Entmündigt
haben auch gar keinen Humor …«
Die Angehörigen des Schizophrenen, der in dem Bernhardiner Ludwig den haarigen Teufel gesehen hatte und an einem Herzschlag auf dem Gartenweg gestorben war, kamen zu Maggfeldt, um sich den Hergang des plötzlichen Ablebens erklären zu lassen. Die Presseberichte hatten sie aufgescheucht und verhetzt. Mit starren Gesichtern hörten sie zu. Es war dem Professor, als spreche er gegen eine Wand von tönernen Masken, angemalt, mit schwarzem Tüll garniert, mit schwarzen Schlipsen umbunden.
Vor allem der Bruder des Toten, ein Werkmeister aus einer Eisengießerei, sah mit unverhohlenem Abscheu auf Maggfeldt.
»Sagen wir es klar«, sagte er, nachdem Maggfeldt versucht hatte, den Unfall zu erklären, »Sie waren unfähig, meinem Bruder zu helfen.«
Professor v. Maggfeldt hätte früher an diesem Punkt die Unterredung abgebrochen und die Leute stehenlassen. Heute tat er es nicht, er schluckte diesen massiven Vorwurf, diese Beleidigung, die ihn mitten durchs Herz schnitt. Sie können ja nichts dafür, dachte er, auch um sich selbst zu beruhigen, sie können ja nichts dafür …
»Sie wissen, daß Ihr Bruder unheilbar war«, sagte er sanft. »Die plötzliche Erscheinung des Teufels war in seinem kranken Hirn so mächtig, daß er einen Herzschlag bekam.«
»Wie kommt der Hund überhaupt in die Klinik?«
»Er gehörte zu einer Therapie. Er heilte einen Kranken.«
»Ein Hund!« Der Werkmeister sah sich im Kreise seiner Verwandtschaft um. »Hört ihr's? So arbeitet man hier! Die einen legen Kräuter auf, andere beten gesund … hier läßt man durch Hunde heilen! Ein Skandal ist das! Ich werde das in die Zeitung setzen lassen. Ich werde Sie anzeigen …«
»Tun Sie das alles«, sagte Maggfeldt müde. »Es führte zu weit, Ihnen die Methoden zu erklären …«
»Methoden? Unser Geld herauslocken, das ist Ihre einzige erfolgreiche Methode!« Der Werkmeister sah sich wieder um. In den Augen seiner Verwandtschaft las er Bewunderung. Wie der Karl mit dem berühmten Professor umspringt.
»Wo liegt mein Bruder?« fragte der Werkmeister.
»In der Leichenhalle der Klinik. Dr. Führwigge wird Sie hinbringen. Der Totenschein …«
»Mich interessiert Ihr Totenschein nicht. Ich werde einen Gerichtsarzt beauftragen, alles genau zu untersuchen.«
Professor v. Maggfeldt wandte sich ab. Stumm verließ er das Zimmer.
Auf dem Gang traf er auf den Stationsarzt Dr. Führwigge. Er wartete auf die Hinterbliebenen.
»Gehen Sie mit ihnen in die Leichenhalle«, sagte Maggfeldt leise. »Und lassen Sie sich in keine Diskussion ein.«
Im Wartezimmer wischte sich der Werkmeister mit einem großen bunten Taschentuch den Schweiß vom Gesicht. Seine Frau streichelte seinen dicken Arm.
»Das war richtig, Karli«, sagte sie stolz. »Die Ärzte bilden sich ein, sie seien wie die Götter! Vor allem die von den Irren! Man muß es ihnen mal sagen, so wie du!« Sie nahm ihm das nasse Taschentuch ab und steckte es in ihre Handtasche. »Willst du wirklich zur Polizei?«
»Aber ja!« Werkmeister Karl reckte sich und sah zur Tür, zu der Dr. Führwigge in diesem Moment hereinkam.
»Aha!« sagte der Werkmeister laut und dröhnend. »Der Herr Stationsarzt! Wieviel sterben hier in der Anstalt pro Tag?«
Dr. Führwigge ließ die Tür zum Flur offen und trat zur Seite.
»Wollen Sie bitte mitkommen zur Leichenhalle?« sagte er kühl.
»Gehen wir!« Werkmeister Karl reckte sich wieder. »Sind wohl alle ein bißchen arrogant hier, was?« fragte er, als er an Dr. Führwigge vorbeistampfte. »Das wird sich ändern, wenn erst die Staatsanwaltschaft hinter die Kulissen leuchtet!«
»Ich kann Ihnen zu diesem Plan gar nichts sagen. Ich darf ihn gar nicht gehört haben!«
Oberarzt Dr. Pade ging unruhig in dem kleinen Zimmer Buddes hin und her und rauchte nervös seine Zigarre. Dr. Budde stand am Fenster. Dr. Hartung saß auf der Lehne der Couch und hielt einen Plan in der Hand. Es war der Gebäudeplan der ›Park-Klinik‹, den ihm ein Sachbearbeiter des Bauamtes für einen Tag geliehen hatte, aus Entgegenkommen, weil Dr. Hartung ihn in einem Alimentenprozeß vertrat.
»Aber Sie müssen doch zugeben, daß der Gedanke zwingend ist: man entführt Gisela Peltzner und rollt den Fall dann in aller Ruhe auf!«
»Von Ihrer Warte aus gesehen, ist der Plan natürlich gut. Aber ich bin der Oberarzt dieser Klinik. Ich bin seit zehn Jahren mit diesem Haus verbunden, es ist meine Heimat geworden! Was Sie hier von mir verlangen, ist, als wenn
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