Entscheidung auf Mallorca
ich festgesessen.«
Harald stopfte seine Pfeife. »Und nun willst du eine Dissertation über die Kümmelei des zwanzigsten Jahrhunderts im allgemeinen und unter besonderer Berücksichtigung des verdienstvollen Wirkens spanischer Portiers schreiben?«
»Was soll das?« fragte Wulf unwillig.
Harald grinste.
Peggy sah ihn wütend an. »Wenn du nur zynische Bemerkungen machen kannst! Ich finde es großartig, wie Wulf sich durchgeschlagen hat. Einfach fabelhaft! Du wärst natürlich nicht auf die Zigeunerin reingefallen. Kunststück! Weil du nie auf die Idee gekommen wärst, mir einen Brillantring zu kaufen.«
Harald nickte. »Stimmt!«
»Na, bitte!« Sie wandte sich an Wulf. »Und wenn ihm das mit dem Rückflugschein passiert wäre, hätte er sich ins Meer geschmissen und wäre nach Frankreich oder Italien geschwommen.«
»Aber, Peggy«, sagte Harald vorwurfsvoll. »Du weißt doch, daß ich es nicht leiden kann, wenn du über meine athletischen Leistungen sprichst.«
»Darf ich jetzt einmal etwas sagen?« mischte sich Miriam ein.
»Bitte.«
»Um es kurz zu machen: Alles, was ich hörte, stimmt mich traurig. Wulfs Erzählung, Haralds Bemerkung und Peggys Lobgesang.«
Die Freundin rang die Hände. »Ich flehe dich an, werd nicht theatralisch. Ich hab’ kein Taschentuch bei mir.«
Wulf warf ihr einen dankbaren Blick zu. »Und ich möchte wissen, was an meiner Erzählung traurig stimmen kann? Ich erwartete eigentlich das Gegenteil, bildete mir ein, meine Geschichte würde euch begeistern und …«
»Da haben wir’s«, unterbrach ihn Miriam. »Der Knüppel liegt beim Hund. Du kannst doch nicht erwarten, daß wir es großartig finden, wenn sich ein Student von einer Zigeunerin reinlegen läßt.«
Wulf wollte sich auflehnen, brachte aber kein Wort hervor.
»Ich will dir in dieser Hinsicht sogar einiges zugestehen«, fuhr Miriam fort, »obgleich es mir unbegreiflich ist, daß ein erwachsener Mensch glauben kann, für hundertfünfzig Mark einen Brillantring zu bekommen. Noch dazu von einer Zigeunerin!«
Er versuchte, sich zu verteidigen. »Zugegeben, ich muß an jenem Tag blöd gewesen sein. Das Klima, die fremde Umgebung und die großartige Stimmung, in die ich geraten war, scheinen mich verrückt gemacht zu haben. Ausschlaggebend aber war das überzeugende Theater, das mir diese verdammte Zigeunerin vorgespielt hat. Ich mußte annehmen, der Ring wäre geklaut und somit echt.«
»Die Rolle eines Hehlers wolltest du übernehmen? Setz dich nicht noch mehr ins Unrecht.«
»Wie wäre es mit etwas weniger tierischem Ernst?« sagte Harald. »Unabhängig davon möchte ich klarstellen, daß ich meine als zynisch deklarierte Bemerkung nicht im Hinblick auf den Kauf des Brillantringes machte.«
»Brauchst gar keinen Rückzieher zu machen«, erboste sich Wulf. »Du siehst ja, was deine Quatscherei angerichtet hat. Miriam ist nun einmal päpstlicher als der Papst. Dabei weiß sie genau, daß ich gehofft habe, ihr mit dem Nutzen aus dem erwarteten Geschäft helfen zu können.« Er wandte sich an sie. »Mein Wort! Im entscheidenden Augenblick hab’ ich nur an die fünfzehnhundert Mark gedacht, die du für die Ausstellung deiner Bilder benötigst.«
Sie strich über seine Hand. »Erwartest du, daß ich dir dafür danke?«
»Ja, und nochmals ja!« rief Peggy. »Hätte ihn das Weibsbild nicht aufs Kreuz gelegt und könnte er dir das Geld für die Ausstellung heute in die Hand drücken, dann würdest du ihm um den Hals fallen.«
»Meinst du?«
»Das meine ich nicht nur, das weiß ich.«
Wulf lachte abfällig. »Wo sitz’ ich eigentlich? Im ›Hahnhof‹ oder auf der Anklagebank?«
Miriam sah ungewöhnlich blaß aus. »Beenden wir die Geschichte. Dein Geschäft mit der Zigeunerin wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, weil du nicht irgendwer und nicht dumm bist. Für den Verkauf des Fotoapparates habe ich Verständnis. Du lieber Gott, warum nicht. Du saßest fest. Womit ich aber niemals fertig werde, ist die Tatsache, daß du Schmuggelfahrten gemacht hast.«
»Was hätte ich denn tun sollen?«
»Peggys Geld nehmen, deinen Vater aufsuchen und dich einige Monate krummlegen!«
»Da gebe ich dir recht«, erklärte Harald. »Allerdings nur in diesem Punkt. Betrogen wurden schon ganz andere – sogar Völker. Ich persönlich hätte die hundertfünfzig Mark zwar nicht ausgegeben und wäre auch nicht nach Mallorca gefahren, wenn ich aber mehr Geld in der Tasche gehabt hätte, wäre ich in der gleichen Situation wahrscheinlich
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