Enthuellung
Andererseits habe ich im Laufe der vergangenen paar Jahre genug über mich selbst nachgedacht, um zu wissen, dass es dabei mehr um mich geht als um ihn. Um meine Vergangenheit mit mächtigen Männern, eine Vergangenheit, die ich nie ganz bewältigt habe, wie sehr ich es auch versucht habe.
»Ich habe für morgen Abend ein Treffen mit Alvarez vereinbart.«
»Wir haben morgen Abend hier in der Galerie ein Event«, erwidert er, und ich merke, dass er sich über meine Ankündigung des Treffens mit Alvarez nicht so freut, wie ich es erwartet hatte.
»Ich denke schon, dass ich ihn dazu bewegen kann, unserem Kunden die private Besichtigung zu ermöglichen. Und wenn das klappt, bringt er vielleicht weitere Werke hier unter.«
Mark lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und legt die Finger wieder aneinander. »Erinnern Sie sich daran, was ich Ihnen über Alvarez gesagt habe?«
»Dass ich Sie beeindrucken würde, wenn ich dieses Treffen zustande brächte. Und nach dem, was ich höre, liegt es daran, dass Rebecca gegangen ist und er sich nicht mehr von Ihnen vertreten lässt. Mögen Sie mir erzählen, warum?«
»Er wollte ihre Kontaktdaten, nachdem sie gegangen ist, und ich habe ihm erklärt, dass ich sie nicht hätte und dass ich sie ihm, selbst wenn ich sie hätte, nicht einfach geben dürfte. Er war nicht erfreut. Er setzt gern seinen Willen durch, was mich wieder an den Ausgangspunkt zurückbringt – was habe ich Ihnen sonst noch über Alvarez gesagt?«
Im Geiste gehe ich unser früheres Gespräch noch einmal durch.
Wir betteln nicht, und Sie lassen sich nicht manipulieren. Punkt. Aus. Ende. Diese Künstler wissen, dass ich solchen Mist nicht toleriere, und solange sie glauben, dass Sie mir gehören, werden sie nicht annehmen, dass Sie so etwas mitmachen. Wenn ich also sage, dass Sie mir gehören, Sara, meine ich, dass Sie zu mir gehören.
Gehören.
Mark mag dieses Wort viel zu sehr. Wenn ich allerdings bedenke, was ich über ihn als Chef gelernt habe, glaube ich, dass für ihn besitzen schützen gleichkommt. Er besitzt dich, und daher ist er verantwortlich für dein Wohlergehen. Es geht nicht darum, ob ich ungesunde Zuckerlimonade trinken will, aber mir fällt ein, wie er darauf bestanden hat, dass alle Angestellten und Kunden nach einer Weinverkostung in der Galerie Taxis auf seine Kosten nahmen. Das beschreibt wohl, wie er tickt.
»Wir betteln nicht um ein Geschäft, und er hat keine Macht über uns.«
Er zieht eine Braue hoch, aber bevor er mich in ein Gedankenspiel verwickeln kann, von dem mir gewiss der Kopf schwirren würde, ertönt der Summer auf seinem Schreibtisch, und er legt den Finger auf die Annahmetaste. Er drückt sie nicht sofort; sein stählerner Blick ruht unverwandt auf meinem Gesicht. Adrenalin schießt durch meine Adern, und ich kralle die Finger in meine Schenkel. Ich weiß nie, woran ich bei Mark bin, abgesehen von einem Unbehagen, das mich in seiner Gegenwart befällt und auf dunkle Weise süchtig macht, und mir ist klar, dass dies ein Zeichen dafür ist, wie daneben ich bin.
Ohne den Blick von mir zu wenden, drückt Mark auf den Knopf der Sprechanlage. »Ryan Kilmer ist hier«, verkündet Amanda. »Er sagt, er habe einen Termin.«
»Wir werden gleich bei ihm sein«, antwortet Mark, dann lässt er den Knopf los und entlässt mich aus seinem Blick. »Das ist mein guter Freund und Ihr neuer Kunde, Ms McMillan. Laufen Sie schnell nach vorn und begrüßen Sie ihn.«
Er hat mich entlassen, aber ich bewege mich nicht. Dieses Gespräch über meinen Job lässt mich an die Entscheidung denken, die vor mir liegt. Bevor ich es mir selbst ausreden kann, platze ich heraus: »Ich habe noch zwei Wochen, bis ich meinen Lehrerjob kündigen müsste, damit die Schule Zeit hat, mich für das neue Jahr zu ersetzen. Das Jobangebot muss bis dahin kommen, ebenso wie mein Gefühl für eine sichere Verdienstaussicht. Wenn das unrealistisch ist, sollten wir jetzt darüber sprechen.«
»Es ist nur zu früh, wenn Sie es zulassen.«
»Das ist keine Antwort«, erwidere ich, aber was habe ich erwartet? Männer wie Mark lassen sich nicht in die Enge treiben oder auf eine Deadline festlegen, und genau das habe ich gerade versucht.
»Es ist sehr wohl eine Antwort. Es ist nur nicht die Antwort, die Sie wollten.«
»Richtig. Und warum sollten Sie mir auch die Antwort geben, die ich wollte?«
»Ich habe Ihnen die Antwort gegeben, die Sie hören mussten, nicht die, die Ihnen das Leben leicht macht. Leicht ist nicht
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