Entscheidung auf Mallorca
ebenfalls reingefallen.«
Miriam zwang sich zu lachen. »Weil es eine hübsche Zigeunerin war!«
»Möglich. Derartige Dinge spielen oft eine große Rolle.« Er wandte sich an Wulf. »Für vieles habe ich Verständnis, für deine Kümmelei aber nicht. Du weißt, wie solche Dinge enden. Denk an einige unserer Kollegen, die im zwanzigsten Semester sitzen, nie fertig werden und immer mehr herunterkommen. Bei ihnen fing es auch mit Zigaretten an. Päckchenweise! Die Grenzen verwischen sich, und plötzlich ist es zu spät.« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Genug der Moralpredigten. Zumal wir dich im Grunde genommen um deine Erlebnisse beneiden. Ich jedenfalls wäre gerne an deiner Stelle in Spanien gewesen. Prost!«
Wulf war versöhnt und blickte zu Miriam. »Und du?«
Ihre Wangen röteten sich. »Was bleibt mir anderes übrig, als mich den Ausführungen meines Vorredners anzuschließen? Aber das sage ich dir: Ich laß dich nicht noch einmal allein ins Ausland reisen.«
Ohne Zweifel war es Haralds Verdienst, daß sich die gefährlich schäumenden Wogen der Erregung wieder glätteten und der Abend nicht in einer Enttäuschung endete. Aber auch Miriam und Wulf trugen dazu bei. Wäre einer von ihnen nachtragend gewesen, hätten wenige Worte keinen Wandel herbeiführen können.
Eines aber brachte Wulf an diesem Abend nicht fertig: die kleinen Geschenke zu übergeben, die er für Miriam, Peggy und Harald gekauft hatte. Das konnte er erst im Verlauf der nächsten Tage. Und er tat es in jedem Falle einzeln, beinahe verlegen und ohne Freude zu empfinden. Die war ihm genommen. Allerdings nicht, weil Miriam und Harald ihm offen ihre Meinung gesagt hatten. Er fühlte sich beraubt um die Erinnerung, die er heimgetragen hatte. Für ihn war sie groß gewesen. Nun lag sie zertrampelt am Boden, und er konnte es nicht mehr wagen, über Spanien und seine Erlebnisse zu sprechen. Es war, als wäre er überhaupt nicht fort gewesen. Und das wurmte ihn.
Mit der Zeit vernarbte aber auch diese Wunde, und der Alltag nahm seinen gewohnten Gang. Wulf besuchte seine Vorlesungen, freute sich über eine gute Note, die er erhielt, büffelte in den Bibliotheken und ärgerte sich über den Tod eines Professors, da die Vorlesungen seines Nachfolgers erkennen ließen, daß dieser völlig andere Auffassungen hatte.
»Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln«, wetterte er, als er eines Abends mit Peggy im Studenten-Café saß und auf Miriam und Harald wartete. »Für nichts und wieder nichts werde ich zwei Semester länger studieren müssen. Wir haben uns restlos umzustellen. Was gestern als weiß geschildert wurde, sollen wir heute als schwarz ansehen. Ich hab’ die Schnauze voll!«
»Das trifft sich gut«, erwiderte Peggy.
»Drück dich klarer aus.«
»Ich hab’ einen Plan, den ich mit den anderen erst besprechen möchte, wenn ich deine Meinung kenne.«
»Kleines Komplott?«
»Wie man es nimmt. Auf jeden Fall konnte ich aus deiner Rede entnehmen, daß es gut für dich wäre, wenn du in den Herbstferien gründlich ausspannen würdest.«
»Weiß Gott. Wenn’s in die Richtung geht – schieß los!«
Sie zwinkerte ihm zu. »Stiftest du ein Stück Kuchen?«
Er holte tief Luft. »Ich würde nein sagen, wenn du nicht so’ n hübsches Gestell hättest.«
»Das erhöht den Kurswert.« Sie wandte sich an die Bedienung und bestellte ein Stück Buttercremetorte.
Er drohte mit dem Finger. »Mit dir wird es noch ein böses Ende nehmen, Peggy!«
»Mit dir etwa nicht?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich mag leichtsinnig sein – siehe Kauf des sogenannten Brillantringes et cetera, et cetera –, wenn es aber darauf ankommt, machst du mehr Dummheiten als ich.«
Sie zuckte die Achseln.
»Verlaß dich drauf! Aber jetzt erzähl!«
Peggy sah ihn verheißungsvoll an. »Fall nicht vom Stengel. Was würdest du davon halten, wenn wir – ich meine wir vier – unsere Ferien auf Mallorca verbrächten?«
Wulf glaubte nicht richtig zu hören. »Auf Mallorca! Hast du im Toto gewonnen?«
»Das kann ich leider nicht behaupten. Ich hab’ aber mit meinem Chef gesprochen. Er würde uns vier Kameras zur Verfügung stellen. Spitzengeräte! Die teuerste Leica, Exakta, Contax und Rolleiflex. Was glaubst du, was wir damit in Spanien verdienen könnten?«
Wulf starrte Peggy an, als wäre sie ein Geschöpf von einem anderen Stern. »Toll!« sagte er. »Einfach toll! Damit könnten wir den ganzen Urlaub finanzieren.«
»Meinst du wirklich?«
»Bestimmt.
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