Enthuellung
zornig, dass sie ihm den Gehorsam verweigert hat. In diesem Moment bin ich davon überzeugt, dass er der Mann aus dem Tagebuch ist, der seine Sub an einen anderen Mann verloren hat. Und ich glaube, er würde sie bei ihrer Rückkehr für ihr schlechtes Benehmen bestrafen. Gewiss ist Verschwinden schlechtes Benehmen.
»Sie sagen, Sie können so nicht arbeiten, aber Sie haben mir immer noch keinen Vollzeitjob angeboten«, bemerke ich, teste ihn, versuche irgendein Zeichen dafür zu entdecken, das mir zeigt, ob er mit ihr gesprochen hat. Ob er weiß, dass sie zurückkehren wird.
»Weil ich nichts anbiete, von dem ich das Gefühl habe, dass es abgelehnt wird. Chris wird angeboten haben, Ihnen einen anderen Job zu verschaffen, aber Sie sind immer noch hier. Ich nehme an, es liegt daran, dass Sie sich weigern, sich kontrollieren zu lassen. Wie auch immer, ich verstehe Sie so, dass Sie die Sicherheit wollen, die Riptide-Provisionen Ihnen bieten können. Was konsequenterweise ein weiteres Zeichen dafür ist, dass es Ihnen darum geht, die Kontrolle zu behalten, indem Sie sich selbst finanzieren. Ich gebe Ihnen lediglich, was Sie wollen.«
»Im Klartext«, entgegne ich, »geht es also darum, dass das, was Sie mir geben können, gegen das steht, was Chris mir geben kann.« Es ist ein niederschmetternder Schlag, zu glauben, dass es nie um meine Arbeit ging, sowohl für meine Selbstachtung als auch für meine Zukunftspläne. Ich kann meinen Lehrerjob nicht für eine Karriere aufgeben, die nur stattfindet, weil ich eine Schachfigur in ihrem Machtspiel bin. Plötzlich bin ich so wütend, dass ich keinen Wein brauche, um meine Meinung zu sagen. »Es geht um den verdammten Hahnenkampf, über den Sie beide nicht hinwegkommen können.«
Er beugt sich vor, und seine Augen sind dunkel; die silberne Farbe verwandelt sich in ein tiefes Grau. »Es geht darum, dass ich Sie will. Um nichts anderes. Und ich hole mir, was ich will, Ms McMillan.«
Richtig. Er will mich ficken. Weil er weiß, dass Chris es bereits tut. Und weil ich eine angeborene Schwäche habe, die Männer wie Mark anzieht. Eine Stimme in meinem Kopf fügt hinzu »und wie Chris«, aber ich verbanne sie. Chris ist nicht Mark. Nicht einmal annähernd.
»Hören Sie auf damit, Ms McMillan!«
Angesichts der Schärfe des Befehls schaue ich ihn erschrocken an. »Womit soll ich aufhören?«
»An sich selbst zu zweifeln, was Sie dazu bringt, an mir zu zweifeln. Damit ist ein Versagen vorprogrammiert, und ich versage nicht. Entweder Sie entscheiden sich, nicht zu versagen – oder Sie werden versagen. In dem Fall ist jedes Gespräch über Riptide oder diesen Vollzeitjob eine Verschwendung unsrer beider Zeit.«
Mir stockt der Atem. Ich bin verblüfft, dass dieser Mann, den ich mit anderen verglichen habe, von denen ich glaubte, sie wären wie er, mich gerade dazu herausgefordert hat, an mich selbst zu glauben, statt mich in eine unbedeutende Existenz zurückzustoßen. Ich weiß nicht, wie ich es einordnen soll. Wie soll ich das mit einem Mann in Verbindung bringen, einem dominanten Meister, der Frauen zur Unterwürfigkeit zwingt? Er zwingt sie nicht, das ist die einzig mögliche Antwort. Sie entscheiden sich dafür, sich ihm freiwillig hinzugeben, so wie ich mich Chris hingebe.
»Entscheiden Sie sich dafür, erfolgreich zu sein«, sagt er, und meine Augen weiten sich, weil er das Wort aus meinem Kopf gepflückt zu haben scheint.
»Das tue ich.«
»Dann hören Sie auf zu hinterfragen, warum Sie hier sind. Ich habe Sie eingestellt, weil ich das Video von Ihnen mit den beiden Kunden gesehen habe, denen Sie am Abend der Alvarez-Ausstellung geholfen haben. Sie waren in der Kunst beschlagen und haben ihnen zugeraten, einen Kauf zu tätigen, und dabei haben Sie nicht einmal hier gearbeitet. Sie haben an sie verkauft und sich in meinen Dienst gestellt. Machen Sie so weiter. Wie es mit Ihrem Job hier vorangeht, basiert auf Ihrem Tun. Nichts anderes, und ich meine wirklich
nichts,
wirkt sich darauf aus. Haben wir uns verstanden?«
»Ja. Danke.«
»Danken Sie mir, indem Sie weiter verkaufen, beginnend mit einem engen Freund von mir, der heute Vormittag kommen wird. Er hat viel Geld, und ich erwarte, dass Sie es ihm aus der Tasche ziehen.«
Unwillkürlich muss ich lächeln. »Ich werde mein Bestes tun.«
»Nach dem, was ich gesehen habe, funktioniert Ihr Bestes ziemlich gut.«
Sein Lob lässt mich strahlen, und es macht mir Angst, wie sehr ich seine Zustimmung zu brauchen scheine.
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