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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich an mein eigenes Haus Feuer legen sollte. Es bedeutet, meinem Lehrer und Freund Maggfeldt in den Rücken zu fallen, einem Mann, dem ich alles, was ich bin, verdanke! Einem der letzten Idealisten, der in einem Kranken nicht bloß einen ›Fall‹, sondern nur und immer den Menschen sieht! Es ist eine Schuftigkeit, ihn zu verraten!«
    »Und wie nennen Sie das, was man mit Gisela getan hat?« fragte Dr. Budde heiser.
    »Einen Irrtum …«
    »Lieber Herr Pade …«
    Der Oberarzt hob die Hand. »Ein Irrtum Maggfeldts, wollte ich sagen. Die Einweisung selbst, das war ein Verbrechen, zugegeben. Aber für den Professor war sie Rechtens, denn nie, nie käme ihm der Gedanke, daß Arztkollegen sich für eine solche Gemeinheit kaufen lassen. Auch mir ist dieser Gedanke nicht gekommen … auch ich war monatelang im Zweifel, ob Fräulein Peltzner nicht doch zu jenen Kranken mit einer schleichend verlaufenden Psychose gehörte, die nur unter bestimmten Bedingungen gefährlich werden. Erst nach dem Dauerschlaf wurde ich kritischer und kam zu Ihnen, Herr Budde. Da erhielt ich die letzte Gewißheit. Ich bin bereit, vor Gericht alles zu tun … aber lassen Sie mich aus dem Spiel mit diesen wahnwitzigen Plänen!«
    »Also gut!« Dr. Hartung legte den großen Klinikplan auf den Tisch. »Sie spielen nicht mit. Dürfen wir Sie dann bitten, wenigstens so weit zu helfen, daß Sie an diesem Tag oder in dieser Nacht nichts hören und sehen?«
    »Ich werde mir Urlaub nehmen …«, sagte Dr. Pade leise.
    »Das ist gut.« Der Zeigefinger Hartungs lag mitten auf dem Plan. »Hier liegt Gisela gegenwärtig, nicht wahr? Das ist ungünstig. Was wir brauchten, ist ein Zimmer, das weniger unter Kontrolle steht. Zum Beispiel hier.« Der Finger Hartungs wanderte weiter und blieb auf einem Grundriß nahe der Mauer liegen. »Was ist hier?«
    Dr. Pade beugte sich vor. »Das ist Pavillon 14. Epileptiker. Völlig unmöglich.«
    »Und hier?« Wieder ein Haus in der Mauernähe.
    »Pavillon 23. Chronische Schizophrenie.« Oberarzt Dr. Pade schwieg.
    »Nun?« fragte Budde fast bettelnd.
    »Es … es ginge …«, sagte Dr. Pade stockend.
    »Wie hoch ist die Mauer?«
    »3,50 Meter. Oben sind Glassplitter in den Zement eingegossen.«
    »Wie in einem Zuchthaus.«
    »Der Ausbruch der beiden psychopathischen Mörder beweist, daß die ganze Mauer mit Starkstrom geladen sein müßte!«
    »Sind die Fenster vergittert?«
    »Nein. Aber nachts sind Läden vor die Fenster geklappt und von außen verriegelt. Das macht jeden Abend die Pavillonschwester.«
    »Sind die Riegel abgeschlossen?«
    »Nein. Es sind nur Klappriegel.«
    Dr. Hartung legte beide Hände flach auf den Klinikplan. Er sah von Dr. Budde zu Dr. Pade, ehe er sprach. »Dann ist alles klar: Herr Pade verlegt Gisela in den Pavillon 23. Alles andere weiß er nicht.«
    »Aber Gisela?« Dr. Budde riß den Kragen seines Hemdes auf. »Man müßte sie vorher unterrichten. Sie kann doch nicht unvorbereitet …«
    »Ich werde es ihr sagen.« Dr. Pade nahm seinen Mantel von der Sessellehne. »Darf ich gehen, meine Herren? Ich habe ein Gewissen. Ich kann nicht länger an dieser Verschwörung teilnehmen.«
    »Sie helfen der Gerechtigkeit, Herr Pade …«
    »Ich weiß es nicht.« Dr. Pade zog seinen Mantel an. »Ich bin Arzt. Psychiater. Meine Welt sind die armen Kranken, die von der Menschheit ausgestoßen werden. Ich habe mehr als jeder andere die Verpflichtung, einen geraden Weg zu gehen. Jetzt gehe ich einen krummen Weg, und darüber muß ich mit mir erst ins reine kommen …«
    »Fallen Sie uns bloß nicht um, Herr Pade«, sagte Dr. Hartung nachdenklich. Er verstand den inneren Konflikt des korrekten Arztes. »Es wäre viel furchtbarer, wenn erst nach Jahren oder Jahrzehnten herauskäme, daß Maggfeldt und Sie sich geirrt haben und Gisela Peltzner ein halbes Menschenalter unter Irren gelebt hat.«
    Dr. Pade nickte. »Das ist auch der einzige Grund, der mich beruhigen kann. Ich rede mir ein, Maggfeldt damit zu helfen.«
    »Sie tun es, Herr Pade!«
    Oberarzt Dr. Pade verabschiedete sich. Dr. Hartung brachte ihn bis zum Wagen und winkte ihm nach, als er davonfuhr. Er beneidete den Arzt nicht um die kommenden Wochen, und er war ehrlich genug, sich einzugestehen, daß er in der Lage Pades vielleicht auch gezögert hätte, dem Plan so weit entgegenzukommen.
    Dr. Budde saß vor dem Klinikplan, als Hartung wieder ins Zimmer trat. Er blickte auf, und Hartung stellte erschrocken fest, daß Budde kalkweiß geworden war.
    »Ist dir

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