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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Es sei denn …« Er machte eine Pause und überlegte.
    »Was?« fragte Budde drängend.
    »Du verkaufst ihn. Die Karre ist doch alt wie Methusalem. Und Liebhaber zahlen für so ein Stück Autogeschichte wie deinen Max mitunter ganz schöne Preise!«
    Am Nachmittag war Max verkauft. Für siebentausend Mark. Ein steinreicher Autonarr hatte sich sofort in Max vergafft, zahlte in bar und nahm ihn gleich mit. Es war ein trauriger Abschied. Knatternd ratterte er über die Straße, mit zitterndem, Wolken ausstoßendem Auspuff, und Dr. Budde stand am Bordstein und winkte ihm nach, bis er langsam, schnaufend und knirschend um die nächste Ecke bog. Lieber, alter Max …
    Eine Woche später verließen Dr. Gerd Hartung und Dr. Klaus Budde die Stadt. Der eine fuhr an die französische Riviera, der andere in das nebelige, feuchte London.
    Ewald Peltzner, der Dr. Budde ab und zu beobachten ließ, wußte es zwei Tage später. Er ist verreist, dachte er zufrieden. Er hat den Kampf aufgegeben. Vielleicht stellt er sich bei einer neuen Firma vor. Daß Buddes Ziel London war, blieb ihm verborgen.
    Peltzner atmete auf. Er suchte seine Schwester Anna Fellgrub auf, teilte ihr die neue Lage mit und fand, daß die neue Villa geschmackvoll eingerichtet war. Was ihm weit weniger gefiel, war ein Butler, der ihm die Tür öffnete. Ein hochgewachsener, schöner, starker junger Mann, dem der graue Butlercut wie ein Frack auf dem Körper saß.
    »Was soll das, Anna?« fragte Ewald Peltzner unwirsch, als er mit seiner Schwester allein war. »Du bist jetzt 52. Man sollte annehmen, daß du ruhiger geworden bist. Was soll der junge Bursche da in seiner dummen Butleruniform? Er könnte dein Sohn sein …«
    Anna Fellgrub wagte nicht, Peltzner anzusehen. Sie errötete sogar. Aber dann wurde ihr Gesicht wieder blaß und starr, ein Zeichen, daß sie die Erregung bezwungen hatte. Sie sah ihren Bruder auch wieder an.
    »Frage ich dich nach solchen Privatangelegenheiten?« sagte Anna Fellgrub leise.
    »Wenn ein Mann im gesetzten Alter und ein junges Mädchen … also daran nimmt doch heutzutage niemand mehr Anstoß! Aber eine Frau in deinem Alter und ein Bursche von Mitte Zwanzig … das ist, schlicht gesagt, geschmacklos …«
    »Ewald!« rief Anna Fellgrub warnend. Wieder überflammte tiefe Röte ihr Gesicht, diesmal aber hektisch und drohend. Die kleinen Augen flimmerten. »Ich kann mir einen Butler nehmen, so alt, wie ich will! Er ist ein reizender Junge …«
    »Das sieht man! Aber was würde etwa Heinrich dazu sagen?«
    »Was geht das Heinrich an! Muß ich vielleicht meinen Sohn um Erlaubnis fragen? Das geht doch wohl zu weit!«
    »Der Knabe soll bleiben, wenn ich dich richtig verstehe.«
    »René wird weiter Dienst als Butler tun!«
    »Ach, René heißt der Gigolo!« höhnte Peltzner. »Du wirst ihm eine schöne Stange Geld zahlen müssen, wenn du ihn mal wieder loswerden willst. Das ist dir doch wohl klar! Skandale können wir uns nicht leisten …«
    Anna Fellgrub hob den Kopf. Sie sah aus, als wolle sie wie ein Geier nach vorn schnellen und auf Ewald Peltzner einhacken.
    »Wie man so etwas macht, weißt du ja am besten. Vielleicht werde ich dich gelegentlich um Rat bitten …«, sagte sie hart.
    Sehr nachdenklich verließ Ewald Peltzner wenig später die herrliche Villa seiner Schwester. Den Butler René, der ihn zum Wagen begleitete und die Tür aufriß, packte er bei den Goldknöpfen seiner Jacke.
    »Wie teuer sind Sie, René?« fragte er. Der Butler zuckte nicht einmal zusammen. Er schien die Frage erwartet zu haben.
    »Ich habe bisher nicht darüber nachgedacht, mein Herr«, antwortete er. Er hatte eine sonore, fast singende Stimme.
    Anna Fellgrub stand an der Tür und beobachtete die beiden scharf. Sie sah, wie René den Wagen schloß und sich leicht verbeugte, als Peltzner anfuhr.
    »Was wollte er von dir, Liebling?« fragte sie flüsternd, als René zurück ins Haus kam.
    »Nichts von Bedeutung.« René lächelte. »Er hat nur gefragt, woher ich käme …«
    »Und du hast es ihm gesagt?«
    »Nein … obwohl es nicht meine Art ist zu lügen …«
    »Du bist ein so lieber Junge!« Anna Fellgrub hob sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn. René ließ es geschehen. Er umfaßte sogar Annas Schulter und zog sie an sich.
    Sie wußte, daß sie jeden Kuß bezahlen mußte. Aber es war ihr gleichgültig. Wofür hatte sie um Giselas Millionen gekämpft …
    »Herr Generaldirektor Peltzner möchte Sie sprechen, Herr Professor.«
    »Herr Peltzner?«

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