Entrissen
wieder den beiden Männern zu.
»Ryan Brotherton?«, half Phil ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.
»Und ich will wissen, weshalb Sie ihn sprechen wollen.«
»Hören Sie«, sagte Phil, der versuchte, seinen Ärger im Zaum zu halten. »Er ist nicht in Schwierigkeiten, falls Sie das meinen. Er hat nichts angestellt. Wir müssen uns lediglich kurz mit ihm unterhalten.«
Er blickte sie unverwandt an. Sie zögerte und schaute schließlich weg. »Ich hol ihn.«
Sie verließ das Büro und überquerte den Hof. Clayton sah ihr nach.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Phil.
Clayton schüttelte den Kopf, als sei er gerade aus einer Trance erwacht. Sein Gesichtsausdruck war undurchschaubar. »Klar, äh ... nicht gerade der stinknormale Schrotthändler von nebenan, was?«, meinte er.
»Wir sind in Essex, vergessen Sie das nicht«, sagte Phil. Er wollte nicht hinsehen, konnte aber nicht verhindern, dass seine Augen den hin und her schwingenden Hüften der Sekretärin folgten wie die eines Wimbledon-Zuschauers dem Tennisball. »Ich frag mich, warum sie hier arbeitet. Unter lauter Männern?«
»Möglicherweise gerade deswegen«, entgegnete Clayton, der nicht länger versuchte, seine lüsternen Blicke im Zaum zu halten. »Vielleicht sollte ich über einen Berufswechsel nachdenken ...«
»Konzentration, mein Lieber. Denken Sie ausnahmsweise mit dem Hirn. Schauen Sie sich um. Sehen Sie irgendwas, das uns vielleicht Anhaltspunkte liefern könnte?«
Clayton ließ seinen Blick durchs Büro schweifen und musterte alles genau. Dann schüttelte er den Kopf.
»Ich auch nicht.« Phil richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen draußen.
Dort trat die vollbusige Sekretärin zum Kran mit dem Greifer und gab dem Mann im Führerhäuschen durch Gesten irgendetwas zu verstehen. Daraufhin fuhr der Schwenkarm über einen Container, wo er mit hin und her baumelndem Greifer stehenblieb, während der Mann die Bremse anlegte und die Tür des Führerhäuschens öffnete. Als er herauskletterte, konnte Phil ihn gut sehen. Er war groß, nicht unattraktiv, mit regelmäßigen Gesichtszügen. Sein Haar war kurzgeschoren, sein Oberkörper muskelbepackt. Er lauschte den Worten der Frau, und sein Blick folgte ihrem ausgestreckten Arm zum Büro. Er wirkte nicht gerade begeistert.
»Sehen Sie sich den Bizeps an«, meinte Clayton beeindruckt. »Wenn der Ihnen eine verpasst, dann gute Nacht.«
Ryan Brotherton kletterte aus dem Führerhaus des Krans und ging über den Hof in Richtung Büro. Er war nicht in bester Stimmung, so viel war klar. Als er das Büro erreichte, öffnete er die Tür und trat ein. Der Raum war auch ohne ihn schon klein genug. Nun schien seine massige Gestalt sämtliche Luft aus ihm zu verdrängen.
»Ja?«, sagte er.
Erneut zeigte Phil seinen Dienstausweis vor. »DI Brennan und DS Thompson.« »Und?«
»Könnten wir uns kurz mit Ihnen unterhalten?«
Brotherton zuckte mit den Achseln.
Phil bemerkte, dass die Sekretärin im Begriff war, hinter ihrem Chef das Büro zu betreten. »Allein.«
Auch Brotherton bemerkte die Frau, machte aber keine Anstalten, sie aufzuhalten. »Das ist Sophie. Sie kann ruhig hören, was Sie mir zu sagen haben.« Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die bei jemand anderem ein Lächeln hätte sein können. »Außerdem hab ich die Erfahrung gemacht, dass es nicht schaden kann, einen Zeugen zu haben, wenn die Bullen mit einem reden wollen.«
Phil ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Sollte er Brotherton versichern, dass er nicht in Schwierigkeiten war, und erneut auf einer privaten Unterredung bestehen? Oder sollte er diesem unangenehmen Kerl einfach sagen, was er zu sagen hatte, wie schmerzhaft es auch immer sein mochte, und danach so schnell wie möglich wieder verschwinden? Er entschied sich für Letzteres.
»Ich fürchte, wir haben eine schlimme Nachricht für Sie, Mr Brotherton.«
Brotherton wartete schweigend ab.
Phil und Clayton sahen sich an. Phil fuhr fort. »Es geht um Ihre Freundin.«
Brotherton runzelte die Stirn. Sophie tat es ihm gleich.
»Meine Freundin?«
»Claire Fielding. Ihre Freundin.«
»Sie meinen Exfreundin«, sagte Sophie rasch, bevor Brotherton etwas erwidern konnte.
Phil blickte von Brotherton zu Sophie und wieder zurück. Er konnte sich denken, was zwischen den beiden lief. »Ex-freundin. Tut mir leid.«
»Was ist mit ihr? Was hat sie jetzt schon wieder angestellt?« Brotherton machte einen Schritt auf Phil zu, die Hände instinktiv zu
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