Enthemmt!
schnell verschränke ich die Arme vor der Brust.
“Könnte man so sagen.”
“Was soll das heißen?” Ich klinge wohl ein wenig abweisend, kann's aber nicht ändern. Ich bin nicht in der Stimmung für Spielchen. Ich will mich einfach nur schnell wieder in meinem Elend vergraben.
Er tritt über die Türschwelle. “Hallo, Ally. Ich beiße nicht. Es sei denn, Sie mögen das.” Er zwinkert.
“Sagen Sie mir doch einfach, was Sie für Sam zu erledigen haben. Ich habe Migräne und bin gerade überhaupt nicht in der Stimmung, höflich zu sein.”
“Ich dachte, Sam hätte es Ihnen gesagt. Sie möchte, dass ich Sie ein wenig aufheitere. Sie deutete an, dass Sie Sehnsucht haben …” Er bricht ab, wackelt aber bedeutungsvoll mit den Augenbrauen.
Ich brauche noch eine Sekunde, bis ich begreife, was er meint, woraufhin mir die Kinnlade herunterfällt. “Ach du lieber Gott. Jetzt verstehe ich. Sie sind der Italian Stallion.” Heilige Scheiße, habe ich das gerade wirklich gesagt?
“So sagt man.” Er grinst stolz.
“Tut mir leid. Ich weiß nicht, warum meine Schwester Ihnen … Hoffnungen gemacht hat, aber ganz sicher habe ich nie gesagt, dass ich … Sie wissen schon.”
“Sie sagte, es wäre bei Ihnen schon über ein Jahr her.”
Na fantastisch, danke, Samera. Warum hängst du's nicht gleich ans Schwarze Brett? Und wenn du schon dabei bist, kannst du auch noch die ganze Welt wissen lassen, dass mein Mann mich für eine Frau hat sitzen lassen, die dreizehn Jahre älter ist als ich und einen dicken Hintern hat!
“Meine Schwester hätte mit Ihnen nicht über mein Sexleben sprechen dürfen.” Zu meiner Überraschung scheint Lorenzo enttäuscht zu sein. “Nehmen Sie's nicht persönlich, Lorenzo, aber ich bin nicht in der Stimmung, mit irgendjemandem Sex zu haben. Aber wenn ich in der Stimmung wäre, würden Sie mich ganz bestimmt reizen … Sie wissen schon. Ein Mann, den die Frauen Italian Stallion nennen, muss schließlich …” Ich atme tief durch und frage mich, wann ich so viel Wein getrunken habe, um so einen Unsinn zu reden. “Ich will einfach allein sein.”
“Sind Sie sicher?”
“Ja”, beharre ich.
Er nickt. “Na gut.”
“Aber trotzdem danke.” Hätte ich das sagen sollen? Oder klingt das völlig doof? Keine Ahnung. Ich weiß nicht, was in einer solchen Situation angebracht wäre.
Ich schließe die Tür, drehe den Schlüssel um, werfe aber noch einmal einen Blick durchs Guckloch. Lorenzo bleibt einen Moment stehen, perplex, dann verschwindet er im Flur.
“Du kannst mich mal, Sam.”
Morgen früh, wenn ich nüchtern und ausgeschlafen bin, verschwinde ich hier.
Die Frage ist natürlich, wohin ich gehen soll.
22. KAPITEL
C laudia
“Ist es wahr?”, fragt meine Mutter.
Ich seufze leise. “Ja, es ist wahr.”
Ihre schimmernden roten Lippen öffnen sich vor Überraschung, zugleich wirkt sie aber auch enttäuscht und verärgert. Kein Wunder, nachdem Adam sich mehr als mies verhalten hat, muss sie ja sauer auf ihn sein.
“Warum hast du es mir nicht gesagt?”, will sie wissen.
Stopp mal eben – ist sie etwa sauer auf
mich?
“Ich habe wie eine Verrückte herumtelefoniert, um noch die letzten Fragen für die Hochzeit zu klären, habe mich mit Diana rumgeschlagen, weil ich dachte, du wärst krank. Das Ereignis sollte in weniger als zwei Wochen stattfinden!”
“Bei diesem
Ereignis
handelt es sich um mein Leben!”, würde ich am liebsten brüllen. Stattdessen fixiere ich die Teekanne, die vor uns auf dem Tisch steht und die keiner von uns bisher angerührt hat. Ich schäme mich derart, dass ich meiner Mutter nicht in die Augen sehen kann.
“Hast du eine Vorstellung davon, wie ich mich fühlte, als ich während der Pediküre davon hörte?” Sie läuft vor mir auf und ab und starrt mich finster an – sofort fühle ich mich wie immer klitzeklein. “Monica Williams war mit ihrer Tochter da, und sie fragten mich, wie es dir geht. Ganz besorgt taten sie. Ich dachte, sie meinten deine Erkältung. Ich habe mich fürchterlich blamiert, Claudia.”
“Tut mir leid.” Und genau deswegen habe ich es dir nicht erzählt. Weil ich wusste, dass du mir so oder so die Leviten lesen würdest.
Ihr Gesicht wird mit einem Mal weich. “Und du hast überhaupt nichts mehr von ihm gehört?”
“Er ruft mich nicht zurück. Als ob er sich in Luft aufgelöst hätte.”
Meine Mutter presst die Lippen aufeinander und schüttelt ungläubig den Kopf. “Wie kann er dir das nur ein paar Tage vor
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