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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Zeitlang war er noch ziellos durch die Straßen gelaufen und hatte überlegt, was er als Nächstes tun sollte. In jedem Fall musste er sehr vorsichtig sein. Sich nach allen Seiten hin absichern.
    Er bog von der Hauptstraße in den Church Walk ab, der von verrammelten Ladenfassaden beherrscht wurde, und steuerte auf die Kirche und den angrenzenden Friedhof zu. Den jugendlichen Gruftis und Alkohol trinkenden Schülern, die sich am verrosteten Friedhofstor versammelt hatten, schenkte er keine Beachtung. Vor dem Hintergrund des rasch dunkler werdenden Himmels wirkten die Grabsteine und Bäume einsam und düster. Wie die Kulisse für einen alten Vampirfilm, schoss es ihm durch den Kopf.
    Er hörte das Freizeichen, dann nahm jemand ab.
    »Ich bin's«, sagte er nur.
    Am anderen Ende entstand eine Pause. Er wartete.
    »Ich wusste, dass du anrufen würdest«, meinte schließlich eine Stimme.
    »Danke, dass du mich nicht verpfiffen hast.«
    »Gern geschehen«, sagte die Stimme in einem Tonfall, den Clayton nicht recht deuten konnte.
    »Ich brauch deine Hilfe.«
    Ein trockenes Lachen. »Was sonst?«
    Clayton ärgerte sich. Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, beherrschte sich dann aber. Das würde auch nichts nützen.
    »Ich meine es ernst.«
    »Und warum?«
    »Es gibt einiges zu besprechen. Wir müssen sicherstellen, dass dir nichts passieren kann.«
    Ein erneutes Lachen. »Wir müssen sicherstellen, dass
dir
nichts passieren kann, wolltest du wohl sagen.«
    Clayton spürte, wie seine Verärgerung in Zorn umschlug. Er zwang sich, ihn hinunterzuschlucken. »Spiel jetzt bloß -«
    »Keine Spielchen?«, fragte die Stimme. »Früher hast du immer gerne Spielchen gespielt, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Das hier ist wichtig. Wir müssen reden. Heute Abend noch.«
    Ein Seufzen. »Wann und wo?«
    »Du kannst Ort und Zeit bestimmen.«
    »Neun Uhr. Im Lamb and Flag, Procter Road, New Town. Kennst du den Laden?«
    Er kannte ihn.
    »Du musst mich aber hinterher nach Hause bringen.« »In Ordnung.«
    Er legte auf und sah sich um. Inzwischen war es auf dem Friedhof stockfinster. Wer wusste, welche Schrecken zwischen den Gräbern lauerten? Er drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zum Revier.
    Er hatte keinen Bedarf an fremden Gespenstern.
    Er besaß genügend eigene.
     

17
     
    Anni Hepburn sprach immer noch mit Geraint Cooper.
    »Ryan Brotherton hat Claire getötet. Ist es das, was Sie sagen wollen?«
    Cooper nickte. »Claire hat ihm wohl nicht gereicht. Da musste er auch noch Julie töten.«
    »Warum sagen Sie das, Mr Cooper?«
    »Ach, kommen Sie. Er muss es gewesen sein. Dieser Mistkerl.«
    »Haben Sie Beweise dafür, Mr Cooper?« Er sah sie an, und sein Zorn legte sich ein wenig. »Na ja, nicht wirklich. Aber er muss es gewesen sein.« »Warum das?«
    »Weil er einfach so drauf war.«
    »Wie war er drauf?«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt!«
    »Sie haben gesagt, dass er das Baby nicht wollte und Claire aufgefordert hat, es abtreiben zu lassen. Sie wollte nicht und hat ihn sitzenlassen. Klingt nicht gerade wie ein Mordmotiv.«
    »Er war ein Schwein. Ein ganz übler Kerl. Die Sorte Mann, wegen dem die Kinder so früh wie möglich von zu Hause ausziehen und den sie ihr Leben lang hassen.«
    »War er gewalttätig?«
    Cooper schnaubte. »Ist das eine rhetorische Frage?«
    »Auch gegenüber Claire?«
    Geraint Cooper nickte. Seine Stimme wurde leiser. »Sie hat sich immer wieder denselben Typ Mann gesucht. Große Kerle, echte Machos. Ich habe ihr gesagt, sie soll die Finger von diesen Typen lassen, mit denen hat sie bloß Ärger, aber sie hört einfach nicht auf mich.« Er hielt kurz inne und berichtigte sich: »Hat nicht auf mich gehört...« Er seufzte erneut und kämpfte mit den Tränen, dann gab er sich einen Ruck. Offenbar half ihm seine Wut dabei, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Wie auch immer. Er war's.«
    »Erzählen Sie mir mehr über ihn, Mr Cooper.«
    Er beugte sich vor. Anni zweifelte nicht an der Aufrichtigkeit, die aus seinen Augen sprach. »Er hat sich ihr gegenüber richtig mies verhalten. Anfangs war er ganz nett, aber das sind sie ja alle. Dann, als die Beziehung ein paar Monate alt war, war er plötzlich wie ausgewechselt. Immer ging es bloß um Kleinigkeiten. Sie kam zu spät nach Hause. Zack! Sie hat jemanden in der Kneipe falsch angeguckt. Zack! Ihm schmeckte das Abendessen nicht, das sie gekocht hatte. Zack!«
    »Aber sie hat ihn nicht verlassen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie war

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