Entrissen
Fäusten geballt. »Was hat sie über mich gesagt, he? Welche Lügenmärchen hat sie sich jetzt wieder einfallen lassen?«
Phils Miene blieb emotionslos, seine Stimme neutral. »Was für Lügenmärchen hat sie sich denn früher einfallen lassen, Mr Brotherton?«
Brotherton gab ein schroffes Bellen von sich, das entfernt an ein Lachen erinnerte. »Tun Sie doch nicht so, als ob Sie das nicht wüssten! Sonst wären Sie wohl kaum hier.«
»Es hat nicht zufällig etwas mit Ihrer Verurteilung wegen Körperverletzung zu tun?«, erkundigte sich Clayton.
»Das wissen Sie ganz genau, verdammt noch mal! Nur weil ich vor fünf Jahren mal gesessen hab, glaubt ihr, ihr könnt das bei jeder Gelegenheit wieder aus der Kiste kramen. Jedes Mal, wenn irgendeine Schlampe irgendwelche Vorwürfe erhebt, steht ihr sofort bei mir auf der Matte. Langsam hab ich die Schnauze voll davon. Noch einmal, und ich hetze euch einen Anwalt auf den Leib.«
»Das wird nicht nötig sein, Mr Brotherton«, erwiderte Phil. »Es wird keine Anschuldigungen mehr gegen Sie geben. Zumindest nicht von Claire Fielding.«
Ein Schnauben. »Und warum nicht? Gibt's endlich eine einstweilige Verfügung gegen sie? Damit sie aufhört, mich zu belästigen?«
»Nein, Mr Brotherton«, sagte Phil. »Sie ist tot.«
Phil wartete und musterte dabei aufmerksam Brothertons und Sophies Mienen, damit ihm keine verräterische Regung entging.
Die beiden sahen sich an. Sophie sah so aus, als wolle sie etwas sagen, aber ein Blick Brothertons hielt sie davon ab. »Was ist passiert?«, fragte er mit gepresster Stimme.
»Sie wurde ermordet. In ihrer Wohnung, gestern Abend.«
Brothertons Mund öffnete sich ein wenig, seine Augen wurden stumpf. Phil hatte das Gefühl, dass diese Reaktion wohl einem echten Gefühlsausbruch gleichkam. Die übliche emotionale Bandbreite des Mannes reichte vermutlich bloß von Wut bis Zorn.
»Was ... was ...« Dann fiel ihm etwas ein. »Sie war doch schwanger.«
»In der Tat, Mr Brotherton«, sagte Clayton. »Mit Ihrem Baby?«
»Hat sie behauptet«, entgegnete Brotherton, und der verächtliche Tonfall deutete an, dass seine Trauerphase - wenn man es denn so nennen konnte - nun offiziell vorüber war.
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte Phil.
»Genau das. Ist doch der älteste Trick der Welt. Eine Frau will einen Mann an sich binden, also was macht sie? Sie sagt ihm, dass sie schwanger ist.« Er machte eine ausladende Armbewegung und sah sich in seinem Büro um. »Ich meine, schauen Sie sich das hier an. Ich bin kein Millionär, aber das alles hier gehört mir. Ich bin der Besitzer.«
»Das hier ist Ihre Firma?«, fragte Phil.
Brotherton nickte. »Und sie läuft nicht schlecht. Wenn Frauen so was sehen, denken sie gleich: Oh, davon möchte ich auch ein Stückchen abhaben. Besser, als selbst arbeiten zu gehen. Und was ist der einfachste Weg, an die Kohle eines Mannes ranzukommen?« Er hob die Schultern und grinste selbstzufrieden, als hätte er gerade vor dem Debattierclub der Oxford University einen besonders kniffligen Sachverhalt dargelegt. »Eben.«
»Nun, jetzt ist sie tot, Mr Brotherton, Ihr Imperium ist also sicher.«
Brotherton nickte, ohne den Sarkasmus in Phils Stimme mitzubekommen.
»Wer ist denn F?«, mischte sich Clayton nun unvermittelt ins Gespräch.
»Wovon reden Sie?«, fragte Brotherton, ganz offensichtlich von der Frage irritiert.
»Das F. Das Schild da draußen. Da steht
B & F Altmetalle.«
Brotherton zuckte mit den Schultern. »Hab ihn ausbezahlt. Den Namen hab ich behalten, damit die Leute wissen, mit wem sie es zu tun haben.«
»Und das ist wichtig, nicht wahr?«, stellte Phil fest. »Dass man immer weiß, mit wem man es zu tun hat.«
Brotherton starrte ihn einfach nur an.
»Warum haben Sie draußen den Kran bedient, wenn Sie der Firmenchef sind?«, fragte Phil mit gerunzelter Stirn. »Könnten Sie nicht jemanden einstellen, der das für Sie erledigt?«
Brotherton warf sich in die Brust. »Damit ich nicht aus der Übung komme. So bleibt man fit.«
»Und man weiß nie, wann einem das mal gelegen kommt, stimmt's?«
Brotherton wandte sich Phil zu. Seine Oberarmmuskeln zuckten. Clayton sah zwischen den beiden hin und her.
»Sie waren also nicht mehr mit ihr zusammen?«, fragte er. »Mit Claire Fielding?«
Ein weiteres Schnauben. »Warum sollte ich?« Er sah sich um und grinste triumphierend. »Jetzt hab ich schließlich Sophie.«
Sophie erwiderte sein Lächeln mit all der Wärme und Lebendigkeit, zu der ihr
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