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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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als Sie gegangen sind? Irgendjemand, der sich draußen vor der Tür oder im Treppenhaus aufgehalten hat?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Stirn war in tiefe Falten gelegt, als könne sie, wenn sie sich nur genug konzentrierte, die Erinnerung oder sogar die Person, nach der Anni fragte, vor ihnen erscheinen lassen.
    »Wer war sonst noch da, außer Ihnen?«
    »Claire, Julie, Geraint... sonst niemand.«
    »Keiner von außerhalb der Schule?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nicht Claires Freund? Ryan Brotherton?«
    Chrissie Burrows setzte sich auf. Plötzlich blitzte in ihren Augen etwas anderes als Tränen auf. »Nein. Der ganz bestimmt nicht. Claire wollte ihn nie wiedersehen.«
    Annis Miene blieb vollkommen neutral. »Und warum nicht?«
    »Er war ein ... ach.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht sagen. Aber er war nicht gut für Claire. Überhaupt nicht. Ihm den Laufpass zu geben war die beste Entscheidung, die sie je getroffen hat.«
    »Was war mit Julie? Gab es in ihrem Leben jemanden, der ihr vielleicht etwas hätte antun wollen?«
    Chrissie Burrows sah auf. »Julie? Nein. Niemanden. Niemand wollte ihr schaden. Sie war, sie war ...« Die Tränen begannen erneut zu fließen.
    Allmählich begann sich für Anni ein Muster abzuzeichnen.
    Sie betrachtete die schluchzende Frau aufmerksam. Höchstwahrscheinlich hatte sie nicht viel mehr mitzuteilen. Sie war bloß eine ganz gewöhnliche junge Frau, die nicht glauben konnte, dass der Tod in ihr Leben getreten war und ihr auf die denkbar brutalste Weise gleich zwei Freundinnen entrissen hatte.
    Anni erhob sich und reichte ihr eine Visitenkarte. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an.«
    Chrissie Burrows nahm die Karte, ohne aufzublicken.
    Ein uniformierter Beamter kam, um die Aussage der in Tränen aufgelösten Lehrerin zu Protokoll zu nehmen, und Anni zog weiter, um sich mit Geraint Cooper zu unterhalten. Sie war heilfroh, dem stickigen Klassenzimmer zu entrinnen.
    Die Polizei hatte das Zimmer der Schulschwester für die übrigen Vernehmungen mit Beschlag belegt, und Cooper wartete bereits auf sie. Dort war es wenigstens ein wenig kühler als in dem Klassenzimmer. Geraint Cooper war ein adrett gekleideter Schwarzer, den Anni auf Mitte bis Ende zwanzig schätzte. Er saß mit im Schoß gefalteten Händen da. Normalerweise ließ sich Anni nicht von voreiligen Schlüssen oder gar Vorurteilen leiten, aber seiner Körperhaltung und seinem Benehmen nach zu urteilen, wäre sie jede Wette eingegangen, dass Geraint Cooper schwul war.
    Sie setzte sich ihm gegenüber und stellte sich vor.
    »Mr Cooper, ich bin Detective Constable Hepburn.«
    Sie schüttelten sich die Hand. An seinem schlaffen Händedruck merkte sie, dass er leicht zitterte.
    »Ich werde versuchen, das Ganze so schmerzlos wie möglich zu halten«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln. »Sie waren gestern Abend zusammen mit Julie Simpson und Chrissie Burrows bei Claire Fielding.« Keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Er nickte.
    »Wann sind Sie gegangen?« »So gegen zehn. Ungefähr.« »Und wo wohnen Sie?«
    »Im Dutch Quarter. Direkt um die Ecke von Claire.« Seine Stimme brach, als er ihren Namen sagte. »Wie sind Sie nach Hause gekommen?« »Zu Fuß.«
    »Und was würden Sie sagen, wie war die Stimmung, als Sie aufgebrochen sind?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Fröhlich. Wir haben viel gelacht.« Er sah ihr geradewegs ins Gesicht. »Claire war sehr ausgelassen. Wir alle.«
    »Es gab keine Streitereien oder Ähnliches?«
    Er machte ein Gesicht, als habe sie ihn mit der Frage persönlich beleidigt. »Nein. Wir haben uns gut amüsiert.«
    »Und es war eine Babyparty?«
    Er nickte. »Wir haben unsere Geschenke überreicht, eine Flasche Wein aufgemacht, viel gelacht. Gott weiß, dass sie das bitter nötig hatte.«
    »Claire? Was meinen Sie damit?«
    Er lehnte sich zurück. Mit einem Mal wurde seine Körpersprache abwehrend, und er verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, wegen
ihm.«
    »Sie meinen Ryan Brotherton?«
    Er nickte.
    »Was hat er denn getan?«
    »Ach, ich bin sicher, Sie wissen inzwischen über alles Bescheid.«
    »Ich würde es gerne von Ihnen hören.«
    »Er wollte das Baby nicht. Wollte, dass sie es wegmachen lässt. Sie hat sich geweigert. Dann hat sie ihn verlassen.«
    Anni wartete ab, doch es kam nichts mehr. »Das ist alles?«
    Er nickte, die Arme noch immer fest vor der Brust verschränkt.
    Sie entschied sich, das Thema vorerst zu wechseln. »Als Sie gegangen sind, so

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