antwortete er, als sie ihn fragte, wie er sich fühle. »Wie die Schutzfolie auf einem neuen Handy oder einer neuen Armbanduhr. Ich warte darauf, dass sie jemand wegreißt, damit ich wieder klar sehen kann.«
    Nour nickte, strich ihm mit dem Daumen eine Träne aus dem Gesicht und reichte ihm ein Glas Wasser.
    »Trink.«
    Mike trank gehorsam und schaute über ihre Schulter, ob die Tür auch wirklich geschlossen war.
    »Hat sie jemanden kennengelernt?«
    Er sah sie mit einer Mischung aus Angst und Hoffnung an.
    »Nicht dass ich wüsste«, sagte sie schließlich.

    Mike schluckte seine Tränen hinunter.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, was sonst passiert sein könnte.« Er schüttelte den Kopf und fuhr fort: »Wie auch immer, sie hätte sich melden müssen. Sie kann doch Sanna nicht einfach im Stich lassen, das kann sie nicht.«
    »Das tut sie auch nicht«, erwiderte Nour.
    »Was ist es dann? Ist ihr etwas zugestoßen? Hat jemand sie überfahren, oder ist sie an den falschen Mann geraten? Ich begreife es nicht. Drei Nächte, sie ist jetzt schon drei Nächte weg. Ich weiß nicht einmal, ob ich sie überhaupt noch zurückhaben will, verstehst du?«
    »Ich verstehe.«
    Mike schluchzte. Nour reichte ihm ein Blatt Küchenkrepp. Er schnäuzte sich wie ein Kind, kraftlos.
    »Mike, hör zu. Du musst jetzt stark sein. Wenigstens Sannas wegen. Sie ist ein Kind, du bist der Erwachsene. Hörst du, was ich sage, Mike? Du bist der Erwachsene.«
    Sein Handy klingelte. Mike schniefte und schaute auf das Display.
    Unterdrückte Nummer. Sein Puls begann zu rasen. Er hob die Hand in Nours Richtung und drehte sich um.
    »Mike«, sagte er.
    »Hier ist Karlsson. Hätten Sie vielleicht die Möglichkeit, auf der Wache vorbeizuschauen? Wir würden Ihnen gerne etwas zeigen.«
    »Haben Sie sie gefunden?«
    »Leider nicht. Aber wir haben eine Liste aller Anrufe, die über ihr Handy erfolgten, sowie eine Audiodatei ihres Anrufbeantworters.«

    »Ich komme.«
    Mike legte auf und wandte sich an Nour.
    »Das war die Polizei. Sie haben eine Liste ihrer Telefonkontakte.«

    Mike saß nervös hinterm Steuer. Gespannt erwartungsvoll, ängstlich resigniert. Wie vor einer Fahrprüfung. Er parkte vor dem Präsidium an der

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