Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
besonders interessiert und was endlich zu erfahren sie wahrscheinlich kaum noch erwarten können, wenn sie vielleicht auch versuchen, sich gelassen, gleichgültig zu geben …«, las der Richter weiter.
    Ewald Peltzner grinste verlegen.
    »So war Bruno immer … spöttisch und ein wenig bissig. Selbst nach dem Tode piekt er uns noch!«
    Der Richter atmete ein paarmal tief, ehe er weiterlas. Er hatte mit den Augen die kommenden Zeilen stumm vorausgelesen.
    »Die Verteilung meines Vermögens ist denkbar einfach. Alle Besitzungen, alle Fabriken, alle Patente und deren Auswertungen und Lizenzen, alles Barvermögen auf den im Nachtrag aufgeführten Banken, kurz mein universales Vermögen erbt meine Tochter Gisela Peltzner.«
    »Oh!« sagte Anna Fellgrub und fegte die Taschentuchfetzen auf den Teppich. Ewald Peltzner griff sich in den Kragen und zerrte, als bekäme er plötzlich keine Luft mehr.
    »Ich habe dafür eine einfache Begründung …«, kam die ungerührte Stimme des Richters. »Mein Bruder Ewald, der sich – falls er mich überlebt – schon als Millionär sieht, würde das Vermögen mit Weibern und am Spieltisch verprassen. Er – ich bedaure, das von meinem einzigen Bruder feststellen zu müssen – ist ein labiler Charakter, ein Genußmensch und obendrein ein Rindvieh.«
    Der Richter hielt an dieser Stelle inne.
    »Das läßt du dir gefallen, Papa?« fragte Monique in die momentane Stille hinein.
    »Halt den Mund!« sagte Ewald beinahe sanft. Nie hatte ihn jemand so blaß gesehen. Er wandte sich jetzt an den Richter. »Steht noch mehr solch gemeines Zeug drin?«
    »Meine Schwester Anna …«, fuhr der Richter fort, ohne auch nur flüchtig aufzusehen, »meine Schwester Anna – ich bedaure, das auch von meiner einzigen Schwester sagen zu müssen – ist zu dumm, um mit Geld umzugehen. Sie würde als Millionärin überschnappen.«
    »Heinrich …« Anna Fellgrub tastete zur Seite nach der Hand ihres Sohnes. »Dein Onkel beleidigt deine Mutter. Zeit meines Lebens habe ich …«
    »Onkel Bruno ist tot.« Heinrich Fellgrub biß die Zähne aufeinander. »Laß uns das Testament zu Ende hören …«
    »Aber ich bin kein Barbar«, las der Richter. »Ich habe trotz allem so etwas wie einen Familiensinn. Deshalb vermache ich meinem Bruder Ewald Peltzner, der seinen Direktorposten behält, sowie meiner Schwester Anna, deren Sohn Heinrich ich zum 2. technischen Direktor ernenne, je einen Gewinnanteil von zehn Prozent aller Werkeinkünfte. Unter Aufsicht eines vereidigten Wirtschaftprüfers sind jeweils zum 20. April jeden Jahres die Gewinnanteile in bar auszuzahlen. Mein Privatvermögen bleibt von dieser Regelung ausgeschlossen … es gehört ganz meiner Tochter Gisela. Von den Anteilen meines Bruders Ewald sind seine heimlichen Kassa-Entnahmen abzuziehen bis zum völligen Ausgleich seines Kontos. Zur Zeit, da ich dieses Testament fixiere, sind es 137.000 Mark, die er veruntreut hat …«
    »Ewald!« Anna Fellgrub fuhr herum. »Ist das wahr?«
    Ewald Peltzner saß zusammengesunken auf seinem Stuhl. Kalter Schweiß perlte auf seiner breiten Stirn. Nur in seinen Augen stand ein blanker Haß, der selbst Anna erschreckte.
    »Ist das wahr?« wiederholte Monique. »Hundertsiebenunddreißigtausend?« Sie hatte sich unwillkürlich aufgerichtet.
    Ewald Peltzner sprang auf. Sein dicker Körper bebte. »Ich mache dieses Affentheater nicht mehr mit!« schrie er. »Schicken sie mir die Abschrift dieses Hinternwisches zu, Herr Richter … das genügt mir!«
    Er stieß seinen Stuhl zur Seite und stampfte aus dem Raum.
    Der Richter ließ das Testament sinken. »Soll ich weiterlesen … oder wünschen Sie alle eine Abschrift …?«
    »Ich verzichte ebenfalls darauf, das bis zum Schluß anzuhören!« Anna Fellgrub erhob sich. »Dieses Testament ist kein Testament, es ist eine einzige Rache.«
    »Ich kann das nicht beurteilen, gnädige Frau.« Der Richter wartete, bis Anna Fellgrub, ihr Sohn Heinrich und ihre Nichte Monique das Zimmer verlassen hatten.
    Gisela saß regungslos wie zuvor, den Kopf gesenkt, nun allein im Halbkreis der leeren Stühle. Sie weinte still vor sich hin.
    »Ich lese Ihnen den Rest vor«, sagte der Richter.
    Gisela nickte. »Ja … bitte … Es sind doch die letzten Worte meines Vaters …«
    Sie hörte Zahlen und Aufstellungen, Namen und Adressen, und sie hörte doch nur den auf- und niedergehenden Klang einer Stimme, ohne die Worte zu begreifen. Sie begriff, daß Bruno Peltzner ihr mit allem, was er ihr zugedacht

Weitere Kostenlose Bücher